Wahlen III (Essay)

Kaiserreich, Weimarer Repunlik, NS-Zeit, Bundesrepublik und DDR

Preußische Wahlverordnung 1848

Preußische Verordnung 1848

Von Wolf Stegemann – Es ist das Recht, bei einer Wahl frei mit eigener Stimme mitzuwirken (aktives Wahlrecht) bzw. sich wählen zu lassen (passives Wahlrecht). Das aktive wie das passive Wahlrecht ist jeweils an bestimmte Bedingungen geknüpft, beispielsweise an ein Mindestalter, Wahlalter oder an die Staatsangehörigkeit. Das allgemeine gleiche Wahlrecht ist eine institutionelle Voraussetzung der Demokratie und hat sich erst allmählich und nach heftigen Kämpfen durchgesetzt. Wahlrecht, Parteien und Parlament sind in ihrer Entwicklung eng miteinander verbunden. Mit dem Übergang von den indirekten Wahlen zu den direkten Wahlen entstand ein näheres Verhältnis zwischen  Wahlberechtigten und Abgeordneten bzw. Fraktionen. Die Nationalversammlung beschloss in dem Wahlgesetzt vom 12. April 1849 gegen den Widerstand der Liberalen, dass das Volkshaus aus allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlen hervorgehen sollte. Für den Reichstag des Norddeutschen Bundes führte Bismarck das allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahlrecht ein, das nach der Gründung des Reiches 1871 als Reichswahlrecht übernommen wurde.

Dreiklassenwahlrecht

Bis 1919 galt in Preußen das 1849/50 eingeführte indirekte Dreiklassenwahlrecht, demzufolge die Wähler zunächst die Wahlmänner, diese dann die Abgeordneten wählten. Die Wähler jeder Kommune wurden entsprechend der von ihnen gezahlten Steuern in drei Gruppen eingeteilt; auf jede dieser Gruppen entfiel Eindrittel der Gesamtsumme der erbrachten Steuern. Mithin wählten die wenigen am höchsten Besteuerten ebenso viele Wahlmänner wie die weit größere Zahl der zweiten Gruppe sowie die Masse der gering besteuerten dritten Gruppe. Bei den Reichstagswahlen kam auf 100.000 Einwohner ein Abgeordneter. Die Verstädterung der industriellen Ballungszonen führte dadurch zu großen Verzerrungen, die vor allem zu Lasten der Arbeiterpartei gingen. 1906 lehnte der Reichstag einen Antrag der Sozialdemokraten ab, der für Landtagswahlen vorsah, dass geheime und direkte Wahlen vorgeschrieben werden. Dieser Antrag richtete sich vorwiegend gegen das Dreiklassenwahlrecht in Preußen. Trotz der ständigen Ablehnung des bestehenden Wahlrechts, das die Arbeiterklasse benachteiligte, was ein Staatssekretär im Innenministerium auch bestätigte und die geringe Vertretung der Arbeiterschaft im preußischen Abgeordnetenhaus bedauerte, gelang es der SPD 1912, stärkste Fraktion im Reichstag zu werden. Vergeblich kämpften Sozialdemokraten und Liberale weiter um eine Änderung des Dreiklassenwahlrechts in Preußen. In seiner „Osterbotschaft“ vom 7. April 1917 hatte Kaiser Wilhelm II. die Beseitigung des ungerechten öffentlichen Dreiklassenwahlrechts in Aussicht gestellt. Es wurde aber erst durch die Revolution von 1918 abgeschafft. In der Weimarer Verfassung wurde das Verhältniswahlrecht für Reichstag und Länderparlamente festgeschrieben und Frauen konnten erstmals an der Reichstagswahl vom 19. Januar 1919 teilnehmen.

