Bundespolitik 2024: Der umstrittene Begriff bleibt weiterhin im Grundgesetz
Die Bundesregierung will das bereits in der zurückliegenden Wahlperiode diskutierte Vorhaben, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen, nicht mehr weiterverfolgen. Wie am 9. Februar 2024 aus Koalitionskreisen bekannt wurde, haben sich Rechtspolitiker von SPD, Grünen und FDP, nachdem der Zentralrat der Juden in Deutschland Bedenken dagegen vorgebracht hatte, entschieden, die Formulierung nicht zu ändern.
In Artikel 3 des Grundgesetzes steht derzeit: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Das Diskriminierungsverbot entstand vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus und sollte rassistische Diskriminierung verhindern. Kritiker bemängeln aber, dass die Verfassung mit der bisherigen Formulierung auch die Vorstellung transportiere, dass es tatsächlich menschliche Rassen gebe.
Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, hatte sich im Vorjahr gegen eine Streichung des Begriffes ausgesprochen. Dieser erinnere an die deutsche Geschichte, vor allem an die Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen, in erster Linie Jüdinnen und Juden“. Streiche man diese Erinnerung aus der Verfassung, „werden wir sie irgendwann auch aus unserem Gedächtnis streichen.“
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, Dirk Wiese, sagte, die Mütter und Väter des Grundgesetzes hätten diesen Passus damals als klares Zeichen gegen die Rassenideologie der Nationalsozialisten formuliert. „Sprachlich muss er im Lichte seiner Zeit gesehen werden und würde heute sicher anders formuliert werden“, fügte er hinzu. Dennoch gehe von ihm eine klare Schutzfunktion aus, die bei jeder neuen Formulierung bedacht werden müsse. Insofern sei es richtig, hier Bedenken aus der Zivilgesellschaft sehr ernst zu nehmen und nicht vorschnell zu handeln.
Information:
Heute wird von „Rasse“ nur noch in Verbindung mit Tierzucht gesprochen
Rasse ist eine umstrittene Bezeichnung für eine Gruppe von Individuen der gleichen (Tier-)Art, die anhand von Ähnlichkeiten des Phänotyps (Aussehen, physiologische Merkmale, Verhalten) klassifiziert werden. Mit der Abgrenzung zu einer bestimmten „Rasse“ wird oft eine direkte genetische Abstammungslinie aller Gruppenmitglieder unterstellt Seit jeher unscharf definiert, wurde der Ausdruck „Rasse“ früher auf alle möglichen Ebenen angewendet (etwa anstelle von „Art“ oder „Spezies“). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts fand eine Festlegung auf subspezifische Gruppen statt (unterhalb der Ebene der Art). Damit wurde (geographische) „Rasse“ weitgehend synonym zur Bezeichnung „Unterart“. So vor allem in nationalsozialistischer Zeit. In der Biologie wird die Bezeichnung etwa seit Beginn der 1970er-Jahre vermieden. Von „Rassen“ wird nur noch in Zusammenhang mit der Tierzucht gesprochen, die absichtlich eigene Populationen mit bestimmten Merkmalen züchtet.
Die Einteilung auch der Spezies „Mensch“ in Rassen oder Unterarten hingegen ist aus wissenschaftlicher Sicht überholt.
Siehe auch: Rassenkunde 1934 warum?