Zunehmende unterschiedliche Auswirkungen auf die verschiedenen Tierarten
In den Monaten Juni und August 2022 hatte es im Kreis Recklinghausen kaum geregnet, die Trockenheit wurde immer stärker. Die Spuren der Dürre an Pflanzen und das Verhalten der Tiere waren unübersehbar. Durch die Unterschiedlich der Arten ist eine pauschale Einschätzung nicht möglich. Grundsätzlich sind Tiere anpassungsfähig, reagieren auf Veränderungen wie fehlendes Wasser, zum Beispiel, indem sie weitere Wege bis zu Wasserquellen in Kauf nehmen, so Niels Robbrock von der Biologischen Station im Kreis Recklinghausen in der Dorstener Zeitung. „Eine hochsommerliche Trockenheit, wie wir sie im Moment haben, ist nicht so schlimm wie eine entsprechende Trockenphase im Frühjahr. Dann ist die Fortpflanzungszeit für die meisten Arten: Die Tiere sind räumlich gebundener – an ihren Bau oder den Neststandort – und können weniger flexibel auf die Trockenheit reagieren.“ Dennoch: Auch jetzt kommt es zu – teilweise lebensbedrohenden – Einschränkungen für einzelne Tierarten. Hier einige Beispiele:
Fische: „Für die Fische ist die Trockenheit wohl das größte Problem. Wenn ein Gewässer austrocknet, können sie nicht weg. Aber oft gibt es auch schon vor der kompletten Austrocknung Schwierigkeiten: Das wenige Wasser wird schneller warm und warmes Wasser kann nur weniger Sauerstoff aufnehmen. So wird der Sauerstoffmangel gefördert – ein häufiges Problem, durch das es zum Fischsterben kommen kann.“
Insekten: „Insekten haben einen geringen Wasserbedarf. In aller Regel finden sie genug Quellen in ihrem Aktionsraum. Problematisch wird es allerdings für Insekten wie Libellen oder Mücken: Sie benötigen Wasser für ihre Fortpflanzung, legen die Eier im oder am Wasser ab.“
Amphibien: „Ähnlich geht es zum Beispiel Wasserfröschen aufgrund der Fortpflanzung am Wasser.“
Wild: „Vor allen den grasfressenden Arten wie den Hirschen fehlt natürlich zurzeit das saftige Grün, sie finden wenig auf den sehr verdorrten Flächen. Die Hirsche weichen dann entweder räumlich aus, um grüne Bodenvegetation zu finden, oder sie stellen sich auf andere Nahrung wie zum Beispiel Blätter um. Allerdings besteht hier die Gefahr, dass die Wildarten aufgrund des fehlenden Grases nicht mit einem hohen Fitnessgrad in den Winter kommen, dass dann die notwendigen Reserven fehlen. Letztlich muss man abwarten, wie nahrungsfreundlich hier der Herbst wird: Das Defizit kann sich noch ausgleichen, wenn die Hirsche dann ihren Speicher vollziehen können.“
Vögel: „Einen Großteil ihres nicht sehr großen Wasserbedarfs erhalten die Vögel über die Nahrung. Dazu kommt ihre Flugfähigkeit, durch die es kein Problem ist, Gewässer zu finden. Wenn man mal darauf achtet, wundert man sich, wie viele Teiche es in unserer städtischen Landschaft gibt.“
Fuchs, Dachs, Wolf: „Theoretisch ist es möglich, dass diese Tiere bei weiteren Wegen zum Wasser in ein anderes Revier geraten und es dann zu Kämpfen kommt. Das dürfte allerdings selten sein: Ein Wolf hat zum Beispiel ein Revier von 150 bis 200 Quadratkilometern. Darin wird er mit weiteren Wegen Wasser finden. Und die Wölfin mit ihren Jungen sucht sich von vorneherein einen Fleck mit Wasser-Verfügbarkeit aus.“
Katzen: „Die streunenden Katzen haben meist ein Zuhause, wo sie versorgt werden. Darüber hinaus finden sie im innerstädtischen Bereich genug Stellen – wie zum Beispiel Teiche -, um sich mit Wasser zu versorgen.
Niels Ribbrock weist zudem darauf hin, dass die Menschen die Tiere gegen die Trockenheit unterstützen können: „Man kann zum Beispiel einen Teller oder eine Schale mit Wasser in den Garten stellen. Das erleichtert den Tieren das Leben, auch wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Ein Beispiel: Der Igel wird in seinem normalen Revier Wasserquellen haben. Aber wenn er dafür nicht 300 oder 400 Meter weit krabbeln muss, verbraucht er weniger Energie – und hat bessere Chancen, durch den Winter zu kommen.“
Der August 2022 war trocken wie nie zuvor
Nach Angaben des Lippeverbandes war der August 2022 der trockenste August aller Zeiten. Durchschnittlich fallen in einem August im Gebiet des Lippeverbandes zwischen Wesel und Hamm 76 Millimeter Regen. Im Trocken-Jahr 2022 ist stattdessen nur etwa ein Fünftel dieser Regenmenge gefallen: 17 Millimeter. Selbst in den bereits sehr trockenen Sommern 2018 und 2019 sei spürbar mehr Regen als in diesem Jahr gefallen. Trotzdem gibt der Lippeverband leichte Entwarnung. In die Lippe wird von Kläranlagen gesäubertes Wasser eingeleitet. Beide Flüsse erhalten somit stetigen Nachschub an Wasser, sodass hier die aktuelle Situation weit weniger Auswirkungen hat als an anderen Gewässern. Anders sieht es an vielen kleinen Nebengewässern aus. Einige dieser kleinen Gewässer fallen jeden Sommer trocken, in diesem Jahr sind es aber deutlich mehr. Noch geht es den Fischen in der Lippe gut. Aber an den Nebenflüssen kann die Trockenheit für die Fische gefährlich werden. Was in der derzeitigen Situation hilft, ist, dass der Lippeverband viele Nebenläufe renaturiert hat, sodass beispielsweise Fische aus Bereichen mit niedrigem Wasserstand in Bereiche mit mehr Wasser ausweichen können.
Information: 4500 Tote durch die Sommerhitze im Jahr 2022
Nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts sind im Sommer des Jahres 2022 etwa 4500 Menschen in Deutschland infolge von Hitze gestorben. Damit liege die Zahl hitzebedingter Todesfälle in diesem Jahr auf einem ähnlichen Niveau wie 2015, 2019 und 2020. In Bezug auf Hitzewochen waren 2021 über 1900 Menschen, im Jahr davor 3600 Menschen infolge von Hitze gestorben. Die Gründe für hitzebedingte Todesfälle seien vielfältig und reichten vom Hitzeschlag bis zu komplexeren Konstellationen, etwa bei Menschen mit vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen (dpa).
Siehe auch: Brandsommer 2022
Quelle: Thomas Schönert in DZ vom 7. Sept. 2022