Wahlen zur Kaiserzeit in Dorsten

1913 fanden in Dorsten Ergänzungswahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt. Grundlage dazu bildete § 23 der Städteverordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856. Wahlberechtigt waren nur Steuerzahler in den Kategorien I bis III. Zur III. Abteilung gehörten Eingesessene, die bis zu 247,60 Mark Steuern zahlten. Sie durften vormittags und nachmittags wählen. Zur II. Wählerabteilung gehörten die Dorstener, die Steuern von 248,50 Mark bis einschließlich 909,40 Mark bezahlten. Sie dürften nachmittags zwischen 16 und 18 Uhr wählen.  Die Wähler der I. Klasse, die mehr als 916,22 Mark Steuern zahlten, durften ihre Stimme am späten Nachmittag zwischen 18.15 und 19 Uhr abgeben. Allein aus den Uhrzeiten der Stimmabgabe lässt sich die Quantität der berechtigten Wähler erkennen. Nachgewählt wurden für die am Ende 1913 ausgeschiedenen Stadtverordneten. Aus der III. Klasse schieden Fabrikarbeiter Haarmann und Schneidermeister Krebs aus, aus der II. Stadtverordnetenklasse die Kaufleute Urban Drecker und Hermann Cirkel; aus der I. Klasse schieden Bankier F. J. de Weldige-Cremer und Brennerei-Besitzer Heinrich Hasselmann aus.

Zeitungsankündigung zu den Wahlen 1929

Zeitungsankündigung zu den Wahlen 1929

Weimarer Republik

Nach der Weimarer Reichsverfassung aus dem Jahr 1919 wurde der Reichstag alle vier Jahre in allgemeiner, gleicher, geheimer und unmittelbarer Wahl nach dem Verhältniswahlrecht (ein Abgeordneter auf 60.000 Stimmen) gewählt. Der Reichstag beschloss die Reichsgesetze und war zuständig für den Beschluss über den Haushaltsplan, die Entscheidung über Krieg und Frieden sowie die Bestätigung einzelner Staatsverträge. Der Reichspräsident hatte das Recht zur Auflösung des Reichstags. Reichskanzler und/oder Reichsminister mussten zurücktreten, wenn der Reichstag ihnen das Vertrauen entzog.
Seit der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932 war eine einheitliche politische Willensbildung im Reichstag nicht mehr möglich, weil die antagonistischen Flügelparteien NSDAP und KPD zusammen 318 von 608 Reichstagsabgeordneten stellten. Das Reichstagsgebäude wurde im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs teilweise zerstört. Nach mehreren Phasen des Wiederaufbaus in der Nachkriegszeit wurde es erst in den 1990er-Jahren grundlegend umgebaut und mit einer neuen Kuppel gekrönt. Seit 1999 ist es Sitz des Deutschen Bundestags. Nach dem Ersten Weltkrieg hieß das 1919 gewählte Parlament des Freistaates Sachsen Volkskammer. Mit der Verabschiedung der ersten demokratischen Verfassung Sachsens im Jahr 1920 kehrte man zur alten Bezeichnung Landtag zurück.

Wahlbeeinflussung in Dorsten 1932 und 1933

Die „Dorstener Volkszeitung“ meldete am 10. März 1932 unter dem Titel „Haltlose Gerüchte“ eine Wahlbeeinflussung in Hervest-Dorsten:

„Von gewissen Kreisen in Hervest-Dorsten wird geflissentlich das Gerüchte verbreitet, es stehe eine 11-prozentige Kürzung aller Renten bevor. Aus bester Quelle können wir mitteilen, dass dieses Gerücht völlig haltlos ist. Die Verbreiter haben die Absicht, die kommende Präsidentenwahl im Sinne der Rechtsradikalen zu beeinflussen. Dem gegenüber steht aber die Tatsache, dass durch Hindenburgs und Brünings Eingreifen den Rentenempfängern ihr kärgliches Einkommen überhaupt erhalten geblieben ist“

Bei den Gerüchtestreuern handelte es sich um die NSDAP. In einem Artikel vom 9. Februar 1933  fungierte die „Dorstener Volkszeitung“ als direkter Wahlhelfer für das Zentrum. Damit die Leser das Kreuz an der richtigen Stelle des Wahlzettels (Liste 4, Zentrum) anbrachten, gab die Zeitung Nachhilfeunterricht unter der Überschrift „Wie wird am Sonntag gewählt?“ Im Artikel steht u. a.:

 „Jeder Wähler erhält zuerst einen Zettel für die Kreis- und Provinziallandtagswahl. Mit diesen beiden Zetteln geht er in die Wahlzelle, kreuzt sie bei Liste 4 an, steckt sie in den gemeinsamen Umschlag und lässt sich dann einen neuen Umschlag für die Gemeinde- und Amtswahl geben. Mit diesen beiden Zetteln geht er in die andere Zelle, kreuzt wieder bei Liste 4 an und steckt die beiden Zettel in den Umschlag.“

