Schürholz, Paul

Übergangslos Ratsherr des katholischen Zentrums, der NSDAP und der CDU

Bürgermeister Schürholz 1954 bei der Wiedererrichtung der Ursulinen-Klostergebäude

1893 in Dorsten bis 1972 ebenda; Kaufmann, Bürgermeister und Ehrenbürger. – Sein Name ist eng verknüpft mit dem Wiederaufbau der Stadt Dorsten nach der Zerstörung vom 22. März 1945. Sechzehn Jahre lang leitete der Kaufmann Paul Schürholz (Textilhaus Schürholz am Markt seit 1868) von 1948 bis 1964 als Bürgermeister (CDU) die Geschicke der Stadt. Neben dem „kleinen Walter“ hängt der „dicke Paul“, die größte Glocke im Turm von St. Agatha. Wenn sie über der Altstadt von Dorsten ertönt, erinnern ihre tiefen Schläge an Paul Schürholz, der die Glocke zu seinem 70. Geburtstag stiftete. Bei seiner Beerdigung stimmte der „dicke Paul“ ein zwanzigminütiges Trauergeläut an.  Seine Frau Rosemarie Schürholz, geboren 1959, starb 2014.

In der Nachkriegszeit großes Ansehen und politische Achtung erworben

Paul Schürholz vor seiner gestifteten Agatha-Glocke

Paul Schürholz vor seiner Glocke

Als Nachkriegsbürgermeister erwarb sich Schürholz Achtung und Ansehen. Er war der Manager des Wiederaufbaus. Daher war die Wieder-Entstehung Dorstens aus dem Trümmermeer der Zerstörung des letzten Krieges vorherrschendes Thema seiner Ansprachen, wobei er stets das Bild des „Phönix aus der Asche“ verwendete. Von Beruf war er Kaufmann und Inhaber des Textilkaufhauses am Markt. Da hatte er stets ein wachsames Auge darauf, dass die Geschäfte des Hauses, das er 1925 zusammen mit seinem Bruder übernommen hatte, gut liefen. Paul Schürholz pflegte auch das Gesellige, verbunden mit des traditionellen Werten der Väter. Er war Mitglied in unzähligen Vereinen, im Kirchenvorstand ebenso wie Oberst und auch mal König im Schützenverein, bis 1933 in der Zentrums-Partei, nach deren Verbot von 1934 bis 1945 Mitglied in der SA und von 1938 bis 1945 der NSDAP, deren Interessen er von 1933 bis 1945 im Stadtrat Dorsten vertrat.

Große Bundesverdienstkreuz und Ehrenbürger der Stadt Dorsten

Seine „Vereinsmeierei“ brachte ihm bei der Entnazifizierung nach dem Dritten Reich Probleme. Denn er war nicht nur Magistrat der NSDAP im Rat, sondern auch neun anderen NS-Vereinen angehörig. An seinem 70. Geburtstag  beschrieb der damalige Schützenkönig Pasterkamp 1963 die Bedeutung von Paul Schürholz: „Die Gnade des Himmels war es, die Ihre Talente wirksam machte für die große Gemeinschaft.“ Dieser Gemeinschaft galt stets das Streben des Kommunalpolitikers, zuerst im Zentrum, dann in der NSDAP, danach in der CDU. Als er 1963 das Große Bundesverdienstkreuz verliehen bekam, teilte er, den die Stadt zum Ehrenbürger machte, seine Devise mit: „Überall, wo Menschen in Not sind, haben wir uns einzusetzen im Sinne des Wortes: Wer nichts für andere tut, tut nichts für sich!“.

Rückblick:
Stadt unterschlug im Internet jahrelang seine NSDAP-Vertretung im Stadtrat

Auf der städtischen Informationsseite der Stadt Dorsten ist eine Rubrik anzuklicken, auf der über Dorstens Ehrenbürger/innen mit jeweils einer kurzen textlichen Darstellung informiert wird. Darunter auch Paul Schürholz mit dem Text:

„1963: Paul Schürholz (1893-1972), Kaufmann und ehemaliger Bürgermeister der Stadt Dorsten, war Mitglied der Zentrumspartei. An seinem 70sten Geburtstag wurde er für seine Verdienste um die Stadt Dorsten ausgezeichnet. Seit 1933 vertrat er die Zentrumspartei im Rat der Stadt Dorsten, 1948 wurde er zum Bürgermeister gewählt und bekleidete das Amt bis 1964. Er hat sich besonders um den Wiederaufbau der stark zerstörten Innenstadt verdient gemacht.“

Bemerkenswert in dieser Darstellung ist, dass darin seine Tätigkeit im Stadtrat offensichtlich falsch dargestellt ist. Schürholz wurde wohl als Zentrumsmitglied um März 1933 in den Stadtrat gewählt, vertrat aber nach Selbstauflösung des katholischen Zentrums am 5. Juli 1933, nachdem das Zentrum für das „Ermächtigungsgesetz“ Hitlers zugestimmt hatte, im Stadtrat NSDAP bis 1945. Etliche führende Zentrums-Mitglieder und bis dahin gewesene Mandatsträger fanden in Dorsten eine neue politische Heimat in der NSDAP. Schürholz stimmte in dieser Zeit auch anti-jüdischen Maßnahmen zu. Obwohl die Stadt mehrmals auf die falsche Darstellung über ihren Nachkriegsbürgermeister und Ehrenbürger informiert wurde, unterließ die Stadt jahrelang bis vor kurzem eine Berichtigung. – Wilhelm Schürholz übergab Ende 2023 drei große Kartons mit Aktenordnern, Dokumenten, Urkunden und Orden seines Vaters Paul Schürholz zur Aufbewahrung an das Stadtarchiv Dorsten. Darunter viele Unterlagen aus der Zeit, als der Vater von 1948 bis 1964 Bürgermeister der Stadt Dorsten war.

Siehe auch: Ausführliches Paul Schürholz-Porträt in www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de


Quellen: Schürholz-Dokumentationen im Staatsarchiv Duisburg (Entnazifizierung) und Militärarchiv Freiburg, – Geschichte des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 256 von Oberst a. D. Wolfgang von Wißmann, Traditions-Verlag Kolk und Co., Berlin 1936 Brockhaus Konversations-Lexikon, Leipzig 1908). – Eine Dorstener Dynastie | WAZ.de – http://www.derwesten.de/staedte/dorsten/eine-dorstener-dynastie-id3636694.html#plx941394730

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