Schlüter, Benno

Sein Sieg in der Luft brachte ihm den Tod auf dem Boden in West-Flandern

Deutsches Flugzeug Fokker D.XIIf im Ersten Weltkrieg

Deutsches Flugzeug Fokker D.XIIf im Ersten Weltkrieg

Von Wolf Stegemann – 1894 in Dorsten bis 1916 in Middelkerke/Belgien; Marine-Frontflieger. – Er ist der einzige Dorstener, der vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Prüfung zum Flugzeugführer bestanden hatte. Er war noch Schüler des Gymnasium Petrinum, als er am 7. März 1913 nach einer Prüfung das AA FAI-Patent Nr. 399 der deutschen Serie von 1905 ausgehändigt bekam. Daher gehörte der Dorstener Benno Schlüter zu den so genannten „Alten Adlern“. Das ist der Kreis von etwa 800 Männern und Frauen, die vor dem Ersten Weltkrieg die Prüfung als Piloten und Pilotinnen bestanden haben.

Benno Schlüter erhielt viele Preise und hatte zahlreiche Erfolge

Benno Schlüter machte 1914 das Abitur. Er war begeisterter Flieger. Seine Ausbildung zum Flugzeugführer erhielt er in der Fliegerschule des bekannten Gradefliegers Georg Mürau auf dem Flugplatz Gelsenkirchen-Essen-Rotthausen auf einem Hans-Grade-Eindecker. Später ging er zur „Centrale für Aviatik“ nach Hamburg. Auf den „Hansa-Tauben“ dieser Gesellschaft errang Benno Schlüter im Frühjahr 1914 und im Sommer desselben Jahres kurz vor Kriegsausbruch zahlreiche Erfolge und Preise. So bestritt er unter anderem den Ostmarkenflug 1914 erfolgreich, und beim Dreiecksflug Johannisthal-Leipzig-Dresden Ende Mai und Anfang Juni 1914 betrug die Gesamtsumme der von ihm errungenen Preise mehr als 2.400 Mark. Auch bei der Industriegebiet-Flugwoche, kurz vor Ausbruch des Weltkrieges, auf dem Flugplatz Gelsenkirchen-Essen-Rotthausen, zeigte er wieder sein Können und erhielt mehrere Preise zuerkannt. Benno SchlüterBenno Schlüter stellte sich bei Kriegsausbruch der Heeresverwaltung zur Verfügung und wurde dem freiwilligen Marine-Fliegerkorps zugeteilt. Aufgrund seiner Vorkriegsflugerfahrung wurde er Deckoffizier mit dem Rang eines Flugmeisters. Er gehörte der I. Marine-Feldflieger-Abteilung an. Oft flog er mit den Flugmeistern Walter Ilges von der Marine-Fliegerabteilung I und Ewald Brandt, die ohne Befehl erstmals über London kreisten und Bomben abwarfen. Eingesetzt war Benno Schlüter zum Küstenschutz in Flandern. Am 29. Juli 1915 flog er als Vize-Feldwebel in einer Albatros DD S.140 (Albatros C.I) mit dem Ober-Bootsmannsmaat Majewski einen Angriff auf die Pulverfabrik Marquise bei Calais und warf 90 Kilogramm Bomben ab. Für kühne Kriegsflüge über den feindlichen Stellungen erhielt er bald das Eiserne Kreuz II. Klasse. Da er bei späteren Flügen noch oft seine Entschlossenheit, Tapferkeit und Umsicht bewies, wurde er auch noch mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet.

Tragischer Tod im Drahtverhau

Am 4. Mai 1916 fiel der damals bekannte und heute nur noch in nostalgischen Fliegerkreisen bekannte Zivil-Flieger Benno Schlüter. Als er am Morgen des 4. Mai 1916 von einem Kriegsflug über Linien des Gegners in Flandern zurückkehrte, wurde er von einem englischen Kampfflugzeug attackiert, das zu einer Staffel gehörte, die den Hafen von Oostende angriff. Zwischen beiden Flugzeugen kam es in 1.500 Metern Höhe zu einem äußerst hartnäckigen Luftkampf, in dessen Verlauf Benno Schlüter das englische Flugzeug, eine Caudron IV – Seriennummer 9118, durch Abschuss am Strand von Middelkerke zum Absturz brachte. Daraufhin landete Schlüter in der Nähe der Absturzstelle, um seinen „Luftsieg“ so schnell wie möglich von Nahem zu sehen und das feindliche Flugzeug nach wichtigen Meldungen abzusuchen. Er lief auf das abgestürzte Flugzeug zu und musste dabei am Strand einen mit Drahtverhauen versehenen deutschen Verteidigungsgraben überwinden. Dabei entzündete sich eine elektrische Mine, die dem 22-jährigen Dorstener 30 Meter vor dem von ihm abgeschossenen Flugzeug den sofortigen Tod brachte. Der kanadische Pilot in der englischen Maschine erlag seinen Verletzungen sieben Tage später am 11. Mai 1916. Wie der Dorstener Benno Schlüter ums Leben kam, geht aus den Tagebuchaufzeichnungen seines Fliegerkameraden Erich Ewald, ebenfalls Mitglied der MFFA 1, hervor.

