Wo war der Stadtursprung: Zwei Forscher – zwei Ergebnisse
Bei Ausschachtungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Altstadt nach der Zerstörung von 1945 kamen an verschiedenen Stellen schwarze Schlammböden mit Pfahlsetzungen, Keramik, Holz- und Farbresten in einer Tiefe von zwei Metern zu Tage – und zwar auf den Grundstücken entlang der Ostseite der Lippestraße, an der Nordseite des Marktplatzes, an der Ursulastraße. In anderen Teilen der Stadt wurden nur Terrassensande der Lippe in ähnlicher Tiefe angeschnitten. Die Schlammböden sind linear ausgebildet, d. h., es handelt sich um Reste verschütteter Gräben, in denen man auch Pfähle und Pfosten gefunden hat. Die Breite des Grabens betrug etwa 20 m. Die Existenz dieser Gräben im 13./14. Jahrhundert schließt die topografische Kontinuität der Lippestraße/Klosterstraße aus, desgleichen die anderer Straßen.
Erste Stadtbefestigung umfasste nur einen kleinen Teil der Altstadt
Die Deutung der Gräben in Zusammenhang mit Urkunden ist nur als eine Umgräftung der Stadt möglich, deren Grundfläche bedeutend kleiner war als die der späteren Zeit. Der ungefähre Verlauf der ersten Stadtbefestigung umfasst die Stadt zwischen der heutigen Lippestraße, der Nordseite des Marktes, die Ursulastraße und Hühnerstraße. Die Anlage des Marktes und der Lippestraße ist älter als die Bebauung im Osten des Kerns, wo heute das Ursulinenkloster liegt. Etwa um 1260 soll diese Befestigung vollendet gewesen sein, wie eine Notiz im „liber statutorum oppidi Dursten“ feststellt. Bei einer späteren hauptsächlich im Süden erweiterten Befestigung wurden die alten Gräben, die dann im Stadtgebiet lagen, als Abwassergräben unter dem Namen „Vüllünck“ benutzt; der Name blieb bis zur Anlage der Kanalisation erhalten.
Zwei Versionen: Hans Lampen und Dr. Franz Schuknecht
Der verstorbene Ex-Bürgermeister Hans Lampen kam hingegen aufgrund seiner Untersuchung von Bohrungen zu dem Ergebnis, dass der Stadtursprung weiter südlich gelegen haben muss, nämlich in Bereich zwischen Essener Tor, Markt und Recklinghäuser Tor, und sich später nach Norden erweitert hat, also gerade umgekehrt, wie der Heimatforscher Dr. Franz Schuknecht herausgefunden hat, der den eingangs erwähnten Ursprung im nördlichen Bereich vermutet (siehe Stadtentwicklung II, III, siehe Lippeverläufe).
Quellen/Literatur:
Dr. Franz Schuknecht „Werden und Ursprung der Stadt“ in „700 Jahre Stadt Dorsten“, Dorsten 1951. – Prof. Dr. Julius Evelt „Beiträge zur Geschichte der Stadt Dorsten und ihrer Nachbarschaft“ in „Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskinde Westfalens“, Münster, 1863/64, 1866. – Hans Lampen „Insula Durstinon“ Lippeverlauf bei Dorsten“, Dorsten 1996. – Bruno Larisch „Am Anfang war das Hohefeld“ in HK 1985. – Prof. Dr. Julius Evelt „Beiträge zur Geschichte der Stadt Dorsten und ihrer Nachbarschaft“ in „Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde Westfalens“, Münster, 1863/64, 1866. – Dr. Ludger Tewes „Die Stadt Dorsten im Spätmittelalter“ im VK 1986. – Verein für Orts- und Heimatkunde Dorsten „Kurze Geschichte der Stadt Dorsten“, Dorsten 1890.