Psychisch krank: Dorstenerin zerstört Sachen und wurde handgreiflich
Wenn sie die Medikamente nicht nimmt, verliert eine Dorstenerin die Kontrolle. Wegen mehrfacher Sachbeschädigung und Körperverletzung stand sie nun vor Gericht. – Als ein Bewohner einer städtischen Unterkunft an der Apostelstiege in Dorsten bemerkte, dass sich draußen vor der Haustür eine Frau an einem dort abgestellten Kinderwagen zu schaffen machte, informierte er sofort die im Obergeschoss wohnende Eigentümerfamilie über den Vorfall. Als die junge Mutter, ihre Schwester und ihr Bruder draußen die vermeintliche Diebin stellen wollten, wurde diese handgreiflich: Sie schlug der 27-jährigen Besitzerin des Gefährts ins Gesicht, kratzte sie heftig in die Wange, auch am Bauch wurde das Opfer getroffen, hieß es im Polizeiprotokoll. „Eigentlich ist meine Nichte ein ganz lieber Mensch“, erklärte die wegen eines weiteren Tatvorwurfs als Zeugin geladene Tante der 42-jährigen Täterin vor dem Dorstener Schöffengericht. „Zu dieser Zeit war sie aber mal wieder in ganz schlechter Verfassung.“ Und diese schlimme Phase Mitte 2022 und Anfang 2023 führte dazu, dass die Dorstenerin sich wegen gleich mehrerer Tatvorwürfe vor Gericht verantworten musste.
Sie leide unter einer Psychose, erklärte die mit einem Betreuer erschienene Angeklagte. Bis vor fünf Jahren sei ihr Leben gut verlaufen: Abi, Studium, Heirat – dann aber die Scheidung, die sie „aus der Bahn geworfen“ habe. Wie ihr Betreuer erklärte, sei die psychisch angeschlagene Frau zunächst zurück zu den Eltern gezogen, was aber wegen des äußerst labilen Zustands der Tochter nicht funktioniert habe. Schließlich kam die 42-Jährige in städtischen Obdachlosenunterkünften unter, zwischendurch immer mal wieder auch in der LWL-Psychiatrie in Herten.
Kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung
„Das ist immer ein Auf und Ab“, sagte er. Kommt sie medikamentös gut eingestellt aus Herten, gehe es ihr gut. Vergisst sie dann ihre Medikamente zu nehmen, ist der Absturz umso größer – und die Dorstenerin habe sich dann nicht mehr im Griff. Inzwischen sei sie deswegen bei den Ordnungsbehörden stadtbekannt. Angeklagt war sie wegen eines Einbruchs in einen Wohnwagen des Barkenberger Jugendzentrums Rottmannshof, wegen der Zerstörung eines Briefkastens und eines Gartenzauns. Einen Lieferwagen konnte sie deshalb stehlen und eine Spitztour mit ihm machen, weil der Besitzer den Schlüssel auf dem Fahrersitz vergessen hatte. Mit einer fremden EC-Karte ging sie laut Anklage Zigaretten holen, in einem Obdachlosenheim beschädigte sie demnach mehrere Einrichtungsgegenstände. Nach längeren Anlaufschwierigkeiten lebt die Beschuldigte nun in einer eigenen Wohnung, ist nach wiederholtem Klinikaufenthalt auch körperlich wieder in guter Verfassung. Der Betreuer bat das Gericht, der Frau nicht mit einem Urteil „den Boden unter den Füßen wegzuziehen“. Und alle Geschädigten erklärten im Gerichtsaal, dass sie auch angesichts der gesundheitlichen Hintergründe kein Interesse an einer Strafverfolgung hätten.
Verfahren eingestellt – aber Sozialstunden ableisten
So wurde das Verfahren schließlich wegen Geringfügigkeit eingestellt. Voraussetzung allerdings: Die Dorstenerin muss in den nächsten sechs Monaten jeweils 20 Stunden Sozialstunden ableisten und über ihren behandelnden Psychiater ein halbes Jahr per Testnachweise bestätigen lassen, dass sie regelmäßig ihre von der Klinik verschriebenen Psychopharmaka nimmt.
Siehe auch: Amtsgericht Dorsten
Quelle: Michael Klein in DZ vom 27. Juli 2024