Hervester Pfarrer wurde 1811 von Räubern gefesselt und ausgeraubt
Geboren 1728 in Hervest bis 1821 in Hervest. – Mit ihm kam 1766 nach mehr als 200 Jahren wieder ein gebürtiger Hervester auf die Pfarrstellte von St. Paulus. Dazu berichtet eine Urkunde aus der Pfarrchronik: „In diesem Jahr 1766 unterschrieb Pastor Schulte schon die Armenrechnung. Er war geboren zu Hervest auf Schulte Tenderichs Hof am 15 August 1728. Er war ein guter Pastor, ein gesunder und energischer Mann. Er resignierte als Pfarrer im Jahre 1812 und starb am 21. Januar 1821.“
Pfarrer beschwerte sich über den schlechten Gesang in der Kirche …
Franz Schulte Tenderich restaurierte während seiner Pfarrzeit das Pastoratsgut Schollbrock und ließ auch etliches in der Kirche verändern: die Bänke 1768, den Marienaltar, neuer Boden, neuer Tabernakel 1773/74, Verschönerungen 1777, Bilder von Coesfeld und zwei Engel 1800. Nachdem im Jahre 1788 eine Verordnung über die Landschulen im Hochstift Münster eingeführt worden war, musste der Pfarrer halbjährlich einen Bericht für die Schulkommission erstellen. In einem solchen Bericht aus dem Jahre 1789 stehen Einzelheiten zum Schulunterricht, zum Schulgebäude und über Lehrer sowie über den Kirchenbesuch in Hervest. Der Pfarrer beklagte sich über den schlechten deutschen Gesang in der Kirche und erklärte dies damit, dass die alten Leute nicht singen könnten und zu wenige junge Leute sonntags in der Kirche seien, da sie entweder nach Dorsten gingen, wo auch an Sonn- und Feiertagen Läden geöffnet hätten, oder während des Sommers an einer der unzähligen Prozessionen in den Nachbargemeinden teilnähmen.
… und über die Zügel- und Sittenlosigkeit der einquartierten Soldaten
Während der napoleonischen Zeit kam Hervest mit der Herrlichkeit Lembeck unter die Herrschaft der Fürstenhauses Salm-Salm, das beim Volk sehr unbeliebt war. 1806, zu Beginn des preußisch-französischen Kriegs, zogen am 10./11. Oktober französisch-niederländische Truppen mit 10.000 Mann durch die hiesige Region und quartierten sich für einen Tag auch in Hervest ein. Einzelne Häuser mussten bis zu 100 Mann aufnehmen, die sich mit Schafen, Hühnern und Kartoffeln der Bauern verpflegten. Der Rückmarsch der Truppen nach dem Frieden von Tilsit 1807 hatte noch gravierendere Auswirkungen, da er bis 1808 dauerte, die Bevölkerung wieder unter vielen Einquartierungen zu leiden hatte und die Forderungen der Soldaten als grenzenlos beschrieben wurden. Schulte Tenderich beklagte sich heftig über ihre Zügel- und Sittenlosigkeit. Im Jahre 1811 gelangte das Fürstentum Salm und damit auch Hervest in französischen Besitz. Unter der französischen Herrschaft änderte sich nicht nur die Verwaltung, sondern es wurde auch das französische Gesetz eingeführt, die Leibeigenschaft aufgehoben, die Dienste und Zahlungen an den Grundherren abgelöst sowie allgemein ein Loblied auf Napoleon gesungen.
Franz Schulte Tenderich resignierte an den Umständen der Zeit
Wegen all dieser politisch und gesellschaftlich sich verändernden Umstände resignierte Pfarrer Schulte Tenderich. Seit 1789 bewohnte er nicht mehr das alte baufällige Pastoratshaus, das damals an der Westseite des Gartens des alten Pastoratshofs (Schollbrock) lag. In einer Nacht des Jahres 1811 brach eine Räuberbande in das Pfarrhaus ein. Die Räuber fesselten den Pfarrer und raubten Wertgegenstände. Die Knechte flüchteten auf den Hausboden und riefen um Hilfe. Die Räuber drohten ihnen, sie würden sie töten, wenn sie noch weiter rufen sollten. Hätten die Knechte noch einmal gerufen, so wäre Hilfe gekommen. Es lag nämlich gerade in dieser Nacht ein Schiff auf der Lippe, direkt gegenüber dem Pfarrhaus. Die Schiffer hatten den Hilferuf gehört, wussten aber nicht, woher er kam, lauschten und warteten auf weitere Rufe, um zu helfen. Doch weitere Rufe kamen nicht, da die Knechte bedroht waren. Infolge der überstandenen Aufregung und wegen der allgemeinen Unsicherheit verließ Pfarrer Schulte Tenderich das Pastorat, verpachtete es für 90 Taler an einen Man namens Geldermann in Harsewinkel an der Lippe und zog in sein elterliches Haus im Dorf Hervest. Zum Nachfolger wurde 1811 Ferdinand Koppers aus Borken zum Pfarrer von St. Paulus berufen. Dieser starb bereits neun Monate später in Hervest. Daraufhin bat Pfarrer Schulte Tenderich die Patronatsherrschaft von Merveldt, ihn wieder einzusetzen, da er sich geistig und körperlich wieder besser fühlte. Doch von Merveldt lehnte ab. Bernhard Grothues aus Oelde wurde 1812 Nachfolger von Schulte Tenderich. Dieser lebte noch neun Jahre und starb dreiundneunzigjährig in Hervest.
Siehe auch: Marianische Bruderschaft
Siehe auch: Kirche St. Paulus
Siehe auch: Pfr. Johannes Tenderich
Siehe auch: Pfr. Heinrich Westermann
Siehe auch: Pfr. Johannes Heinrich Eming
Siehe auch: Pfr. Bernhard Grothues
Siehe auch: Pfr. Johann Konrad Freyssem
Siehe auch: Pfr. Augustin Stegemann
Siehe auch: Pfr. Joseph und Pfr. Heinrich Vissing
Siehe auch: Hervest