Industrie, Gewerbe, Kultur – eine Bestandsaufnahme Fürst Leopold Ende 2021
Die letzte Fläche aus dem Bestand der RAG Montan Immobilien auf dem Gelände der im Jahr 2001 stillgelegten Zeche Fürst Leopold in Dorsten wurde Ende 2021 verkauft: Das Marler Unternehmen Maroli plant am Hainichenring auf rund 2000 Quadratmetern Gesamtfläche ein modernes und nachhaltiges Gewerbeobjekt mit variablen Nutzungsmöglichkeiten. Mit diesem jüngsten Verkaufsabschluss findet zwei Jahrzehnte nach Stilllegung des Bergwerks ein groß angelegter Transformationsprozess im Stadtteil Hervest einen Abschluss. Seit 2021 sind durch die Ansiedlung von Unternehmen, durch die heutige Ankernutzung aus Gewerbe, Einzelhandel, Kultur und Freizeit auf dem Zechengelände rund 350 neue Jobs entstanden. Diesem Veränderungsprozess hatte die RAG Montan Immobilien durch Sanierung und Baureifmachung des einstigen Industriegeländes aktiv den Weg geebnet. Rund 57 Hektar Gesamtfläche hat die RAG Montan Immobilien im Schulterschluss mit der Stadt Dorsten und der Dorstener Tedo GmbH, als privatem Investor, in den vergangenen 20 Jahren auf Fürst Leopold entwickelt –jedoch jeweils eigenwirtschaftlich. 37,6 Hektar davon entfiellen unmittelbar auf die ehemalige Schachtanlage Fürst Leopold 1/2; hinzu kam eine einstige Fläche der E.ON/Ruhrgas (18,5 Hektar). Weitere 13,4 angrenzende Hektar hatte die RAG Montan Immobilien zur ergänzenden Entwicklung und Vermarktung zusätzlich angekauft.
Verkehrsgünstige Lage des früheren Zechengeländes
Das ehemalige Zechenareal ist für Unternehmen besonders interessant, weil die Lage aus verkehrstechnischen Gründen optimal ist. Es gibt Anschlussmöglichkeiten an die Bundesautobahnen A52 im Osten und A31 im Westen sowie direkter Anbindung an das Schienennetz über den Bahnhof Hervest im Osten. Das Gelände selbst ist über die 2015 fertig gestellte Fürst-Leopold-Allee mit ihren Verbindungen zur Halterner Straßen ebenfalls ideal erschlossen. Das Land NRW und die EU unterstützten finanziell den teilweisen Rückbau der Zechen und die nahezu vollständige Neubesiedelung in den letzten Jahren. Allein das Land NRW hat mit rund 14,8 Millionen Fördermitteln die Entwicklung des Standortes gefördert.
Auf dem letzten Grundstück entsteht ein Wohn- und Geschäftshaus
Dem Verkaufsabschluss mit Maroli waren zuletzt gleich mehrere erfolgreiche Vermarktungen durch die RAG Montan Immobilien am Hainichenring vorausgegangen. Dort baut das Unternehmen DWS (Dorstener Warehouse Solutions) auf einem insgesamt 9000 Quadratmeter großen Grundstück fünf vollisolierte Lagerhallen mit Größen zwischen 800 und 1200 Quadratmetern. Auch Mathias Haake, freiberuflicher Sachverständiger und Ingenieur für Physikalische Technik aus Gladbeck, wurde für sein Projekt auf Fürst Leopold fündig: An der Ecke Hainichenring/Fürst-Leopold-Allee entstand auf einer 1250 Quadratmeter großen Fläche eine neue TÜV-Prüfstelle.
