Wie ein 1911 erbautes Mietshaus in Holsterhausen zu diesem Namen kam
W. St. – Der Grund, warum der Volksmund dem Mietshaus mit der Hausnummer 80 in der Holsterhausener Freiheitsstraße/Ecke Mittelstraße den Namen „Schloss Pippi“ gegeben hat, mag heute zum Schmunzeln anregen. Damals hieß die Straße noch Kaiser-Wilhelm-Straße und das Haus hatte die Nummer 25. Der Name verbreitete sich in Holsterhausen und überdauerte die Generationen bis heute.
Das 1911 von Stephan Mikolajczak gebaute Mietshaus mit großen Fenstern, einem Kolonialwarengeschäft und einer Gastwirtschaft hatte stattliche Ausmaße. Über der Haustür, zu der einige Treppenstufen führten, prangte ein steinerner Söller. Sicher sah das Haus in seinen besten Jahren herrschaftlich aus. Allerdings war der Grund, warum es den Namen „Schloss Pippi“ abbekam, alles andere als vornehm. Wie damals üblich, gab es im Haus selbst keine Toiletten. Die Plumpsklos waren in Verschlägen im Hof aufgereiht. Nun ist es vielleicht verständlich, dass die Bewohner bei menschlichen Bedürfnissen lieber in der Wohnung ihren Nachttopf unterm Bett hervorholten, als bei Wind und Wetter, bei Tag und Nacht eines der Plumpsklos aufzusuchen. Der Mensch neigt auch leicht zur Bequemlichkeit, so auch die Bewohner dieses Mietshauses. Denn bald sprach es sich in der Nachbarschaft herum, dass Nachttöpfe auch aus den Fenstern von oben in den Hofentleert ausgekippt wurden, so es der Inhalt zuließ, und in der Hoffnung, dass dies keiner sieht. Passanten und Nachbarn sahen das aber. Und so kam es, wie es kommen musste: Im Volksmund hatte das Haus seinen Namen weg: „Schloss Pippi“.
Mit dem Haus verbindet der damals in der Nähe wohnende Gregor Duve eine Erinnerung, als er gerade elf Jahre alt war. Sein Vater, Leo Duve, gehörte zu dem Maurern, die 1911 das Haus bauten. 1948 wurde im Hof von „Schloss Pippi“ ein Schwein geschlachtet. Das Schlachtermesser bereits im prallen Hintern steckend, entkam das Tier dem Metzger und lief quiekend und grunzend durch den offenen Durchgang des Hauses auf die Freiheitsstraße. Der Metzger und andere rannten dem Schwein hinterher und fingen es wieder ein. 1979 brannte der Eckteil mit dem Eingang des Hauses ab. Der rechte und der linke Flügel blieben stehen. Der große Durchgang zum Hof ist auch noch da, in dem Jahrzehnte zuvor Bewohner die Plumpsklos verschmäht hatten.