Sogenannte Wahlen im Nationalsozialismus 1933 bis 1945

Geklebte Wahlplakate 1932

Geklebte Wahlplakate 1932

Noch während der Zeit des Nationalsozialismus fanden Wahlen zum deutschen Reichstag statt. Reichstagspräsident war im gesamten Zeitraum Hermann Göring. Nachdem der Reichstag nach der Reichstagswahl 1933 mit Zweidrittelmehrheit das Ermächtigungsgesetz beschlossen und damit seine Gesetzgebungskompetenz an die Reichsregierung abgetreten hatte, wurde der Reichstag in jener Zeit wegen des Singens der Nationalhymne spöttisch als der „teuerste Gesangsverein Deutschlands“ bezeichnet. Da das eigentliche Reichstagsgebäude infolge des Brandanschlags der Nationalsozialisten unbrauchbar wurde, baute man den Aufführungssaal der dem Reichstag gegenüberliegenden Kroll-Oper in einen Sitzungssaal um.

Reichstag 1941, ein "Bestätigungs-Parlament" für den Diktator Hitler

Reichstag 1941, ein “Bestätigungs-Parlament” für den Diktator Adolf Hitler und sein Regime

Reichstag in der NS-Zeit nur noch formell tätig

Anlässe für Sitzungen des Reichstags waren im November 1933 die Reichstagswahl und Volksabstimmung (Austritt aus dem Völkerbund); 1934 Volksabstimmung (Reichspräsidentschaft) mit Zustimmung zu Adolf Hitler als Führer und Reichskanzler in seiner Person; 1936 Reichstagswahlen und Volksabstimmung (Ermächtigung der Rheinlandbesetzung); 1938 Reichstagswahl zum Großdeutschen Reichstag und Volksabstimmung (Zustimmung zum Anschluss Österreichs), Sudetendeutsche Ergänzungswahl. Bei diesen Wahlen stand jeweils nur die NSDAP zur Wahl, bei Volksabstimmungen gab es hingegen die theoretische Möglichkeit der Gegenstimme.
Gemäß den Regelungen des Weimarer Wahlgesetzes wurde für je 60.000 abgegebene Stimmen ein Sitz erteilt. Da, wie in Diktaturen üblich, die Wahlbeteiligung sehr hoch war, aber natürlich auch wegen der neuen zum Reich gehörenden Gebiete, nahm das Parlament bedeutend größere Ausmaße an als es noch 1933 hatte. Zuletzt gab es 855 Abgeordnete. Adolf Hitler war Abgeordneter Nr. 433, gewählt im Reichstagswahlkreis 24 Oberbayern-Schwaben. Im Januar 1943 verlängerte Hitler die Wahlperiode des Reichstags durch ein Gesetz bis zum 30. Januar 1947. Damit sollte vermieden werden, während des Krieges Wahlen abhalten zu müssen. Durch den Kriegsausgang kam es nicht mehr zum geplanten Urnengang. Insgesamt hatte der Reichstag in der Zeit des Nationalsozialismus nur 20 Sitzungen. Durch das Ermächtigungsgesetz von 1933 konnte auch die Reichsregierung Gesetze beschließen; die faktische Macht lag beim Reichskanzler Adolf Hitler (siehe Reichstagsmitglieder).

