Er wollte Schriftsteller werden – als Soldat fiel er in den letzten Kriegstagen
1920 in Kirchhellen-Feldhausen bis 1945 in Russland vermisst; Petrinum-Schüler, Student der Zeitungswissenschaft, Soldat. – Wie sein Bruder Ludwig Schulte Strathaus (1913-2012) besuchte auch er das Gymnasium Petrinum in Dorsten, allerdings nicht lange, denn er wechselte irgendwann zum Gymnasium nach Gelsenkirchen-Buer, wo er 1938 das Abitur machte. Der Wechsel war nicht ganz freiwillig, wie sein Vater schriftlich überlieferte:
„Hermann lag das Feine, das Vornehme. In der Schule war er nicht der Beste, aber er absolvierte das Gymnasium glatt mit 18 Jahren. Er hatte ein ausgesprochenes Rechtsgefühl. Als ihm sein Direktor Feil eine Ohrfeige geben wollte, hielt ihm Hermann die Hand fest, schaute ihn scharf an und sagte nur: ,Herr Direktor, ich möchte doch sehr bitten!’ Da ließ der von seinem Vorhaben ab. Weil er (Hermann) aus gutem Grund die Rache dieses Herrn fürchtete, wechselte Hermann die Schule und ging von Dorsten nach Buer. Hier wurde er fertig.“
Dr. Georg Feil war von 1932 bis 1945 (nominell bis 1948) Direktor des Gymnasiums. Es sind etliche Vorfälle auch aus anderen Quellen bekannt, aus denen hervorgeht, dass Feil nicht nur als überzeugter Nationalsozialist agierte, sondern auch bekannt war für gewisse Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Schülern.
1945 im österreichischen Grenzgebiet vermisst und dann für tot erklärt
Nach dem Abitur 1938 studierte Hermann Schulte Strathaus – wie einst sein Bruder – in Münster Zeitungswissenschaften. Doch schon zwei Jahre später wurde er zur Wehrmacht eingezogen und an die Westfront nach Frankreich in Marsch gesetzt. Zuletzt war er bis 1944 auf der besetzten britischen Insel Jersey stationiert. Er hätte das Kriegsende sicher unbeschadet auf Jersey abwarten können, doch er meldete sich 24-jährig nach Weihnachten 1944 freiwillig an die Ostfront, wo er als Batterie-Leutnant in Bruck an der Leitha kämpfte. Im März 1945 erhielt die Familie den letzten Brief. Seither gilt er als vermisst. 1945 wurde er noch am Neusiedler See gesehen. Jahrelange Bemühungen über Suchdienste, sein Schicksal aufzuklären, blieben erfolglos. Vermutlich fiel er im April/Anfang Mai 1945 bei Abwehrkämpfen im österreichisch-ungarischen Grenzgebiet. Der junge Soldat wurde für tot erklärt. Hermann Schulte Strathaus, der abgebrochene Petrinum-Schüler, wollte Diplomat werden. Schriftstellerisch betätigte er sich schon früh. Sein Abiturzeugnis trägt den Vermerk: „Schulte Strathaus will Schriftsteller werden.“ Sicher hatte sein sieben Jahre älterer Bruder Ludwig hier eine Schrittmacherfunktion ausgeübt, denn dieser wurde Journalist, Schriftsteller und Diplomat.
„Sehnsucht nach Deutschland“ im Gedicht, das er seiner Mutter widmete
Als Hermann Schulte Strathaus auf der Kanalinsel Jersey stationiert war, schrieb er 1944 wohl zum Geburtstag seiner Mutter ein Gedicht, das er mit „Sehnsicht nach Deutschland“ überschrieb:
Ich habe Dich so lange nicht gesehen
Und bin so lange schon von Dir getrennt!
Wann kann ich endlich wieder zu Dir gehen,
um Dir zu zeigen, wie es in mir brennt?
Wie heiße Flammen rief in meiner Seele
Der Sehnsicht Glut auf’s neue stets entfacht,
Und wie ich, fern von Dir, mich nach Dir quäle
In dieser dunklen, einsam-stillen Nacht!
Doch einmal wird auch diese Stunde kommen,
Und aller Schmerz ist von Dir fortgenommen
Ein Glück wird sein, das ich noch nie gekannt –
Und ferne liegt, was mir das Herz beschwerte.
An diesem Tage, da zurück ich kehrte
Zu Dir, mein heilig, liebes Vaterland!
Familienforschung: Heinrich Schulte Strathaus, Vater von Ludwig (geb. 1913), Henriette (verh. Koch, geb. 1915), Toni (verh. Völker, geb. 1919), Hermann (geb.1920), Paul (geb. 1924), Maria (verh. Ries, geb. 1928), begann 1935 mit der Familienforschung. Maria Ries führt die genealogische Einordnung von Namen und Familien professionell weiter. – Unter den Schulte Strathaus befinden in den verschiedenen Familienzweigen und Generationen immer wieder hochgestellte Persönlichkeiten in allen Bereichen des gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und beruflichen Lebens. Stoßen Außenstehende auf den Namen Schulte Strathaus, dann mögen ihnen vielleicht zwei Personen dieses Namen geläufig sein: die Brüder Ernst und Ewald. Ernst Schulte Strathaus (1881-1966) war Literaturhistoriker, Goetheforscher und Schwiegersohn von Ina Seidel. Er stieg als Studienfreund des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess zum NS-Reichsamtsleiter im Münchner Braunen Haus und Reichskultursenator auf. – Ewald Schulte Strathaus erreichte als Abt Ildefons der 1000-jährigen Bendiktinerabtei St. Michael in Siegburg den Rang eins Bischofs. Beide sind zu dem hier porträtierten Hermann Schulte Strathaus Cousins 2. Grades.
Siehe auch: Ludwig Schulte Strathaus