Mehr Rente für 21,5 Millionen Rentner, viele offene Fragen darüber
Im Kreis Recklinghausen leben etwa 145.000 Rentner. Sie wie alle Rentner in der Bundesrepublik bekommen ab Sommer 2024 einige Euro mehr. Allerdings könnte das Sparprogramm der Bundesregierung daran noch etwas ändern. Eines scheint bei der Rente 2024 trotz der geplanten Kürzungen im Sozialetat des Bundeshaushalts sicher: Die rund 21,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner können sich über die steigenden Bezüge freuen. Aber es gibt auch Unsicherheiten – ein Überblick:
Höhere Renten: Rund 3,5 Prozent dürfte die Rentensteigerung im Juli bundesweit betragen. Hauptgrund ist die positive Lohnentwicklung. Bei einer Rente von 1000 Euro dürfte die Steigerung also etwa 35 Euro betragen. Wie hoch die Steigerung genau ausfällt, wird im Frühjahr anhand der dann feststehenden genauen Daten hierzu festgelegt. Auch für die kommenden Jahre sind Rentensteigerungen zu erwarten – und zwar in Höhe von 2,6 bis drei Prozent, wie die Rentenversicherung bereits im Herbst vorausgesagt hatte.
Auswirkungen von geringen Zuschüssen: Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bleibt 2024 stabil bei 18,6 Prozent. Nach von der Rentenversicherung im Herbst 2023 vorgestellten Modellrechnungen sollte der Satz bis 2027 unverändert bleiben. Doch im Zuge von Einsparungen im Bundeshaushalt will die Regierung den Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung 2024 um 600 Millionen Euro kürzen. Laut Rentenversicherung könnte der Beitragssatz deshalb doch früher als bisher gedacht steigen. Denn eine Kürzung der Zuschüsse habe einen schnelleren Abbau der Reserve der Rentenkasse zur Folge. Die Präsidentin der Rentenversicherung, Gundula Roßbach, kritisierte deshalb die geplante Kürzung der Zuschüsse: „Das ist keine verlässliche Finanzierung.“
Reguläre Altersgrenze steigt: Auf 66 Jahre steigt zu Beginn des Jahres die reguläre Altersgrenze. Und zwar gilt das für Versicherte, die 1958 geboren wurden. Für diejenigen, die später geboren wurden, erhöht sich das Eintrittsalter in Zwei-Monats-Schritten weiter. Die Altersgrenze von 67 Jahren wird 2031 erreicht.
Altersgrenze für „Rente ab 63“ steigt: Auch bei der abschlagsfreien Rente für mindestens über 45 Jahre lang Versicherte (bekannt als „Rente ab 63“) steigt die Altersgrenze – auf 64 Jahre und vier Monate für 1960 Geborene. Für später Geborene erhöht sich das Eintrittsalter bis 2029 auf 65 Jahre.
Abschlag bei Renten für langjährig Versicherte: Wer mindestens 35 Jahre versichert war, kann ab 63 Jahren in Altersrente gehen – allerdings mit Abschlägen von 0,3 Prozent je Monat, den die Rente vor dem regulären Rentenalter in Anspruch genommen wird. Mit dem schrittweisen Anstieg des regulären Rentenalters bis 2031 auf 67 Jahre steigt auch der Abschlag bei frühestmöglicher Inanspruchnahme dieser Rente. Für Versicherte des Jahrgangs 1961 beträgt der Abschlag bei einem frühestmöglichen Rentenbeginn mit 63 Jahren 12,6 Prozent.
Höherer Steueranteil für Neurentner: Wer 2024 neu in den Ruhestand geht, muss einen höheren Anteil seiner Rente versteuern. Ab Januar 2024 steigt der steuerpflichtige Rentenanteil von 83 auf 84 Prozent.
Beitragsbemessungsgrenze: Die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung steigt 2024 in den alten Ländern von monatlich 7300 auf 7550 Euro. In den neuen Ländern steigt sie von 7100 auf 7450 Euro. Bis zu diesem Betrag wird das Arbeitseinkommen bei der Berechnung des Rentenbeitrags berücksichtigt – für darüber höheres Einkommen werden keine Beiträge fällig.
Reform der Rente: Wie es mit der Rente längerfristig weitergeht, hängt nicht zuletzt von einer möglichen Rentenreform ab. Bisher hat sich die Ampelregierung noch nicht auf einen Entwurf für den Start eines Gesetzgebungsverfahrens einigen können. Geplant ist, eine bestehende Haltelinie für das Rentenniveau von 48 Prozent im Verhältnis zu den Löhnen dauerhaft zu sichern. Gleichzeitig soll mit dem Aufbau eines Kapitalstocks die langfristige Entwicklung des Beitragssatzes stabilisiert werden. Doch vor allem die Grünen stemmen sich dem Vernehmen nach gegen so einen milliardenschweren Kapitalstock, da die Kapitalmärkte zu unsicher seien.
Rentenpaket II: Die Bundesregierung bürdet Kosten den Berufstätigen auf
Das von der Ampelkoalition beschlossene Rentenpaket II geht nach Berechnungen des Ifo-Instituts zulasten der Jüngeren. Die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens „bürdet die Kosten allein der erwerbsfähigen Generation auf“, kritisieren die Wirtschaftsforscher. Das gelte auch dann, wenn die heutigen Beitragszahler später von dem höheren Rentenniveau profitieren würden. Das Ifo-Institut hat für alle Altersklassen die zu leistenden Beiträge und die zu erwartenden Rentenauszahlungen betrachtet. Die Berechnungen des Instituts zeigen demnach, dass alle Altersgruppen, die jünger als 26 Jahre seien, zu den Verliererinnen und Verlierern der Rentenreform gehörten. „Ihre zusätzlichen Beitragszahlungen übersteigen ihre zusätzlichen Rentenansprüche“, sagt Professor Joachim Ragnitz in Dresden. „Ältere Jahrgänge profitieren hingegen, wobei der Höchstwert bei jenen liegt, die heute 58 Jahre alt sind.“
Den Grundkonsens, dass sich Erwerbsfähige und Rentner die Kosten der Alterung teilen sollten, gebe die Ampel zugunsten der Rentnergeneration auf, kritisieren die Wirtschaftsforscher. Weitere Steuermittel würden allein für Konsumausgaben der älteren Generation verwendet. Steigende Rentenversicherungsbeiträge könnten zudem Arbeitsanreize mindern und Unternehmen im Wettbewerb belasten (dpa).
Quelle: DZ vom 30. Dez. 2023