Rechtsextremismus NRW – Todesfälle

Polizeistudie bewertet Todesfälle in abgeschlossenen Fällen 1984 bis 2020 neu

Die nordrhein-westfälische Polizei hat im Zuge einer Studie in sieben bereits abgeschlossenen Fällen zwischen den Jahren 1984 und 2020 neue Anhaltspunkte über das Tatmotiv gewonnen – nämlich rechtsextremistische. „Wir nehmen den Kampf gegen Rechtsextremismus sehr ernst“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der vor zwei Jahren die Untersuchungen initiiert hatte. Reul erinnerte an den Nagelbomben-Anschlag in der Kölner Keupstraße vor zwanzig Jahren, bei der 22 Menschen teils schwer verletzt worden waren.
Erst nach sieben Jahren konnte man die Tat dem rechtsextremen NSU zuordnen. „Daraus hat die Polizei gelernt. Ein zweiter Blick auf die Fälle lohnt sich“, sagte Reul, und weiter: „Dass wir die Fälle aus der Vergangenheit neu betrachtet und bewertet haben, war erforderlich. Handelt es sich um Rechtsextremismus, soll er als solcher benannt und in der Statistik erfasst sein.“ Insgesamt wurden 30 Fälle aus den vergangenen 40 Jahren auf mögliche rechtsextremistische Tatmotive hin überprüft. Auch Gerichtsurteile und Verfahrensakten wurden hinzugezogen. „Handlungsleitend war die Frage, ob die Tötung eines oder mehrerer Menschen rechtsextremistisch motiviert war“, hieß es. Bei den 30 zu untersuchenden Fällen handelte es sich um sogenannte Grenzfälle, die entsprechend verdächtig erschienen. Anlass der Studie war die Neubewertung eines Falles aus dem Jahr 2003, der nachträglich als rechtsextremes Tötungsdelikt anerkannt wurde. „Mit dem Projekt stellen wir uns der gesellschaftlichen Verantwortung als Polizei NRW“, sagte LKA-Direktor Ingo Wünsch.

Bundesweit 113 Todesopfer seit der Wiedervereinigung

Die Studie, die von einem Politikwissenschaftler geleitet und beim Landeskriminalamt durchgeführt worden ist, soll auch dazu beitragen, die bundesweite Gesamtzahl aller Todesopfer von rechtsextremer Gewalt zu überprüfen. Die Zahl wird offiziell mit 113 seit der Wiedervereinigung angegeben. Doch Kritiker bezweifeln das und sprechen von mehr Todesopfern. „Wir haben nun vier Todesopfer rechter Gewalt neu anerkannt im Rahmen dieser Studie“, sagte ein Projektverantwortlicher. – Opferverbände begrüßten die Überprüfung, bezeichneten sie aber auch als längst überfällig.

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