Zumindest drei Dorstener schmückten sich mit dem „Goldenen“
Von Wolf Stegemann – Auf der Leiche des Mannes in halbgekrümmter Stellung lagen die Überreste einer verkohlten Parteiuniform der NSDAP und ein angesengtes goldenes Parteiabzeichen. Bei der verkohlten Leiche der Frau wurde ein angesengtes goldenes Zigarettenetui entdeckt sowie ein goldenes Parteiabzeichen. Bei den beiden angebrannten Leichen handelt es sich um den Reichminister Joseph Goebbels und seine Frau Magda, die nach ihrem Suizid am 2. Mai 1945 so von russischen Offizieren im Garten der Reichskanzlei in Berlin aufgefunden worden waren. Die beiden gehörten zu den rund 23.000 Personen (Stand 1935), die mit dem „Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP“ geehrt wurden.
Richard Hildebrandt, Friedrich Geißelbrecht und Heinrich Glasmeier
Als Träger des Goldenen Parteiabzeichens, die Bezug zu Dorsten haben, sind hier drei bekannt. Es handelt sich um den in Dorsten geborenen Archivar Dr. Heinrich Glasmeier, den in Dorsten auf das Gymnasium Petrinum gegangenen SS-Kriegsverbrecher Richard Hildebrandt und um den in Dorsten nach 1945 entnazifizierten NSDAP-Schatzmeister Friedrich Geißelbrecht.
Richard Hildebrandt (1897-1951) machte am Gymnasium Petrinum das Abitur. Sein Vater war zu der Zeit Direktor des Keramitwerks in Holsterhausen. Er machte in der SS Kariere, wurde SS-Obergruppenführer und General der Polizei, Reichstagsabgeordneter und Kriegsverbrecher im besetzen Polen. Deshalb wurde er im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess Nr. 8 zu 15 Jahren Zuchthaus und Auslieferung an Polen verurteilt.
Friedrich Geißelbrecht (1895-1985) nahm an dem missglückten Putsch Hitlers im November 1923 in München teil (Weg zur Feldherrnhalle) und wurde zu 18 Monaten Festungshaft verurteilt. Daher galt er als „Blutzeuge der Bewegung. Geißelbrecht machte in der NSDAP Karriere und wurde Reichstagsabgeordneter. Nach dem Krieg tauchte er bei seinem Schwager, dem Berufsschuldirektor Richard Herpers, in Dorsten-Holsterhausen unter und wurde von der Spruchkammer hier auch entnazifiziert.
Dr. Heinrich Glasmeier (1892-1945) machte im Dritten Reich Karriere. Der Dorstener Sohn eines Drogisten war gelernter Archivar. Glasmeier trat im Februar 1932 der NSDAP bei und avancierte bald zum Gaukulturwart und Gaugeschäftsführer beim NSDAP-Gau Westfalen-Nord. Zudem half der ehemalige Petrinum-Schüler als SS-Führer mit, die SS in Westfalen aufzubauen. Während der für die NSDAP so entscheidenden Lippischen Landtagswahlen war Heinrich Glasmeier Hitlers Fahrer, der ihn 1933 zum Rundfunkintendanten und Leiter des Bruckner-Stifts St. Florian (Orchester) bei Linz machte. Dorthin zog er sich vor Kriegsende zurück und suchte beim Herannahen sowjetischer Truppen den Freitod an der Front, weil er den Führer nicht überleben wollte.
Zur Sache: Abzeichen mit der Parteinummer versehen
Das „Goldene Ehrenzeichen der Partei“ war neben dem so genannten „Blutorden“ die höchste Auszeichnung der Bewegung – mit mancher bemerkenswerten Geschichte. Es war eine der begehrtesten Auszeichnungen. So begehrt, dass die Parteiabzeichen von der Feldzeugmeisterei der NSDAP nummeriert wurden, um Missbrauch zu vermeiden. Das „Goldene Ehrenzeichen der NSDAP“ wurde anlässlich des 9. Novembers 1933 per Verfügung durch Adolf Hitler gestiftet. Empfangsberechtigt waren die Parteimitglieder mit den Mitgliedsnummern 1 bis 100.000, die seit dem Eintritt in die NSDAP ohne Unterbrechung der Partei angehörten. Dies galt ab der Neugründung der Partei am 27. Februar 1925. Die Mitgliedsnummer wurde auf der Rückseite des Abzeichens eingraviert. – Bei Kriegsende verschwand so manche Parteiuniform im Ofen und das Goldene Parteiabzeichen unter der Erde im Garten. Ein Flüsterwitz machte die Runde, demnach ein Träger des Goldenen Parteiabzeichens eine Anzeige im Lokalblatt aufgegeben hatte: „Tausche Goldenes Parteiabzeichen gegen Siebenmeilenstiefel.“ Auch auf etlichen Fragebogen, den die Deutschen bei ihrer Entnazifizierung auszufüllen hatten, verschwand der Partei-Orden, indem er gar nicht erst aufgeführt wurde. Heute gehört das Abzeichen zu den verfassungsfeindlichen NS-Auszeichnungen, deren Tragen in Deutschland nach dem Ordensgesetz vom 26. Juli 1957 in keiner Form zulässig ist.
Siehe auch: Richard Hildebrandt
Siehe auch: Friedrich Geißelbrecht
Siehe auch: Heinrich Glasmeier
Siehe auch: Machtübernahme 1933
Quelle: „Dorsten untern Hakenkreuz“, Online-Dokumentation (www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de)