Täglich wurden 54 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht – viele in NRW
Das Bundeskriminalamt hat im Jahr 2023 erneut mehr Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen registriert. In vielen Fällen spielt das Internet eine wichtige Rolle, etwa wenn die Täter Kontakte zu Minderjährigen über soziale Netzwerke anbahnen, wie aus dem „Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023“ hervorgeht. Der Bericht wurde am 8. Juli 2024 im Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden vorgestellt. Eine Herausforderung für die Polizei bleibt das Dunkelfeld: Viele Taten würden verschwiegen, etwa weil sie in der Familie geschehen. Im Jahr 2023 sind bundesweit 18.497 Kinder unter 14 Jahren Opfer sexuellen Missbrauchs geworden, was einer Steigerung von 7,7 Prozent gegenüber 2022 entspricht. „Jeden Tag werden in Deutschland 54 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Vorstellung des Bundeslagebilds zu Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche am 8. Juli 2024 in Wiesbaden. In keinem anderen Bundesland wurden so viele Fälle erfasst wie in Nordrhein-Westfalen. Hier lag die Zahl 2023 bei 5065 Fällen. Auch wenn man die Zahl der Tatverdächtigen ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung setzt, schneidet NRW am zweitschlechtesten ab. Nur in Sachsen-Anhalt gab es mehr Tatverdächtige pro 100.000 Einwohner.
Speicherung von IP-Adressen: tausendfach Missbrauch-Videos im Internet
„Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gehört wohl zu den furchtbarsten und widerwärtigsten Formen von Kriminalität“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Viele Opfer seien noch sehr jung, mehr als 2200 Mädchen und Jungen seien zum Zeitpunkt des Missbrauchs jünger als sechs Jahre gewesen. Das BKA erklärte außerdem, dass zahlreiche Fälle, in denen sich nach Hinweisen vor allem aus den USA kein potenzieller Tatort in Deutschland ermitteln lasse, nicht in die Statistik einfließen. Grund dafür, dass entsprechende Ermittlungen teils ins Leere laufen, sei die in Deutschland ausgesetzte Mindestspeicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten – speziell IP-Adressen. Bilder und Videos von sexuell missbrauchten Kindern und Jugendlichen werden im Internet tausendfach geteilt.
Faeser bekräftigte am 8. Juli 2024 ihre Forderung für eine neue rechtskonforme Regelung für eine anlasslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten der Telekommunikation. „Wir brauchen die Speicherung der IP-Adressen“, sagte sie.
Quelle: Anne-Béatrice Clasmann und Andrea Löbbecke in RN vom 9. Juli 2024