Altes Petrinum an der Bochumer Straße wurde für 250 Flüchtlinge umgebaut
Das alte Petrinum an der Bochumer Straße wurde 2019 innerhalb von elf Monaten (anstatt geplanten sechs) für bis zu 250 Menschen, überwiegend Familien aus Syrien und dem Irak, hergerichtet. Sanitäranlagen, Brandschutz, Türen und Heizungsanlage müssen saniert werden. Im Außenbereich sollen Spielmöglichkeiten für Kinder entstehen und die frühere Turnhalle (nicht die der Astrid-Lindgren-Schule) wird zentrale Küche und Speiseraum. Der Mietvertrag geht über fünf Jahre, längstens bis Ende 2024, falls es in der Umbauphase zu Verzögerungen kommt. Grundsätzlich ist eine Verlängerung möglich. Rund 150 Männer, Frauen und Kinder leben derzeit im alten Petrinum an der Bochumer Straße, die auf ihre Bleibe- oder Abschiebe-Entscheidungen warten und in dieser Zeit keine Tätigkeit nachgehen dürfen. Die Sanierung des Gebäudes zog sich weiter in die Länge. Ursprünglich sollten im August Flüchtlinge in der neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes Nordrhein-Westfalen eingezogen sein. Die Bauverzögerungen lag bei der Stadt Dorsten, die Bauherrin ist und mit den zwei Millionen Euro Sanierungskosten in Vorlage trat. Das Geld bekam sie von der Bezirksregierung Münster zurück. Gegenüber der „Dorstener Zeitung“ begründete die Stadtverwaltung die von ihr zu verantwortende Verzögerung mit der „angespannten Lage im Baubereich“, da „in vielen Bereichen die erforderlichen Kapazitäten fehlen“. Das ehemalige Schulgebäude bietet Platz für 250 Flüchtlinge. Familien mit Kindern oder alleinstehende Frauen sollen dort vorübergehend bis zur Zuweisung an Kommunen bzw. bis zur Abschiebung unterkommen.
Zentrale Unterbringungseinrichtungen des Landes reduziert
Das Land NRW hat unterdessen Mitte Oktober 2019 die Schließung von acht zentralen Unterbringungsstandorten (ZUE) des Landes angekündigt: Rüthen (Kreis Soest), Oerlinghausen (Kreis Lippe), Niederkrüchten (Kreis Viersen), Wuppertal IV, Kall (Kreis Euskirchen) sowie die Unterkünfte im „Stand-By-Modus“ in Bottrop, Bochum und Bad Laasphe (Kreis Siegen-Wittgenstein). Die Landesregierung reagiert damit auf die rückläufigen Flüchtlingszahlen. Nach Angaben des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration kamen im Jahr 2019 bislang 19.346 Flüchtlinge nach NRW (Stand: 30. September). 2018 waren es bis Ende September 23.243 und im Jahr 2015 noch 123.715 von Januar bis Ende September. Die Zahl der aktiv betriebenen Plätze in den landeseigenen Zentralen Unterbringungseinrichtungen reduziert sich dadurch von rund 25.000 auf knapp 20.000 Plätze. Künftig wird das Land NRW neben der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Bochum weiter über fünf Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) und 30 ZUE verfügen.
April 2020: 149 Geflüchtete zogen in das ZUE-Gebäude
Nachdem die Umbauarbeiten endgültig abgeschlossen waren, nahm die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) Dorsten Ende April 2020 die ersten 149 Flüchtlinge auf. Das Gebäude befindet sich weiter im Eigentum der Stadt Dorsten und ist vom Land NRW für eine Dauer von fünf Jahren angemietet worden. Das Haus kann insgesamt 250 Menschen beherbergen. Bei den 149 Menschen, die dort einzogen, handelt es sich vor allem um Familien mit Kindern und um einige allein reisende Frauen und Männer. Die Flüchtlinge kommen aus den Herkunftsstaaten Türkei, Iran und dem Irak. Die Verweildauer der Bewohnerinnen und Bewohner in der ZUE wird sich laut Auskunft der Bezirksregierung Münster individuell nach dem Ausgang des Asylverfahrens richten. Im Einzelfall kann diese, gemäß den Vorgaben des Landes NRW, bis zu zwei Jahre betragen. Als Betreuungsverband wird sich der Arbeiter Samariter-Bund Regionalverband Vest Recklinghausen um die Menschen in der Einrichtung kümmern. Zum Umgang mit Corona-Verdachtsfällen und infizierten Bewohnerinnen und Bewohnern liegt ein umfassender Maßnahmenplan vor, so die Bezirksregierung: „Verdachtsfälle und infizierte Personen können so zum Beispiel im Ernstfall in der Einrichtung unter Quarantäne gestellt werden, also getrennt von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern untergebracht werden.“
November 2022: Dorsten schafft Platz für Flüchtlinge
Im Alten Petrinum können kurzfristig wieder Asyl-Suchende aus anderen Ländern als der Ukraine aufgenommen werden. Darauf haben sich die Stadt Dorsten sowie die Bezirksregierungen Arnsberg und Münster im November 2022 verständigt. Maximal finden im Hauptgebäude der Zentralen Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) des Landes an der Bochumer Straße 250 Menschen Platz. Während der ersten Nutzungszeit als Flüchtlingsunterkunft konnten dort bis zu 350 Menschen wohnen. Die auf dem angrenzenden Ascheplatz errichtete Zelt-Anlage mit einer maximalen Belegung mit 400 Personen wird auch weiterhin ausschließlich für Flüchtlinge aus der Ukraine vorgehalten. Das Gleiche gilt für die Zeltanlage ZUE II an der Bismarckstraße im Marienviertel: Die maximal 950 Plätze an diesem Standort sind ebenfalls ausschließlich für Geflüchtete aus der Ukraine vorgesehen. Vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Zahl von Asyl-Suchenden sind Kommunen und Land gefordert, weitere Kapazitäten für geflüchtete Menschen zu schaffen.