Verbindung der Bereiche Arbeit, Leben, Freizeit und Kultur
Neben wichtigen Gewerbeansiedlungen auf rund 45.000 Quadratmetern, neben Gastronomie, Discounter, Supermarkt und Dienstleistern unterschiedlicher Branchen, prägen darüber hinaus vor allem zwei Segmente das neue Bild des Stadtteils Hervest: das CreativQuartier Fürst Leopold mit seinen alten Bestandsgebäuden sowie der Landschaftspark Hervest. Letzterer ist im Osten des Areals entstanden und gliedert sich in ein begrüntes, zugängliches Landschaftsbauwerk und einen 9500 Quadratmeter großen Festplatz. All dies, so Lohse, habe die „Attraktivität des Stadtteils“ auch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich gesteigert. Kulturelles Herzstück des neuen Stadtquartiers ist dabei das CreativQuartier Fürst Leopold, ein überregional bedeutsames Kunst- und Kulturzentrum, das ab 2008 von der Tedo GmbH auf rund zwölf Hektar des Geländes, darunter auch der denkmalgeschützte Zentralbereich, realisiert wurde. Erhalten werden konnten daher sowohl Eingangs-, Verwaltungs- und Kauengebäude als auch das Fördergerüst über Schacht 2, das Fördermaschinengebäude, das Trafogebäude, die Druckluftzentrale und der Zechenplatz. „Bespielt“ wird das Denkmalensemble seitdem mit einem attraktiven Mix aus Kultur, Kreativwirtschaft, Events und Gastronomie. Dass dabei auch das industriegeschichtliche Erbe der Region eine Rolle spielt und weiterhin vermittelt wird, garantiert die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, die Ende 2011 das Fördermaschinenhaus und 2015 das Fördergerüst übernommen hat und seit 2015 gemeinsam mit dem „Verein für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte Dorsten e.V.“ auf Fürst Leopold ein Informations- und Begegnungszentrum betreibt. Auf dem Areal der ehemaligen Zeche fand auch die städtische „Tisa von der Schulenburg-Stiftung“ für den Nachlass der 2001 verstorbenen Künstlerin ein Domizil. Direkt neben dem Förderturm – am RAG-Wasserhaltungsstandorts Fürst Leopold – entstand das Tisa-Archiv, das Platz für mehr als 3500 Exponate bietet und die enge Verbundenheit der Ordensschwester mit den Bergleuten widerspiegelt. In dem eigens umgestalteten Gebäude will die Stiftung jungen Künstlern Raum für Seminare und Begegnungen bieten.
Positive Entwicklungen auch auf dem städtischen Teil des Geländes
Der Verkauf der Flächen aus dem Bestand der RAG Montan Immobilien wurde 2021 abgeschlossen. Insgesamt hat der RAG Konzern rund 13 Millionen Euro in Rückbau, Sanierung und Baureifmachung auf Fürst Leopold investiert. Und auch auf dem restlichen Gelände tut sich aktuell einiges: Eine Randfläche des Zechenareals sowie ein direkt benachbartes Grundstück aus dem früheren Bestand der E.ON/Ruhrgas hatte die Stadt Dorsten erworben. Auf dem 8,5 Hektar großen Gelände sind heute praktisch alle Areale verkauft. Entstanden ist auch hier ein attraktiver Branchenmix aus überregional agierenden Unternehmen. Dazu gehören unter anderem ein Maschinenbau- und Technikunternehmen für die Oberflächenbearbeitung, ein Softwarehaus, ein Kunststoffhandel, diverse Online-Handelsshops sowie ein international tätiges Ingenieurbüro mit Nischenprodukten für die Industrie, die den Standort Fürst Leopold attraktiv ergänzen. Bisher haben sich zwölf Unternehmen auf dem städtischen Teil des Gebietes angesiedelt, wobei etwa 250 Arbeitsplätze neu entstanden bzw. gesichert wurden, weiteres Wachstum und die Schaffung weiterer Arbeitsplätze nicht ausgeschlossen.
Ehemalige Bergbauflächen für die Stadtentwicklung
Mit der Entwicklung des Standortes Fürst Leopold ist allerdings der erfolgreiche Transformationsprozess von ehemaligen Bergbauarealen auf Dorstener Stadtgebiet nicht abgeschlossen. Auf dem 30 Hektar großen Areal des im Jahre 2001 stillgelegten Schacht Wulfen an der Bundesstraße 58 entsteht derzeit der Industriepark „Große Heide“, der ebenfalls für neue Wirtschaftskraft und neue Arbeitsplätze sorgt. Den ersten spektakulären Ansiedlungserfolg konnten die Stadt Dorsten und die RAG Montan Immobilien im April dieses Jahres verkünden: Bis Ende 2023 entsteht dort das Distributionszentrum von Levi Strauss & Co. für den europäischen Markt. Das börsennotierte Unternehmen wird von dort die Warenlogistik von Kleidung und Accessoires für den europäischen Markt organisieren und verschiedene Handelsbranchen beliefern. In der ersten Betriebsphase des Distributionszentrum plant Levi Strauss & Co. mit etwa 100 Beschäftigten, die bis zur vollen Kapazität des Centers potenziell auf bis zu 650 Beschäftigte ansteigen soll.
