Stromausfälle

Verursacht der noch fehlende Ausbau der Energieversorgung Stromausfälle?

Die Datenfabriken für Künstliche Intelligenz (KI) werden enorm wichtig für die hiesige Ökonomie. Doch die Stromversorgung der Standorte wird zu einem immer größeren Problem. Wie kann das Netz mit dem wachsenden Energiehunger mithalten? Deutschland soll Europameister bei der künstlichen Intelligenz werden – dieses Ziel hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf dem Digital-Gipfel der Bundesregierung 2024 ausgegeben. Damit das klappen kann, muss der grüne Wirtschaftsminister allerdings in Vorleistung treten und die notwendige Stromversorgung organisieren. Denn schon jetzt gibt es in Deutschlands Rechenzentren eine sehr spezielle Spielart der Energiekrise.

Die Nachfrage nach Strom ist unersättlich

Frankfurt, die Bundeshauptstadt der Rechenzentren, und das weitere Umland sind am Limit: „Wir sehen in Deutschland eine Herausforderung beim Ausbau des Stromnetzes“, sagte Kilian Wagner vom Digitalverband Bitkom. Es sei inzwischen sehr schwierig, in der Rhein-Main-Region neue Rechenzentren umzusetzen, weil das Stromnetz an seine Grenzen komme. „Wer dort ein größeres Rechenzentrum bauen möchte, muss mindestens bis 2030 warten.“ Das hat mit einer Besonderheit der künstlichen Intelligenz zu tun. Eine Abfrage mittels generativer KI (GenAI), die zum Beispiel der Textroboter ChatGPT einsetzt, verbraucht ungefähr zehn Mal mehr Strom als eine konventionelle Suche bei Google. Das US-Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner schlägt Alarm: „Das explosive Wachstum neuer Hyperscale-Rechenzentren zur Implementierung von GenAI führt zu einer unersättlichen Nachfrage nach Strom, die die Fähigkeit der Energieversorger, ihre Kapazitäten schnell genug zu erweitern, übersteigen wird“, so Gartner-Analyst Bob Johnson. Engpässe seien die Folge. „Was das Wachstum neuer Rechenzentren für GenAI und andere Anwendungen ab 2026 begrenzen wird.“

Der wachsende Stromverbrauch trifft auch Deutschland mit Wucht

Im Klartext: Johnson erwartet Stromausfälle – was für eine Datenfabrik der größte anzunehmende Unfall ist. Der Gartner-Experte geht davon aus, dass allein die 2024 weltweit hinzukommenden Hyperscaler – das sind große Rechenzentren, die blitzschnell Antworten erzeugen – einen Energiehunger von 261 Terawattstunden jährlich haben. Das entspricht fast der Hälfte des gesamten hiesigen Stromverbrauchs. Und der Bedarf wird laut Gartner-Prognose in den folgenden Jahren weiter exponentiell wachsen. Dieses globale Phänomen trifft auch Deutschland mit Wucht. „Die europäische Rechenzentrumskapazität müsste sich bis 2027 eigentlich verdoppeln, um mit der Nachfrage mitzuhalten. Wahrscheinlich wird dieses Ziel nicht annähernd erreicht“, erläutert Bitkom-Vertreter Wagner.

Erneuerbare reichen nicht

Wagner ist überzeugt vom ökonomischen Wert der Data Center: Kommunen profitierten von höheren Steuereinnahmen und durch neue Arbeitsplätze vor Ort. Es entstehe zusätzliche regionale Wirtschaftsleistung, auch weil örtliche Bauunternehmen und Zulieferer Aufträge erhielten. Mehr noch: „In NRW rund um neue Rechenzentren von Microsoft wird ein Hotspot für Digitalisierung und KI entstehen. Denn Rechenzentren sind dafür die Basis.“ Experten gehen davon aus, dass sich der Strombedarf der deutschen Standorte in den nächsten Jahren auf 40 Terawattstunden verdoppeln wird – also zehn Prozent des heimischen Gesamtverbrauchs. Die Gartner-Analysten bezweifeln, dass ähnliche Nachfragesteigerungen auf globalem Niveau gedeckt werden können. Vier von zehn Standorten würden in knapp drei Jahren in ihrer Betriebsfähigkeit eingeschränkt. Die großen drei der Branche (Microsoft, Google und die Amazon-Sparte AWS) versuchen, vorzubeugen. So teilte eine Sprecherin des Marktführers AWS mit, in Europa würden mehr als 2,4 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert. In Deutschland ist das Unternehmen an mehreren großen Windpark-Projekten auf See beteiligt. – Das Beratungsunternehmen Gartner macht allerdings darauf aufmerksam, dass es mit den Erneuerbaren nicht getan ist, da diese nicht zuverlässig rund im Uhr Strom liefern könnten.


Quelle: Frank-Thomas Wenzel in RN (DZ) vom 19. November 2024)

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