2024: Erfolgreiche Klage vor Gericht gegen Dorstener Welpenhändler
Wegen eines Facebook-Posts verklagte TV-Promi Martin Rütter den Dorstener Welpenhändler Hubert Winkel, denn Rütter sah sich und seine Familie durch ihn bedroht. – „Unsere Welpen wollen nur spielen am liebsten mit Ihrer Mutter und Ihrem Vater so sind Welpen nun mal Tollpatschig und unerfahren, deswegen ist es wichtig lange bei seinen Eltern zu bleiben gilt auch für Menschen .“ Dieser Post (unkorrigiert) vom 8. Mai 2023, garniert mit einigen Emojis und verknüpft mit einem TikTok-Video spielender Hundewelpen findet sich nach wie vor auf der Facebook-Seite „W-exclusiv“ – ein Account des umstrittenen Dorstener Welpenhändlers Hubert Winkel. Es ist allerdings eine bearbeitete und verkürzte Version des Original-Posts, um den es am 20. November 2024 vor dem Schöffengericht in Dorsten ging. Die ursprüngliche Version beinhaltete die Privat-Adresse des TV-bekannten Hundetrainers. Und statt „Mutter“ stand dort „Rutter“. Rütter sah in dem Post eine Bedrohung für sich und seine Familie.
Reportage mit dem Titel „Das gnadenlose Geschäft mit den Welpen“
Die Vorgeschichte ist lang: Jeder, der sich mit Tierschutz beschäftige, kenne Hubert Winkel, sagte Martin Rütter am 20. November im Gerichtssaal aus. Seit rund 20 Jahren beobachtet Rütter Winkels Geschäft mit Hundewelpen. Im Rahmen seiner Recherchen seien er und sein Team immer wieder auf Geschädigte gestoßen, die nicht öffentlich sprechen wollten, weil sie angeblich von Winkel bedroht worden seien, so Rütter. Dann veröffentlichte Rütter eine TV-Reportage mit dem Titel „Das gnadenlose Geschäft mit den Welpen“ und es kam bei einer Live-Show von Rütter Ende April 2023 auf großer Bühne in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf vor Publikum zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen ihm und dem Dorstener Hundehändler.
„Die Vorgehensweise von Herrn Winkel ist immer sehr massiv“, schilderte der 51-jährige TV-Promi mit eigener Produktionsfirma die Situation. Seine jüngste Tochter (16) sei während der Show in der Halle gewesen. Familienmitglieder hätten geweint und sich gesorgt, dass die Situation eskaliert, so Rütter. Selbst die Richterin sagte später in der Urteilsbegründung: „Der Auftritt hat große Wellen geschlagen.“ Die Szenen auf der Bühne habe „jeder gesehen, der einen Hund hat. Das war relativ heftig“.
Redaktion der Dorstener Zeitung (DZ) bekam Hinweise
Winkel habe vor dem Post auf vielen Ebenen versucht, die Ausstrahlung der Reportage zu verhindern und auch wettbewerbsrechtlich gegen ihn vorzugehen, so Rütter. „Es gibt regen Schriftverkehr zu allen möglichen Dingen.“ Wenige Tage nach dem Auftritt, am 8. Mai, erhielt die DZ-Redaktion von Martin Rütter Hinweise auf den Post mit Rütters Privatadresse. Rütter: „Meine Tochter hat das sehr ernst genommen.“ Und er habe die Ängste seiner Kinder sehr ernst genommen, so Rütter. Dass nach dem Facebook-Post ungebetene Gäste an seiner Privatadresse „gelungert“ hätten, könne er allerdings nicht sagen.
Hubert Winkel ließ zunächst über seine Anwältin ausrichten, dass der Post möglicherweise auf einem PC in seiner Welpenstube erstellt worden sein könne, „aber er ist nicht von Herrn Winkel selbst gemacht worden“. Der PC sei für Mitarbeiter und Familienmitglieder frei zugänglich und zu der Zeit nicht passwortgeschützt gewesen, so Winkel.
Mitarbeiter könnten darüber beispielsweise bestellen, so Winkel. „Ich muss ja nicht jede Schüppe bestellen.“ Möglicherweise hätten sogar Kunden, wenn Mitarbeiter abgelenkt gewesen seien, auf den Rechner und den Account zugreifen können, so Winkel. TikTok-Einträge würden nur von seiner Tochter erstellt. „Ich wüsste gar nicht, wie ich da reinkommen sollte. Die macht so einen Kinderkram.“ Mittlerweile sei der Rechner gesichert.
Durch den Facebook-Post sei eine „abstrakte Gefahr“ entstanden
Beim Staatsanwalt kam Winkel mit dieser Erklärung nicht durch. Es gebe ein „herausstechendes Motiv“ für Winkel, einen „enormen zeitlichen Zusammenhang“ und der Angeklagte habe eine „Täterpersönlichkeit“, so der Staatsanwalt. Im Bundeszentralregister finden sich sechs Voreintragungen bei Winkel, unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs, Hehlerei, Diebstahls, Vergehen gegen das Tierschutzgesetz sowie Steuerhinterziehung. Rütter habe mit Winkel Streit gehabt, nicht mit seinen Mitarbeitern oder seinen Kindern, so der Staatsanwalt: „Wir lassen uns schlicht und einfach nicht für dumm verkaufen.“ Durch den Facebook-Post sei eine „abstrakte Gefahr“ entstanden, nicht nur für die körperliche Unversehrtheit Rütters und seiner Familie, sondern auch für Sachwerte. Denn der Post hätte auch zu Beschädigungen wie Graffiti führen können: „Es gibt immer irgendwelche Verrückten.“ – Der Staatsanwalt forderte fünf Monate Haft, die nach den vier bisherigen Bewährungsstrafen für den Angeklagten nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. „Wir können uns kein fünftes Mal erlauben.“
Verteidigerin forderte Freispruch, doch das Gericht verhängte eine Strafe
Die Verteidigerin sagte, man könne Winkel nicht nachweisen, dass er den Post erstellt habe. Sie sprach von einer Hetzkampagne gegen ihren Mandanten, dessen Straftaten „Ewigkeiten her“ seien. Sein Unternehmen werde regelmäßig von Behörden geprüft, aber „dauernd in den Schmutz getreten“. Die Vorwürfe belasteten die Familie Winkel, so die Rechtsanwältin, die einen Freispruch forderte.
Das Schöffengericht urteilte anders: Wegen des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten wurde Winkel zu fünf Monaten auf Bewährung verurteilt. Er muss sich straffrei führen, die Kosten des Verfahrens tragen und eine Geldbuße von 3600 Euro an den Tierschutzverein Dorsten zahlen. Mit einer Entschuldigung, so die Richterin, hätte Winkel die Sache möglicherweise aus der Welt schaffen können. Die Familie Rütters lasse sich mittlerweile schützen, so die Richterin, die den Facebook-Post „ziemlich perfide“ nannte und Winkel ebenso wie die beiden Schöffen nicht geglaubt habe, dass jemand anderes den Post erstellt habe. Die Taten Winkels wiesen auf ein „Gewaltpotenzial“ hin. Eine Strafe ohne Bewährung komme für das Gericht hingegen nicht infrage, weil die letzte Tat Winkels (Steuerhinterziehung) bereits 2006 erfolgte. – Winkels Anwältin deutete bereits an, Berufung gegen das Urteil einzulegen.
Quelle: DZ vom 21. November 2024