Beerdigungsfeld mit Schlüters Grab in Vladslo

Beerdigungsfeld mit Schlüters Grab in Vladslo

Beide Männer, der Kanadier Flight Sub Lieutenant Kenneth Marsden vom 5 Wing {Flügel} RNAS (Royal Naval Air Service – Königlicher Marine-Flugdienst, Vorläufer der 1918 gegründeten Royal Air Force) und der Dorstener Marinepilot Benno Schlüter, wurden Seite an Seite mit vollen militärischen Ehren auf dem Friedhof von Westende bestattet. Ein schwarzer Doppeldecker flog während der Zeremonie Ehrenrunden über dem Friedhof. Benno Schlüter wurde später auf den deutschen Soldatenfriedhof bei Vladslo überführt (Endgrablage: Block 1 Grab 1084). Der kanadische Pilot Kenneth Marsden, der aus Chatham-Kent in der Provinz Ontario stammte, auf den englischen Soldatenfriedhof Ingoyghem in Anzegem.

Salomon Oppenheimer widmete Benno Schlüter ein Gedicht

Der Dorstener jüdische Kaufmann Salomon Oppenheimer (1850 bis 1932) war ein glühender Patriot. 1917 ließ er ein Gedicht auf einer Postkarte drucken und schickte den Verlaufserlös an den Fonds der Ludendorff-Spende. Oppenheimer schrieb für die „Dorstener Volkszeitung“ Gedichte, in denen er die Soldaten als Helden verehrte. Als Benno Schlüter zu Tode kam, verfasste er auch ein Gedicht auf ihn, das die Volkszeitung am 23. Mai 1916 veröffentlichte, Der Titel lautete: „Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben“ und das folgende Gedicht:

In des Maien heit’rer Mittagsstunde
Traf erschütternd uns die Kunde,
dass Du kühner, herrlicher Pilot
starbest jäh den Heldentod.

Hier, wo Deine Wiege stand,
Ward Dein Nam’ mit Stolz genannt.
Doch noch weiter drang der Ruhm
Von dem jungen Heldentum.

Unvergleichlich wird der Anblick sein:
Hoch in Lüften – Segler Du im Abendschein!
Tücher winken! Jubelrufe schallen!
„Heil Dir Benno!“ hört man’s weithin hallen.

Jüngst noch warest Du in unsrem Kreise,
Schweigsam – wie es Heldenweise;
Heldenjüngling! Alle Blicke schauten
Kreuze zwei, die uns erbauten.

Gestern, Jüngling, kühn in hoher Luft,
Sahst dem Tod ins Auge wie zuvor;
Stehest heute vor Walhallas Tor.
Ruhe sanft – in kühler Gruft!

Wenn der Dorstener Benno Schlüter auch nicht so prominent war wie andere Kampfflieger, deren Abstürze im Heeresbericht Erwähnung fanden, so berichtete der im übrigen faktenungenaue Heeresbericht des Größen Hauptquartiers am 4. Mai 1916 zwar den Luftkampf in Oostende und das von Schlüter abgeschossene feindliche Flugzeug in Middelkerke, den Tod Schlüters aber nicht. Irrtümlich wird der feindliche Pilot als Franzose bezeichnet. Schlüters Tod wurde vermutlich deshalb nicht erwähnt, weil die Umstände seines Todes aus der damaligen Sicht nicht in das propagierte deutsche Heldentum passten.

Großes Hauptquartier, 4. Mai. Westlicher Kriegsschauplatz:

„Im Abschnitt zwischen Armentieres und Arras herrschte stellenweise rege Gefechtstätigkeit. Der Minenkampf war nordwestlich von Lens, bei Souchez und Neuville besonders lebhaft. Nordwestlich von Lens scheiterte ein im Anschluss an Sprengungen versuchter englischer Vorstoß. Im Maasgebiet erreichte das beiderseitige Artilleriefeuer am Tage zeitweise große Heftigkeit, zu der es auch nachts mehrfach anschwoll. Ein französischer Angriff gegen unsere Stellungen auf dem von der Höhe ,Toter Mann’ nach Westen abfallenden Rücken wurde abgewiesen. Am Südwesthange dieses Rückens hat der Feind in einer vorgeschobenen Postenstellung Fuß gefaßt. Von mehreren feindlichen Flugzeugen, die heute in der Frühe auf Ostende Bomben abgeworfen, aber nur den Garten des Königlichen Schlosses getroffen haben, ist eines im Luftkampf bei Middelkerke abgeschossen. Der Insasse, ein französischer Offizier, ist tot. Westlich von Lievin stürzten zwei feindliche Flugzeuge im Feuer unserer Abwehrgeschütze und Maschinengewehre ab. In der Gegend der Feste Vaux wurden zwei französische Doppeldecker durch unsere Flieger außer Gefecht gesetzt.“


Quellen:
Frontflieger – Die Soldaten der deutschen Fliegertruppe 1914 – 1918 (Online, 2011). – The Aerodrome-Forum (Online, 2011). – Informationen von Thomas Pietsch, Hamburg (2011). – Tagebuch Erich Ewald (unveröffentlicht). – Information Manfred F. Zuerl, „Flugsport“, Jahrgang VIII, 1916 „Tod des Fliegers Benno Schlüter“ (2011). – Bundesarchiv Freiburg KTB der Landflieger-Abteilung. – Informationen von Michael Schmeelke.

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