Malen für Frieden, Toleranz und Völkerverständigung
Wolf Stegemann. – 1941 in Frankfurt/Oder bis 2014 in Dorsten; Künstlerin. – Wenn über Kunstschaffen, Kunstbeschäftigung und Kunstvermittlung vor allem mit Kindern und Jugendlichen in Dorstener Tageszeitungen geschrieben wurde, stand der Namen Gisela Paul meist dabei. Seit sie 1966 nach Dorsten kam, gehörte sie in den letzten Jahrzehnten zu einer der aktivsten bildnerisch-kreativen Menschen in der Stadt. Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit waren Collagen, mit denen sich die aktive Christin überwiegend mit allgemein menschlichen und biblischen Themen befasste, und die sie seit 1970 in Ausstellungen im In- und Ausland zeigte.
Orte der Begegnungen
Die Künstlerin und Kunstpädagogin lebte und arbeitete in Holsterhausen, wo sie ein Atelier hatte; die letzten zehn Jahre auch in Ladbergen bei Osnabrück. Ihr Dorstener Atelier hatte sie behalten. Dort entwickelte sie ihre Ideen, dort gingen ihre Künstlerfreunde ein und aus und die, die am kreativen Tun Spaß hatten und vielleicht auch Künstler werden wollten. In ihrem Atelier wurde geschnipselt, gemalt, geschnitten, Farben gemischt und nicht zuletzt gelernt und miteinander gesprochen. Der Themen gab es viele: Neben der Kunst waren dies Völkerfreundschaft, Verständigung, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Friede und in diesem Zusammenhang immer wieder Israel. In Bethlehem feierte sie mit ihrem Mann 2011 ihren 45. Hochzeitstag.
Regenbogenwerkstatt: „Farbe ist Leben“
Doch nicht nur ihr Atelier diente den Begegnungen mit Menschen und der Kunst, auch die Volkshochschule Dorsten, in der sie lehrte, die Martin-Luther-Gemeinde in Holsterhausen, der „geistigen Heimat“ des Vereins „Regenbogenwerkstatt“, den Gisela Paul 2005 gründete. Die Regenbogenwerkstatt ist ein internationales Malprojekt. „Farbe ist Leben“ heißt das Motto des Vereins mit dem Ziel der Völkerverständigung und Toleranz auf allen Ebenen. Unter diesen Themen bemalten Jugendliche Wände im öffentlichen Raum in Dorsten (2005, 2007; beispielsweise den äußeren Eingangsbereich des Bildungszentrums und den Treppenaufgang im „neuen Rathaus“), in Dorstens Partnerstädten Hainichen (Sachsen, 2004), Dormans (Frankreich, 2006), Rybnik (Polen, 2006), Newtownabbey (Nordirland, 2008) und Ernee (Frankreich, 2009) sowie in London (2007), Dorf Mecklenburg (2007), bei Bethlehem (Palästinensergebiet, 2010). Farbige Wände sollen die Botschaft von Frieden, Gerechtigkeit und Völkerverständigung transportieren. Daher hat die Künstlerin in der Slowakei und Afrika, in Frankreich, Polen, Serbien, Nordirland und in Bethlehem mit Jugendlichen gearbeitet und gemalt.
Protest gegen die Wegwerfgesellschaft: Kunst aus Müll
„Ich mache keine schönen Sachen für die Wand. Ich mache Dinge, die eine Botschaft haben“, erklärte sie einmal. Und diese Botschaft entstammt ihrem christlichen Hintergrund. Ob es der Protest gegen die Wegwerfgesellschaft war, indem sie aus Müll Kunstwerke entstehen ließ, oder aber die Projekte mit jungen Menschen, die sie in viele Länder führte – immer steckte dieser Gedanke dahinter. Dabei lag die Prägung sicherlich auch in der Zeit, als sie selbst Flüchtlingskind war, und in den Jahren in Sambia.
Entwicklungshelferin in Sambia – die intensivste Zeit ihren Lebens
Drei Jahre lang verbrachte das Ehepaar Paul mit ihren kleinen Kindern im afrikanischen Sambia; arbeitete dort in der Entwicklungshilfe. Sie zeichnete einen achtjährigen Jungen, dessen Familie ihn kaum ernähren konnte und Gisela Paul zu hören bekam: „Den können Sie haben. Wir können ihn sowieso nicht aufziehen.“ Die Armut ließ die Eltern so sprechen. Und so wurde Simeon das Pflegekind der Familie Paul. Mit ihm kehrten sie 1975 zurück nach Dorsten. Als junger Mann kehrte Simeon später in seine Heimat zurück, wo er 1990 starb – an den Folgen der chronischen Unterversorgung in seiner Kindheit. Sambia, so bekannte es einmal Gisela Paul, war für sie die intensivste Zeit ihres Lebens. – Gisela Paul starb 73-jährig in Ladbergen, wo sie bestatten wurde.