Fast alles spricht für ein Überangebot, Zeitverzüge und fallende Preise
Der Preis für die weltweit wichtigste Rohölsorte Brent ist am 6. Dezember 2024 weiter gefallen – um 0,7 Prozent auf gut 71 Dollar pro Fass (159 Liter). Ein bemerkenswerter Vorgang. Denn am Tag zuvor hatte das Förderkartell Opec+ beschlossen, die Gewinnung des Grundstoffs für Sprit, Heizöl und Plastik weiterhin sehr knapp zu halten. Und zwar über einen deutlich längeren Zeitraum als Experten erwartet hatten. Was eigentlich ein Signal für steigende Preise sein müsste. Dass sie dennoch fallen, zeigt, dass die erweiterte Opec in einer Klemme steckt.
Rohöl-Markt wird „im nächsten Jahr überversorgt“ sein
Das Bündnis mit Saudi-Arabien und Russland an der Spitze hält bereits seit 2022 enorme Mengen Rohöl zurück, um Preise zu stabilisieren. Insgesamt bleiben die Erdölproduzierer, die für etwa die Hälfte des globalen Angebots stehen, um knapp 5,9 Millionen Fass pro Tag unter ihren Möglichkeiten. Frühestens im April soll begonnen werden, die Fördermengen vorsichtig hochzufahren. Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank, meint aber, dass auch nach den aktuellen Beschlüssen des Kartells der Markt „im nächsten Jahr überversorgt sein“ wird. Die Gründe für die Schwemme: Nicht nur in einigen europäischen Ländern, sondern insbesondere in China läuft die Konjunktur alles andere als rund. Doch es gibt in der Volksrepublik auch längerfristige Tendenzen: Durch den Boom in der Elektromobilität geht die Nachfrage nach fossilem Sprit zurück.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass Nicht-Opec-Staaten wie zum Beispiel Brasilien die Förderung heftig hochfahren. Im besonderen Maß gilt das für die USA, die inzwischen der weltgrößte Öl- und Gasförderer geworden sind. Wird das Szenario mit dem beständigen Öl-Überangebot Wirklichkeit, können sich die Autofahrer in den nächsten Monaten über Abschläge freuen, denn die Spritpreise folgen mit etwas Zeitverzug den Bewegungen am Rohölmarkt.
Quelle: Frank-Thomas Wenzel in RN (DZ) vom 7. Dezember 2024