Anfangs keine zimperliche Wahlpropaganda in der Bundesrepublik Deutschland

FDP-Wahlplakat: nicht zimperlich

FDP-Wahlplakat: nicht zimperlich

Im Sommer 1945 wurde die Bildung demokratischer Parteien in den von Amerikanern und Briten besetzten Zonen zugelassen. Viele der Parteien gingen auf frühere Parteien zurück, die es schon während der Weimarer Republik gegeben hatte. Eine neu gegründete Partei war die CDU/CSU. Ihre geistigen Wurzeln hatte sie in der Zentrumspartei von vor 1933. Die Politik der Siegermächte führte dazu, dass Deutschland in einen West- und einen Ostteil geteilt wurde. Die erste Bundestagswahl galt nur für den Westteil Deutschlands, die Bundesrepublik Deutschland. Die drei westlichen Militärgouverneure beauftragten die Ministerpräsidenten der deutschen Länder (später Bundesländer) am 1. Juli 1948 eine Verfassung – das Grundgesetz – auszuarbeiten, das am 23. Mai 1949 verkündet wurde. Die ersten freien Wahlen waren im August. Es gab ein Wahlgesetz, das nur für diese erste Wahl galt. Insgesamt wurden 402 Abgeordnete gewählt. 60 Prozent der Abgeordneten kamen als Direktkandidaten der Wahlkreise in den Bundestag. Also direkt durch die Stimmen der Wähler auf dem Stimmzettel. Die restlichen 40 Prozent der Mandate wurden unter Anrechnung dieser Direktmandate über Landeslisten auf die Parteien verteilt. Um in den Bundestag einzuziehen, musste eine Partei nur in einem Bundesland fünf Prozent der Stimmen erreichen oder lediglich einen Wahlkreis direkt gewinnen. Als Spitzenpolitiker und Anwärter auf den Bundeskanzler traten für die CDU/CSU der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und für die SPD deren Parteivorsitzender Kurt Schumacher an. Das Wahlergebnis: CDU/CSU: 31 Prozent (139 Mandate); SPD: 29,2 Prozent (131 Mandate); FDP: 11,9 Prozent (52 Mandate); Rest: 28,1 Prozent (80 Mandate). Der Stimmanteil für die restlichen Parteien verteilte sich wie folgt: Kommunistische Partei Deutschlands (KPD): 5,7 Prozent (15 Mandate); Bayernpartei (BP): 4,2 Prozent (17 Mandate); Deutsche Partei (DP): 4,0 Prozent (17 Mandate); Zentrum: 3,1 Prozent (10 Mandate); Wiederaufbauvereinigung (WAV): 2,9 Prozent (12 Mandate); Deutsche Republikanische Partei (DRP): 1,6 Prozent (5 Mandate) Südschleswigscher Wählerverein (SSW): 0,3 Prozent (1 Mandat); Unabhängige: 4,8 Prozent (3 Mandate); Rest: 1,5 Prozent (0 Mandate).

Wahlpropaganda in der Deutsche Demokratische Republik (DDR)

Wahlplakate in der DDR

Wahlplakate in der DDR 1950

Vergleichbar waren die Wahlsysteme der DDR mit denen der Bundesrepublik nicht: In der DDR waren weder Abwechslungen an der Regierungsspitze noch ein Wettbewerb der Parteien vorgesehen. Die führende Rolle der Sozialistischen Einheitspartei (SED) war in der Verfassung festgeschrieben. Träger der Wahlen in der DDR war die „Nationale Front“, die die verschiedenen Parteien und Verbände (und so genannte „Massenorganisationen”) vor Ort koordinierte. Die Parteien und Massenorganisationen vereinten ihre Vorschläge zur gemeinsamen Liste der Nationalen Front. Bevor es so weit war, musste laut Wahlrecht jeder Kandidat in seinem Betrieb – Arbeitskollektiv – geprüft werden. Wurde er abgelehnt, konnte er nicht nominiert werden. Zu jeder Wahl wurden mehr Kandidaten aufgestellt, als Plätze vorhanden waren. Der eigentliche Wahlvorgang bestand in einer Bestätigung der Wahlvorschläge. Nicht nur die Wahlen, auch der Wahlkampf, die Wahlplakate und die Slogans sahen in der DDR anders aus als in der Bundesrepublik. Bei der graphischen Anmutung ihrer Wahlplakate orientierten sich die Macher aus der Abteilung Agitation beim Amt für Information aus der Geschichte der Arbeiterbewegung, vorzugsweise aus dem Fundus der KPD. Die Volkskammer war das Parlament der Deutschen Demokratischen Republik.

