NSDAP-Kreistag 1937 auf dem Dorstener Marktplatz
Von Wolf Stegemann – Zur begeisterten Heerschau brauner Hemden trafen sich am 17. und 18. April 1937 in Dorsten uniformierte Partei-Scharen der 64 Ortsgruppen aus dem gesamten Kreis Recklinghausen und Borken-Bocholt, um in der mit Fahnen geschmückten Lippestadt mit bierseligen Wirtshaus-Reden, mit strammen Stechschritt-Paraden und kraftstrotzenden Aussprüchen ihren Kreisparteitag abzuhalten. Die NSDAP demonstrierte in Dorsten mit „Kraft zum Sieg den Geist einer neuen Zeit“, die schon acht Jahre später im Chaos endete. Eitel Freude paarte sich an diesem Sonntag des Jahres 1937 mit schlechtem Wetter. Es regnete. Originalton der National-Zeitung:
„Gerade dadurch, dass man gezwungen war, sich zwischendurch im engen Raum eines Lokales zusammenzusetzen, fand sich schnell der Kamerad zum Kameraden, und manche Freundschaft wurde hier neu geschlossen, und das Band, das alle Kämpfer des Führers zusammenhält, konnte enger geknüpft werden.“
Um dieses braune Kampfband zu schnüren, rollten schon frühmorgens mit Hakenkreuzen geschmückte Sonderzüge, Busse und Lastkraftwagen, dicht besetzt mit 10.000 Parteianhängern nach Dorsten, Holsterhausen und Hervest. Als ranghöchster Gast kam aus Münster Gauleiter Dr. Alfred Meyer.
Dichte Mauern von Partei- und Volksgenossen am Markt
Gauleiter Meyer und Dorsten SA-Aufmarschleiter Schlüter
Schulen, Turnhallen, Hotels und Privatunterkünfte mussten als Quartiere herhalten. Kreisleiter Plaggemann ordnete für alle Dienstgebäude Beflaggung an. Für Beträge zwischen 25 Pfennigen und 3,80 RM lieh sich die Dorstener Ortsgruppe „neuwertige und gebrauchte“ Hakenkreuzfahnen, -flaggen, -banner sowie Hoheitsfahnen und SA-Zivil-Fahnen bei einem Dortmunder Fachgeschäft aus. Im Hervest-Dorstener Hedoli-Kinopalast fand die „Morgenfeier der SA« unter dem Motto „Kampf ist das Grundelement der nationalsozialistischen Bewegung“ statt. Politische Leiter des Kreises Recklinghausen trimmten dort und in Schulen in insgesamt 16 Tagungen untergebene NSDAP-Leiter und Amtswalter, damit diese ihrerseits Kampfgenossen zu „unbedingter Treue zur Fahne“ begeistern konnten.“
NS-Chronist: “Ein Schauspiel, wie es Dorsten … noch nie erlebt hat!“
Reden und das Parteitagsprogramm standen im Zeichen nationalsozialistischer Aufbauarbeit und des Vierjahresplans, auf den die Partei im Jahre 1937 ihre propagandistische Kraft ausgerichtet hatte. Höhepunkt des Kreistreffens war der Marsch der Formationen, „im Exerzierschritt“ zum Marktplatz, wo sie den markigen Sprüchen der Parteioberen lauschten. In den Nachmittagsstunden des 18. April traten 10.000 Mann auf dem Klapheck’schen Holzplatz in Hervest-Dorsten an, um in Sechser-Reihen und langen Kolonnen durch die Bergarbeitersiedlung zu ziehen. „Begeisterte Volksgenossen“, so die National-Zeitung, „säumten allenthalben die Wege, und je näher der Zug der Stadt Dorsten kam, umso dichter wurde die Mauer der Volksgenossen zu beiden Seiten der Marschstraßen“. Da das Lippetal wegen des anhaltenden Regens als Platz für die Großkundgebung unbenutzbar war, zwängten sich die Braunhemden auf dem Marktplatz zusammen. „Ein Schauspiel, wie es Dorsten und die alte Lippestraße noch nie in solcher Wucht und Eindruckskraft erlebt haben“, kommentiert der NZ-Chronist. SS-Männer hielten die drängenden Dorstener Volksgenossen von den vorbeimarschierenden Parteigenossen zurück. „Kopf an Kopf, Schulter an Schulter, eine kompakte Masse, eingegossen in die scharf umrissene Form der Häuserzeilen am Marktplatz.“
Festveranstaltung der NSDAP Im Gymnasium Petrinum
Gegen den inneren und äußeren Feind siegreich bestehen
Nachdem der Dorstener SA-Standartenführer Schlüter als Aufmarschleiter (»wie ein eiserner Block standen die Kolonnen«) die angetretenen Formationen der SA und SS, der HJ und des Jungvolks, des NSKK und sonstiger Parteigliederungen seinem Gauleiter gemeldet hatte, appellierte Dr. Meyer an seine Genossen, dem Bolschewismus den Kampf auf allen Gebieten anzusagen. Er sprach von der Bereitschaft, gegen den inneren und äußeren Feind siegreich zu bestehen. Schließlich richtete er einen dringenden Appell an die Bauern und Arbeiter, sich mit verstärkter Tatkraft für den Vierjahresplan einzusetzen. „Nur in der geschlossenen Gemeinschaft findet das Volk seine Stärke“, rief Meyer in die Menge und schloss seine Rede mit dem üblichen Treuebekenntnis zum Führer: „Die Sorgen des Führers sind auch die Sorgen des ganzen Volkes. Der Führer trägt die Verantwortung!“
Kreisleiter Plaggemann dankte dem Gauleiter für dessen „in die Herzen gehende Begeisterung“ und meldete stolz, dass mittlerweile 5.000 Volksgenossen im Kreis wieder „in Arbeit und Brot gebracht“ werden konnten. Zum Schluss der Kundgebung weihte Gauleiter Meyer zahlreiche Betriebsfahnen der Deutschen Arbeitsfront. Mit dem Satz „Das hat Dorsten noch nie gesehen“ bezeichnete die National-Zeitung anderntags den Vorbeimarsch der braunen Heerscharen an Gauleiter Dr. Meyer:
„Der Marschtritt hallte an den Häuserwänden des Marktplatzes wieder, Symbol der unabänderlichen Marschrichtung, die der Nationalsozialismus für jeden deutschen Volksgenossen vorgezeichnet hat.“
Siehe auch: www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de