Flüchtlinge an Marler Straße und Bismarckstraße eingezogen
Vor einer Woche hat die Bezirksregierung Münster rund 1000 Notunterkunft-Plätze in Dorsten aktiviert. Standorte sind die Leichtbauhallen an der Marler Straße sowie auf dem Gelände der früheren Realschule an der Bismarckstraße. Mehrere hundert Flüchtlinge sind dort nun bereits untergebracht. Von den 400 Notunterkunft-Plätzen auf dem Tennensportplatz an der Marler Straße waren zum Ende der vergangenen Woche bereits 266, von den 540 Plätzen an der Bismarckstraße 105 belegt. Die 1000 Plätze in den Notunterkünften in Dorsten hat die Bezirksregierung aktiviert, weil deutlich mehr Menschen aktuell aus der Ukraine nach Deutschland kommen. Die Aktivierung erfolgte in Absprache mit dem Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI).
Sturmwarnung 2024: 800 Menschen verließen Unterkunft Bismarckstraße
Allein die Warnung vor einem spät abends zu erwartenden orkanhaften Sturm sorgten am Donnerstag, den 22. Februar 2024 , für einen Großeinsatz in Dorsten. Rund 800 Menschen mussten die Flüchtlingsunterkunft an der Bismarckstraße verlassen. Bezirksregierung und Kreis Recklinghausen hatten am Donnerstagabend entschieden, dass die Zentrale Unterbringungseinheit an der Bismarckstraße evakuiert werden solle. Vorausgesagt waren Sturmböen bis zu Windstärke 11. Die Zelte der Leichtbauhallen an der Marienstraße sind Flüchtlingsunterkunft sind in der Regel für Windstärke 8 ausgelegt. Der Krisenstab, offiziell „Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt Dorsten“ (SAE), kam abends in der Hauptfeuer- und Rettungswache zusammen, um den Einsatz in enger Absprache mit Bezirksregierung, Kreis sowie der Feuerwehr und der Polizei zu koordinieren. Die knapp 800 Bewohner/innen, die in den Leichtbauhallen im Marienviertel untergebracht sind, wurden zeitweise an zwei nahe gelegenen Standorten untergebracht: in der Neuen Schule und in der von-Ketteler-Schule. „Ursprünglich war auch noch ein Kirchengebäude eingeplant“, so Stockhoff. Aber die Marienkirche wurde als weitere temporäre Unterkunft nicht benötigt.
Betreut wurden die vielen Menschen an der Neuen Schule und der von-Ketteler-Schule von Mitarbeiter/innen der Stadt Dorsten als auch von Kräften freiwilliger Löschzüge der Feuerwehr Dorsten sowie des Malteser-Hilfsdienstes und des Deutschen Roten Kreuzes. Die Feuerwehr hatte in den Räumlichkeiten zuvor Sitzmöglichkeiten geschaffen, aber keine Betten aufgebaut, da die Sturmwarnung nur bis 2 Uhr galt. Im Einsatz waren die hauptamtliche Wache sowie die Löschzüge Hervest I, Holsterhausen und Lembeck. Ab 2 Uhr, als der nicht wie vorher angekündigte orkanhafte Sturm abflaute, konnten die Bewohner/innen mit Bussen nach und nach zurück in ihre vorige Unterkunft (ZUE) gebracht werden. Zuvor hatten städtische Mitarbeiter die Zelte auf mögliche sichtbare Schäden untersucht. Um 3.45 Uhr war der Einsatz beendet.
Neue ZUE geplant: Landesregierung reagiert auf Anwohner-Sorgen
Lautstark haben Anwohner gegen die vom Rat beschlossene ZUE in Dorsten protestiert und Sorgen geäußert. Auf einige davon ging nun die Landesregierung ein. Anwohnerinnen und Anwohner wurden im Mai 2024 darüber informiert, dass am Randes des Gewerbegebietes Dimker Heide in Dorsten eine neue Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Geflüchtete entstehen soll. Laut war daraufhin der Aufschrei im Stadtteil Wulfen-Barkenberg. Bei einer Infoveranstaltung in der Matthäus-Kirche kochten die Emotionen hoch. Groß war die Sorge vor Lärm, Werteverfall von Häusern und einem hohen Unsicherheitsgefühl. Dennoch beschlossen die Politiker im Stadtrat mehrheitlich Mitte Juni, dass die ZUE an dem Standort entstehen soll.
