Chaotische Winterkatastrophe im Norden – auch Dorsten war betroffen
In den Tagen Anfang Januar 2019 überraschte anhaltender Schneefall fast über Nacht weite Teile Oberbayerns. Es gab mehrere Tote auf Schneepisten, durch umstürzende Bäume und durch Lawinen. – Vor 40 Jahren gab es ähnliches in Norden Deutschlands bis ins Münsterland und Dorsten. Große Teile Nord- und Westdeutschlands versanken im Schnee. Ein erster Schneesturm legte ab dem 28. Dezember 1978 zunächst die Nordhälfte Schleswig-Holsteins und Rügen/Usedom sowie das angrenzende Festland in Mecklenburg-Vorpommern lahm, bevor der extreme Kaltluftvorstoß bis zum Jahreswechsel auch den Westen Deutschland und abgemildert auch das übrige Deutschland erfasste. Mitte Februar 1979 wiederholte sich die gefährliche Lage mit einem mehrtägigen Schneesturm, der fast ganz Norddeutschland meterhohe Schneeverwehungen brachte. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen und mehrere Menschen kamen ums Leben. Einen weiteren kleineren Schneesturm gab es Mitte März 1979 und sogar Anfang Mai meldete sich noch mal kurz der Winter zurück.
Blitzschneller Temperatursturz mit chaotischen Folgen
Was war passiert? Tatsächlich warnte der Wetterdienst im Dezember 1979 vor einem Sturmhochwasser an der Ostseeküste. Von starken Schneefällen und Verwehungen war aber nicht die Rede. Doch blitzschnell stellte sich das Wetter um: Von Osten strömte extreme Kaltluft ins Land, in kürzester Zeit sanken die Temperaturen um bis zu 20 Grad in den zweistelligen Minusbereich. Gleichzeitig war es im Süden Deutschlands extrem mild. Die sehr milde Luft schob sich im Übergangsbereich der Luftmassen auf die sibirische Kälte im Norden. Starke Niederschläge gab es in großer Höhe als Regen, der in Bodennähe oder beim Auftreffen auf Gegenstände gefror. Vereisungen waren die Folge. Dann setzte ein massiver, bis dahin nicht gesehener Schneefall ein. Zeitgleich tobte ein Sturm über dem Norden. Innerhalb einer Minute ging der mäßige Regen in extrem starken Schneefall über. Trotz der vorhandenen Nässe dauerte es keine fünf Minuten, bis der Boden komplett weiß war. Am Abend steckten die ersten Fahrzeuge im Norden in Schneeverwehungen fest, am nächsten Morgen lag auch das Münsterland lahm.
In Dorsten schulfrei und 300 Tonnen Salz auf den Straßen verstreut
In Dorsten war dieser 1978/79er-Winter härter als in den Vorjahren und auch kälter als in dieser Klimaregion üblich. Auch hier sank das Thermometer in den zweistelligen Minusbereich, wenn auch erst am 30. Dezember 1978. Der Dortmunder Flughafen stellte seinen Betrieb ein, Autos blieben im Schnee stecken, in Dortmund erfror ein Mann vor seinem Haus und in Dorsten gab es hohe Schneeverwehungen. Die Dorstener Lokalausgabe der Ruhr-Nachrichten (heute DZ) berichtete Anfang Januar, dass die Zeitungsboten in den dörflichen Außengebieten wie Altendorf-Ulfkotte, Lembeck-Wessendorf, oder Gahlen-Besten im Schnee stecken blieben. Und dass der Stadtreinigungsbetrieb Dorsten jeden Tag „mit 50 Mann und 17 Spezialfahrzeugen unterwegs war und in vier Tagen 300 Tonnen Salz auf die Straßen streute“ – so viel wie noch nie (DZ). Dem Wesel-Datteln-Kanal drohte die Eissperre und die Schneeglätte sorgte für viele Verkehrsunfälle am 8. Januar 1979. Die Schulferien, die am 9. Januar 1979 beendet waren, wurden verlängert. Nach einer Normalisierung des Winters fegte Mitte Februar 1979 erneut ein schwerer Schneesturm über den Norden und Ausläufer über Dorsten hinweg, der nächste Mitte März. Es war in Dorsten und Norddeutschland der seit 100 Jahren mit Chaos begleitete härteste Schneesturm. Erst wieder 2005 gab es wieder einen solchen verheerenden Schneesturm, der in Dorsten und im Münsterland innerhalb weniger Stunden Dächer wegriss und Bäume durch die Luft wirbelte.
Siehe auch: Schneesturm 2021
Siehe auch: Wetter (Essay)
Quellen: Rickmer Flor, t-online, 2013. – DZ vom 29. Dez. 2019. – Unwetter-Information Katastrophenschutz, März 1979. – Verschiedene dpa-Meldungen zwischen Dezember 1978 und März 1979.