Hotel „Chillten Fürst Leopold“ auf dem Zechengelände 2023 eröffnet
Die Umbauarbeiten sind abgeschlossen: Susanne Timm und Uli Schmerer eröffneten auf dem Zechengelände in Hervest ein Hotel – und weitere 20 voneinander unabhängige Räume, für die Nachfrage bestand. Wo früher Mitarbeiter der Zechenverwaltung an ihren Schreibtischen saßen, werden künftig Übernachtungsgäste ihre Zimmer beziehen. Aber trotz der Rundumerneuerung, die sich hier auf zwei Etagen und 1500 Quadratmetern Fläche vollzogen hat, sind immer wieder (innen-)architektonische Erbstücke der Bergwerksvergangenheit unverkennbar. Das Ehepaar, das seit mehr als 18 Jahren in Bottrop erfolgreich das Hotel „Chillten“ betreibt, wurde Pächter auf dem ehemaligen Zechengelände in Dorsten. Und in den beiden und mit einem neuen Aufzug erreichbaren Stockwerken oberhalb des Factory-Restaurants wurde das Hotel „Chillten Fürst Leopold“. Aber anders als in Bottrop fußt das Konzept in Dorsten auf gleich drei Standbeinen: In der ersten Etage entstand ein Hotel mit 15 Doppelzimmern (18 qm) und einer 45-Quadratmeter-Suite, in der zweiten Etage werden „Co-Working-Space“-Räume vermietet. Und auch ein separater Seminarraum mit 50 Plätzen und modernster technischer Ausstattung ist im Obergeschoss gegen Gebühr für alle Interessierten im Angebot. Zwei Millionen Euro hat die Dorstener Ruhrstadt-Stiftung als Eigentümerin des „Creativ-Quartiers Fürst Leopold“ in die Sanierung gesteckt. Schon 2020 begannen die Umbauarbeiten. „Dann aber kam die Corona-Zeit mit all ihren Einschränkungen und außerdem musste bei dem Gebäude auf den Denkmalschutz geachtet werden, was die Bau- und Einrichtungsphase verlängerte
Historische Daten – Fürst Leopold. 1913 Beginn der Steinkohlenförderung, 1997 Das Verbundbergwerk „Fürst Leopold/Wulfen“ fährt mit 2,4 Millionen Tonnen bei etwa 3.000 Beschäftigten die höchste Jahresförderung in der Betriebsgeschichte der Zeche ein. 2001 Stilllegung der Zeche Fürst Leopold und des Schacht Wulfen, 2010 Verkauf der industriehistorischen Bestandsgebäude, 2011 Beginn der Sanierungsmaßnahmen, 2012 Beginn der Umbaumaßnahmen in den Bestandsgebäuden, 2013 Eröffnung CreativQuartier Fürst Leopold, 2015 Eröffnung Fürst-Leopold-Allee und Landschaftspark Hervest, 2016 Abschluss Sanierungsmaßnahmen und Baureifmachung, 2021 Verkauf der letzten Fläche aus dem Bestand der RAG Montan Immobilien.
Siehe auch: ExtraSchicht
Siehe auch: Bergbau I
Siehe auch: Bergbau II
Siehe auch: Bergbau III
Siehe auch: Vinylcafé “Schwares Gold”
Siehe auch: CreativQuartier Fürst Leopolf
Siehe auch: Bergbauverein
Siehe auch: Levi-Strauss-Jeans
Quelle: Pressemitteilung der RAG Montan Immobilien GmbH (gekürzt) vom 7. Sept. 2021. – Foto oben: Bludau, andere RAG.