Polizei NRW im Taser-Test

In zwei Jahren 2900 Polizei-Einsätze mit Distanzelektroimpulsgeräten

Die Elektroschockgeräte haben sich nach Ansicht der Polizei im Alltag bewährt. Aber nicht alle Behörden haben sie zur Verfügung, weil noch die Auswertung der Testphase fehlt. Die landespolitische Opposition wirft der Landesregierung eine Blockade vor. – Der Taser scheint sich im Polizeialltag immer mehr zu bewähren. In NRW wurde das Distanzelektroimpulsgerät, wie es in der Behördensprache heißt, seit 2022 bis Ende August 2024 insgesamt 2918 mal während eines Einsatzes genutzt. Hinzu kommt ein Einsatz 2021. Das geht aus einer Auswertung des Innenministeriums für die Ruhr-Nachrichten (RN) bzw. Dorstener Zeitung (DZ) hervor. Dabei reichte in den meisten Fällen die Androhung, den Taser einzusetzen, um die Situation zu befrieden. „Das zeigt, wie wichtig dieses Gerät ist. Er ist eine hervorragende Ergänzung unterhalb der Schusswaffe“, sagte Markus Robert, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW.

Taser in Nordrhein-Westfalen flächendeckend einführen?

Der Taser war nach jahrelangen Diskussionen zunächst 2021 in ausgewählten Kreispolizeibehörden getestet worden – unter anderem in Dortmund und Düsseldorf. Seit Januar 2022 läuft der sogenannte Echtbetrieb in knapp der Hälfte der Kreispolizeibehörden – zum Beispiel in Aachen, Bochum, Bonn, Borken, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen und Münster. „Aber noch immer haben nicht alle Kreispolizeibehörden den Taser“, kritisierte Robert. „Es stehen immer noch zwei Evaluierungen aus – eine einsatztaktische und eine sozialwissenschaftliche. Es wird bis voraussichtlich weit in 2025 dauern, bis diese Prozesse abgeschlossen sind.“ Er kritisierte: „Daher muss man sich schon die Frage stellen, ob sich beide regierenden Fraktionen in NRW wirklich einig sind bei der Frage, den Taser flächendeckend einzuführen.“

Auch kritische Stimmen in der Landesregierung NRW

Tatsächlich gibt es kritische Stimmen in der Landesregierung. Die Grünen lehnen die Waffe weitestgehend ab – anders als ihr Koalitionspartner. Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen wurde 2022 deshalb erst einmal nur festgehalten, die Taser bis 2024 weiter zu testen und zu bewerten – ehe man darüber entscheidet, ob sie in allen Behörden tatsächlich eingesetzt werden. Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, übt deshalb Kritik: „Es ist ein Skandal, dass Polizistinnen und Polizisten je nach Dienstort unterschiedlich ausgestattet sind. Diese Ungleichbehandlung gefährdet nicht nur die Sicherheit der Beamten, sondern auch die der Bürgerinnen und Bürger.“ Eine sofortige und flächendeckende Ausstattung mit Tasern sei überfällig. Die Landesregierung dürfe sich nicht hinter „endlosen Tests“ verstecken.
GdP-Vize Robert stimmt zu: „Ich denke, dass auch die Bevölkerung Interesse haben muss, dass die Polizei gleichermaßen ausgestattet ist. Die Gesellschaft muss erwarten können, dass alle Kreispolizeibehörden eine Einsatzwaffe unterhalb der Schusswaffe einsetzen können.“
Die SPD kritisierte, dass die Auswertung der Testphase noch nicht vorliege. „Die Evaluation war für dieses Jahr angekündigt, wurde aber zu spät beauftragt“, sagte Innenexpertin Christina Kampmann. „Wir erwarten uns unter anderem eine klare Antwort darauf, welche Auswirkungen der Taser bei Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben kann. Zum anderen sind natürlich auch die Fälle zu berücksichtigen, in denen der Einsatz des Tasers Leben gerettet beziehungsweise schwerere Verletzungen vermieden hat“, so Kampmann.

Mit Taster 382 Personen verletzt – mit Schusswaffen zehn getötet

Der Auswertung des Innenministeriums zufolge wurden bei Taser-Einsätzen seit 2022 bis Ende August in NRW 382 Personen verletzt. Zum Vergleich: Bei 5709 Einsätzen von Schusswaffen kamen im gleichen Zeitraum zehn Menschen ums Leben, 28 wurden verletzt. Insgesamt wurde die Pistole aber überwiegend zum Töten etwa gefährlicher Tiere eingesetzt.

Siehe auch: Polizei (Artikelübersicht)


Quelle: Christian Schwerdtfeger in RN (DZ) vom 7. Oktober 2024

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