Verschuldung der öffentlichen Haushalte lag bei rund 2,5 Billionen Euro
Union und SPD wollen den Verschuldungsspielraum des Bundes in den kommenden zehn Jahren (2025 bis 2035) um mehr als eine Billion Euro ausdehnen. Das ist eine eins mit zwölf Nullen. Zum Vergleich: Die aktuelle Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Deutschland liegt bei rund 2,5 Billionen Euro – aufgebaut in 76 Jahren.
Wie kommt die hohe Summe zustande? Zum einen wollen Union und SPD ein „Sondervermögen“ einrichten – also einen schuldenfinanzierten Topf für Infrastrukturinvestitionen. Er soll 500 Milliarden Euro umfassen und nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Zudem sollen alle Ausgaben für Verteidigung, die über einem Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, ebenfalls nicht unter die Regeln der Schuldenbremse fallen. Bei einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von aktuell 4,3 Billionen Euro können also pro Jahr alle Rüstungsausgaben über 43 Milliarden Euro mit Krediten finanziert werden. Wenn man davon ausgeht, dass die Wehrausgaben bis zum Ende des Jahrzehnts von heute zwei auf mindestens vier Prozent des BIP anwachsen müssen, führt das in den kommenden zehn Jahren zu schuldenfinanzierten Mehrausgaben von weit über 500 Milliarden Euro. Zusammengenommen ergibt sich dadurch die genannte Schuldenhöhe von über einer Billion Euro.
Aber kann Deutschland diese neuen Schulden überhaupt stemmen?
Der Fachbegriff dafür lautet Schuldentragfähigkeit. Für Kredite müssen Zinsen gezahlt werden, die wiederum den Spielraum des Staates für andere Ausgaben verkleinern. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Bevölkerung altert und dadurch immer weniger Arbeitskräfte zur Wirtschaftsleistung beitragen. Gleichzeitig steigen die Ausgaben für die Rentenversicherung und andere Sozialleistungen.
Für die Einschätzung, ob die Kreditverpflichtungen noch beherrschbar sind, wird international das Verhältnis zwischen Schuldenlast und Wirtschaftsleistung herangezogen. Nach den Maastricht-Kriterien gilt ein Schuldenstand unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als völlig problemlos. Werte ab 100 Prozent werden von Experten als kritisch gesehen. Der noch von Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) verantwortete 2024er „Tragfähigkeitsbericht“ ging davon aus, dass die deutsche Quote von aktuell rund 62 Prozent selbst bei einem günstigen Szenario bis zum Jahr 2070 auf rund 140 Prozent steigt. Durch die neuen Schulden dürfte der Wert sehr weit darüber liegen. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim geht aktuell davon aus, dass die 100 Prozent infolge der schwarz-roten Beschlüsse bereits 2034 erreicht werden. ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann begrüßt zwar, dass durch die Änderung der Schuldenregeln in der Verteidigungspolitik ein Signal des Beistands an die Ukraine gesendet werde. Aber: „Auch für Deutschland ist der fiskalische Spielraum endlich“, warnt er. Union und SPD müssten jetzt an anderer Stelle im Bundeshaushalt sparen.
Quelle: RN (DZ) vom 6. März 2025