Oberschlesier blieben ihrer Heimat kämpferisch treu
Dorsten übernahm 1958 die Patenschaft über die in der Bundesrepublik zerstreut lebenden ehemaligen Einwohner der oberschlesischen Stadt Rybnik, die alle zwei Jahre (erstmals 1961) in Dorsten ihr Heimattreffen feierten. Zu diesen Heimattreffen kamen in den 1980er-Jahren noch bis zu 400 ehemalige Rybniker mit ihren Familien in den Saal Kleinespel auf der Hardt. 1882 geriet das Heimattreffen wegen rechtsextremer Forderungen des Festredners Dr. Stoll in die regionalen Schlagzeilen sowie in das Visier des Verfassungsschutzes. Ein Jahr darauf referierte Dr. Herbert Hupka (CDU-MdB) mit markanten Aussagen. Er appellierte unter Bravo-Rufen an die Festgäste, sie sollten „kämpferische Oberschlesier und deutsche Patrioten“ sein. Man müsse für die Wiedervereinig mit den deutschen Ostgebieten friedfertig kämpfen, „denn der Reichtum des deutschen Volkes ist die Einigung der deutschen Stämme“. Hupka regte an, das christliche 4. Gebot mit einem Zusatz zu ändern: Nicht nur Vater und Mutter sollten geehrt werden, sondern auch deren Heimat. Zum Schluss seiner forschen Rede wurde Hupka gemütlicher, als er den Teilnehmern für die nächsten Stunden gute Gespräche wünschte: „Eine große schlesische Tugend ist das Labern!“ (Labern lt. Duden: „einfältiges Reden“). Zu den Treffen der folgenden Jahre waren nicht mehr Festredner eingeladen, die so markante Feststellung getroffen haben wie die beiden Redner von 1982 und 1983. Im alten Gebäude an der Bochumer Straße, in dem das Gymnasium Petrinum untergebracht war, ist eine kleine Dauerausstellung mit Fotos und Zeichnungen Rybniker Stadtansichten untergebracht. Seit 1994 gibt es eine Städtepartnerschaft mit Rybnik.
Versöhnung ist das Ziel aller
Zwischen dem Freundeskreis Rybnik in Dorsten, der auf der Städtepartnerschaft mit Rybnik begründet ist, und dem Vertriebenenverband der Rybniker gab es anlässlich des 21. Heimattreffens der Rybniker in Dorsten 1997 eine öffentlich ausgetragene Kontroverse. In einer gemeinsamen Sitzung des Heimatbundes Rybnik und des Freundeskreises Rybnik mit Bürgermeister Dr. Zahn (Dorsten), Ratsmitgliedern und dem Bürgermeister von Rybnik, begründete der Vorsitzende des Dorstener Partnerschaftsvereins Rybnik, Dr. Thelen, seine Ablehnung, mit den Heimatvertriebenen mangelhaft oder gar nicht kooperieren zu wollen. Sein Verein bewältige die Zukunft und die „anderen“ die Vergangenheit. Zudem gäbe es in Rybnik eine deutsche Minderheit von nur noch 1,5 Prozent. Beide Vereine hätten unterschiedliche Ziele. Er, Thelen, wolle „die Versöhnung“. Bürgermeister Dr. Zahn wies „solche Töne“ des Dorstener Freundeskreises Rybnik zurück und meinte, als Freundeskreis Rybnik müsse man auch denen gastfreundlich gegenüberstehen, die als Deutschstämmige zum Heimattreffen nach Dorsten gekommen seien. Rybniks Bürgermeister Makosch erklärte, dass in Rybnik heute kein Unterschied mehr gemacht werde zwischen den Zielen der Heimatvertriebenen und denen der heutigen Jugend. Versöhnung sei das Ziel aller. Dazu gehörten auch die Heimatvertriebenen und das Bekenntnis zur deutschen Geschichte in Polen und zur polnischen Geschichte. Die Menschen, die mit Rybnik ihre Heimat verloren hätten, müssen diesen Verlust notwendigerweise für die Gegenwart dokumentieren, damit die Zukunft versöhnlicher sei. – Im Jahre 2008 wurde am Dorstener Rathaus eine Gedenktafel zum 50. Jahrestag der Patenschaft mit Rybnik angebracht und zeitgleich eine Tafel in Rybnik.
Goldene Stadtplakette für Walter Heidrich
Für seine Verdienste um die Bundesheimatgruppe Rybnik verlieh Ende 2011 der Rat der Stadt Dorsten dem Dorstener Walter Heidrich die Goldene Stadtplakette. Heidrich gehörte seit 1928 dem Vertrauensrat der Bundesheimatgruppe Rybnik an, seit die Stadt die Patenschaft für die ehemaligen Bewohner der polnischen Stadt übernommen hat. 27 Heimattreffen der Rybniker haben seither in Dorsten stattgefunden. Walter Heidrich hat sie stets mit organisiert und ist seit 2005 auch Vorsitzender der Gruppe. Zugleich hat Walter Heidrich den Kontakt zum Deutschen Freundeskreis in Rybnik gehalten.
Quellen:
WAZ vom 29. und 30. November 1982. – RN vom 30. November 1982. – RN vom 19. September 1983. – DZ vom 15. September 1997.