Scherpunkt von regelmäßigen Polizeistreifen
Die nordrhein-westfälische Landesregierung ging derweil im August auf einige Themen ein, die viele Menschen vor Ort beschäftigten. Vorausgegangen war eine Kleine Anfrage der AfD im Landtag. Da sich die Planungen zur ZUE in einem „frühen Anfangsstadium“ befänden, könnten dazu noch keine Angaben gemacht werden, so das Land. Aber: Aufgrund der erst anfänglichen Planungen könnten „berechtigte Hinweise“ und „Belange der Nachbarschaft frühzeitig aufgegriffen werden.“ So verkenne die Landesregierung nicht, dass die Einrichtung einer solchen ZUE „eine Veränderung des persönlichen Lebensumfeldes nach sich ziehen kann“. Allerdings bestehe kein „Anlass zur Annahme, dass ein besonderer Schutz von Anwohnern erforderlich ist“. Dennoch solle die ZUE Wulfen, ebenso wie die übrigen ZUE und Notunterkünfte, Schwerpunkt von regelmäßigen Polizeistreifen werden. Ansprechpartner der Polizei: Zudem habe der polizeiliche Bezirks- und Schwerpunktdienst Dorsten einen Bezirksbeamten für die künftige ZUE Wulfen als festen Ansprechpartner benannt. Dieser stehe den Bewohnerinnen und Bewohnern der ZUE sowie den Anwohnerinnen und Anwohnern gleichermaßen zur Verfügung.
Flüchtlingsheime NRW – mehr Sicherheit
Land will Ausbau landeseigener Sammelunterkünften voranzutreiben
Nordrhein-Westfalen will im kommenden Jahr deutlich mehr Landesunterkünfte für Geflüchtete schaffen. Beim geplanten Ausbau von Flüchtlingsheimen will das Land NRW künftig besonderes Augenmerk auf Sicherheitsaspekte legen, und zwar sowohl in den Einrichtungen selbst als auch in deren Umfeld. Bei der Umsetzung der bestehenden Sicherheitskonzepte kann es möglicherweise Probleme geben, welche in Abstimmung zwischen Einrichtungen und der örtlichen Polizei, dem Einsatz von Sicherheitsdiensten sowie sozialen Angeboten und Vorsorgemaßnahmen behoben werden. Um das zu schaffen, hat die Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) sich einen Berater ins Haus geholt: Jürgen Mathies, kurzzeitig Polizeipräsident in Köln und bis Sommer 2022 Staatssekretär im Innenministerium. Er sieht sich nicht zuletzt der Aufklärung verpflichtet. „Mein Eindruck ist: In allen gesellschaftlichen Bereichen entstehen auch Mythen über Sicherheitsprobleme in der Umgebung von Unterbringungen. Das befeuert Widerstände in den Kommunen, wenn neue Einrichtungen geplant werden“, führte Mathies aus. „Ziel des Landes ist es, den Ausbau von Plätzen in landeseigenen Sammelunterkünften deutlich voranzutreiben.
Bis zum Ende des Jahres 2024 will man auf 41.000 solcher Plätze kommen, derzeit hat man rund 31.000. Per Erlass macht das Flüchtlingsministerium den fünf Bezirksregierungen von NRW klare Vorgaben: Im Regierungsbezirk Düsseldorf sind 11.440 Plätze zu betreiben, im Bezirk Köln 10.130, Arnsberg 8240, Münster 6230 und im bevölkerungsärmsten Bezirk Detmold 4960. Die Städte zeigen sich vorsichtig einverstanden mit den Planungen: Die NRW-Landesregierung mache „einen guten Schritt in die richtige Richtung“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW. „Wichtig ist uns, dass ein Großteil der Plätze in Landeseinrichtungen möglichst schon im Lauf des ersten Halbjahrs 2024 zur Verfügung steht – und nicht erst gegen Jahresende.“ Zuletzt hatte das Land bereits versprochen, 3000 neue Plätze bis zum Frühjahr zu schaffen. Bei der Gewerkschaft der Polizei in NRW erhofft man sich viel von Mathies neuer Beraterrolle „Ein neues Konzept muss unter anderem klären, ob und inwieweit Polizeipräsenz in und rund um Einrichtungen aufgestockt werden müsste“, sagte der Landesvorsitzende Michael Mertens. „Eine Flüchtlingsunterkunft in der Nähe macht etwas mit dem Umfeld. Darüber muss man kommunizieren.“
Siehe auch: Flüchtlinge (Artikel-Übersicht)
Siehe auch: Asyl
Quellen: Robert Wojtasik in DZ vom 18. Okt. 2019.– DZ vom 21. Nov. 2022. – DZ vom 24. Februar 2024. – jp in DZ vom 23. August 2024.