Umfangreiche Wahlfälschungen der Staatspartei SED

Wahl in der DDR 1946

Wahl in der DDR 1946

Die Provisorische Volkskammer wurde 1949 in Ost-Berlin aus dem Zweiten Deutschen Volksrat gebildet. Die erste Volkskammerwahl erfolgte, verspätet und nach einem anderen Wahlsystem als ursprünglich geplant, erst im Oktober 1950. Diese Wahl beruhte – wie seitdem alle Wahlen der DDR – auf Einheitslisten der Nationalen Front. Die Wahlen fanden vielerorts nicht mehr geheim, sondern offen, ohne Benutzung der vorhandenen Wahlkabinen statt. Nach offiziellen Angaben habe die Wahlbeteiligung 98 Prozent betragen und 99,7 Prozent für die Nationale Front gestimmt. Aus Akten des Ministeriums für Staatssicherheit konnte nach dem Ende der DDR belegt werden, dass umfangreiche Wahlfälschungen vorgenommen worden waren. Wahlmanipulationen waren auch bei späteren Wahlen zur Volkskammer die Regel. Die Abgeordneten waren in ihrem Abstimmungsverhalten an die politischen Vorgaben der SED gebunden. Bis 1958 bestand neben der Volkskammer die Länderkammer der DDR, die Gesetzentwürfe in die Volkskammer einbringen und aufschiebenden Widerspruch gegen Gesetzesbeschlüsse erheben konnte. Die Volkskammer war nach dem Verständnis der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED kein Parlament im bürgerlichen Sinne einer repräsentativen Demokratie, sondern sollte eine Volksvertretung neuen Typs darstellen. Faktisch war die Volkskammer jedoch weitgehend ohne Einfluss auf das politische Geschehen, denn der seit 1968 in der Verfassung der DDR auch offiziell verankerte Führungsanspruch der SED verhinderte von Beginn an eine echte politische Einflussnahme des Gremiums.
Folgende Fraktionen waren 1950 bis April 1990 in der Volkskammer vertreten: SED-Fraktion, CDU-Fraktion, Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD), Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD), Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB), Freie Deutsche Jugend (FDJ), Demokratischer Frauenbund (DFD), Kulturbund (KB). Die VdgB/Konsumgenossenschaften-Fraktion gehörte der Volkskammer bis 1963 und wieder ab 1986 an, die VVN-Fraktion (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) nur bis 1954.

Einzige freie Wahl kurz vor dem Ende der DDR

Nach der 1989 durch Bürgerproteste ausgelösten politischen Wende in der DDR wurde am 18. März 1990 die einzige freie Volkskammerwahl abgehalten. Die Macht des Parlaments entsprach nun erstmals jener der Parlamente bürgerlicher Demokratien. Die Volkskammer schuf mit dem Ländereinführungsgesetz die neuen Bundesländer, die mit ihrer Gründung dann der Bundesrepublik beitraten. Die DDR war damit abgeschafft. Gleichzeitig schuf die Volkskammer eine „Mindest-Gesetzesausstattung“ für die neuen Länder, die damit sofort mit ihrer Gründung über Landesrecht verfügten. Zwar war der Einigungsvertrag, der u. a. regelte, welche Bundesgesetze im Beitrittsgebiet nicht oder nur modifiziert gelten sollten, durch die Regierungen ausgehandelt worden, doch hatten die Regierungsfraktionen im Vorfeld eine Fülle von Bedingungen formuliert (etwa: Weiterbestand der Bodenreform), die in den Vertrag einflossen. Bei der konstituierenden Sitzung am 5. April 1990 wurde durch die Einfügung des Artikels 75a in die DDR-Verfassung das Präsidium der Volkskammer mit den Befugnissen des nicht mehr besetzten Staatsrates betraut. Die am selben Tag gewählte Präsidentin der Volkskammer, Sabine Bergmann-Pohl (CDU), erhielt die Befugnisse des Staatsratsvorsitzenden und war damit formal letztes Staatsoberhaupt der DDR. Am 12. April 1990 wurde Lothar de Maizières (CDU) mit 265 Stimmen bei 108 Gegenstimmen und neun Enthaltungen zum Ministerpräsidenten der DDR gewählt. Die Abgeordneten bestätigten danach en bloc auch das Kabinett de Meizières, die erste und letzte frei gewählte Regierung der DDR.

Siehe auch: Wahlen I (Essay)
Siehe auch: Wahlen II (Essay)
Siehe auch: Wahlen IV (Essay)
Siehe auch: Europawahlen
Siehe auch: Wahlergebnisse 2014
Siehe auch: Erste Nachkriegswahl
Siehe auch: Wahlen
Siehe auch: Bundestagswahl 2017
Siehe auch: Frauenwahlrecht
Siehe auch: Wahlplakat „Halde“
Siehe auch: Wahl Europa 2019


Quellen:
Nach Wikipedia, Online-Enzyklopädie. – Literatur: Fuchs, Raab „Wörterbuch Geschichte“, dtv 2001. – G. Meyer „Das parlamentarische Wahlrecht“ (1901). – P. F. Müller „Das Wahlsystem“ (1959).

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