Das sogenannte „Scholz-Modell“ erhöht ab 2025 die Steuerbelastung
81 Prozent der Kommunalverwaltungen in NRW haben 2024 vorgeschlagen, keine unterschiedlichen Sätze für Wohn- und andere Immobilien zu verlangen – was Eigentümer und Mieter belasten dürfte. Die Befürchtungen vieler Mieter und Hausbesitzer in Nordrhein-Westfalen, dass sie ab dem kommenden Jahr deutlich stärker bei der Grundsteuer zur Kasse gebeten werden, scheinen sich zu bewahrheiten. Laut einer Blitzumfrage des Städte- und Gemeindebunds NRW will der Großteil der Kommunalverwaltungen den eigenen Ratsleuten empfehlen, auf das Hebesatzsplitting zu verzichten.
Gemeinden dürfen unterschiedlich hohe Hebesätze verlangen
Das Land hatte den Städten und Gemeinden erlaubt, unterschiedlich hohe Hebesätze für Wohn- und Nichtwohnimmobilien zu verlangen. Die Idee dabei: Weil sich durch die Einführung des sogenannten Scholz-Modells die Steuerbelastung für das Wohnen erhöht, während sie für Gewerbeimmobilien sinkt, sollen die Kommunen dies vor Ort durch unterschiedlichen Hebesätze abmildern können. Laut der Umfrage des Städte- und Gemeindebunds NRW gaben jedoch 81 Prozent an, dass sie keine Differenzierung vornehmen würden. Folgen die Räte den Empfehlungen der Kämmerer – in 91 Prozent der Fälle laufen die Beratungen noch –, hat das Konsequenzen für die Bürger: „Bei denjenigen, die nicht differenzieren, wird es in vielen Fällen eine Belastungsverschiebung zum Nachteil des Wohnens geben – es sei denn, sie sind mit ihren Hebesätzen so weit runtergegangen, dass praktisch nur das Gewerbe entlastet und das Wohnen nicht zusätzlich belastet wird“, sagte Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Verbands. „Das dürfte jedoch die Ausnahme sein.“
Ein Berg von Fragen
Die Gründe für die Zurückhaltung seien vielfältig. „Am wichtigsten dürfte sein, dass niemand sicher sein kann, ob eine Differenzierung einer juristischen Überprüfung standhält. Entsprechende Hinweise hat noch einmal ein Gutachten des Städtetags geliefert. Es bleibt ein erhebliches Rechtsrisiko, dass Gerichte gegen das Hebesatzsplitting entscheiden und dann eine Satzung für nichtig erklärt wird“, so Sommer. Das wiederum ziehe eine Reihe neuer Fragen nach sich: Kann man dann noch rückwirkend eine veränderte Satzung in Kraft setzen? Und falls ja, in welchem zeitlichen Rahmen? Gibt es womöglich Deckelungen auf bestimmte Hebesätze? Oder steht die Kommune im schlimmsten Fall am Ende ohne Grundsteueraufkommen da? „Das sind alles offene Fragen, die die Kommunen verständlicherweise zögern lassen, obwohl sie zwingend auf die Einnahmen angewiesen sind“, sagt der Kommunalvertreter.
Klagen vor Gericht sind 2025 zu erwarten
Das Finanzministerium hatte für alle Kommunen berechnet, welchen Hebesatz sie verlangen müssten, um in Summe auf den gleichen Betrag wie vor der Reform zu kommen. 15 Prozent der Kommunen, die einen einheitlichen Hebesatz anstreben, werden über der Empfehlung liegen. Gut 56 Prozent folgen dem Vorschlag, knapp 29 Prozent liegen darunter. Sommer sieht damit Bedenken entkräftet, die Städte und Gemeinden würden sich im Windschatten der Reform die Taschen füllen. Mit Blick auf die 55 Kommunen, in denen die Differenzierung erwogen werde, sagte Sommer, es sei so gut wie ausgemacht, dass dagegen geklagt werde: „Möglicherweise bekommen wir erste Entscheidungen im kommenden Jahr. Je nach Ausgang könnte die Differenzierung dann erst im Jahr 2026 in mehr Kommunen angewendet werden.“ Er übte scharfe Kritik am Land NRW: „Trotz aller Einwände hat das Land Regeln für das Erheben der Grundsteuer B geschaffen, die für die Kommunen mit erheblichen Rechtsunsicherheiten belastet sind. Die ehrenamtlichen Ratsleute stehen jetzt vor einem Berg von Fragen. Zur Wahl stehen zwei unzumutbare Optionen: Entweder wird das Wohnen teuer oder man belastet die Wirtschaft und geht dabei erhebliche rechtliche Risiken ein.“
Quelle: Maximilian Plück in RN (DZ) vom 9. Dezember 2024