Lokalzeitungen: Vom „Argus“ über den „Zuschauer“ bis zur Sonntagszeitung
Von Wolf Stegemann
„Der Argus“; Die erste Zeitung im Vest war der in Dorsten im Januar 1804 erschienene „Der Argus. Von politischen, gemeinnützigen und gelehrten Sachen“, den der Dorstener Buchbinder und Buchhändler Carl August Schüerholz (1775 bis 1832) herausgegeben hatte.
„Der Zuschauer“: 1809 nannte Schüerholz das Blatt „Der Zuschauer. Herzoglich-Arenbergisches Intelligenzblatt. Mit gnädigster Freyheit“, danach, als Dorsten zum Großherzogtum Berg gehörte, im Untertitel „Großherzoglich-Bergisches Intelligenzblatt mit gnädigster Freyheit“, ab 1812 genügte ihm der Zusatz „Dorstener Intelligenzblatt. Mit allergnädigster Freyheit“.
„Dorstener Wochenblatt“: Johannes Mescher gründete 1851 das „Dorstener Wochenblatt“ und verkaufte schon 1857 Druckerei und Zeitung an Matthias Joseph Reichartz (geboren 1820 in Köln), der das Blatt weiter ausbaute. Durch die Aufnahme politischer Nachrichten war es kautionspflichtig geworden. Von Juni 1864 an legte er die literarische Beilage „Concordia“ dazu, die zehnmal im Jahr erschien. Gleichzeitig veröffentlichte er das Wochenblatt mit dem Untertitel „Allgemeiner öffentlicher und amtlicher Anzeiger – Zentralorgan für die Kreise Recklinghausen, Borken, Ahaus, Coesfeld, Essen, Duisburg“. Ab 1866 kam zur gewöhnlichen Sonntags- eine Mittwochsausgabe dazu. Da keines der im Landkreis Recklinghausen erschienenen Blätter regierungstreu war, wollte der Landrat im Verlaufe eines Verfassungsstreites das „Dorstener Wochenblatt“ wegen Unzuverlässigkeit „bei fortgesetzter oppositioneller Haltung“ von Anzeigen ausschließen. Ein bösartiger Gedenkartikel anlässlich der 50-jährigen Zugehörigkeit Westfalens zu Preußen, den Reichartz vom „Westfälischen Merkur“ übernommen hatte, führte schließlich dazu.
„Katholisches Wochenblatt“: In der Folge entstand in Dorsten die erste ausgesprochen katholische Zeitung des Vests. Herausgeber war der Gesangs- und Zeichenlehrer am Progymnasium Franz Drecker. Er bot dem Landrat kostenlose amtliche Anzeigen in seinem „Wochenblatt für die Kreise Recklinghausen und Borken“ an, offerierte sein Blatt als „conservativ-regierungsfreundlich“ und bot „treue Anhänglichkeit an das angestammte königlich-preußische Herrscherhaus“ an. Bürgermeister und Landrat unterstützten Dreckers Anliegen und im Juli 1863 kam die erste Ausgabe des „Dorstener Anzeigers“ heraus, für den Dreckers Schwager 1.000 Taler Kaution hinterlegte. Der 34 x 22 cm große Anzeiger erschien samstags und kostete vierteljährlich 8 ½ Silbergroschen. Allerdings hielt Drecker nicht, was er versprochen hatte. Der Landrat musste feststellen, dass der „Dorstener Anzeiger“ im Kirchenkampf zwischen Staat und Kirche als „Katholisches Organ für Stadt und Land“ Partei gegen den Staat ergriff, und einsehen, dass nun alle drei Zeitungen im Kreis (einschließlich die Bauersche Zeitung in Recklinghausen) „nicht gouvernemental gesinnt“ waren. Dorstens Bürgermeister rügte Drecker über das Gremium des Progymnasiums, der Gehorsam und Besserung versprach, doch beides missen ließ. 1869 musste der 73-jährige Drecker wegen Beleidigung der preußischen Königin 20 Taler Strafe zahlen und 20 Tage ins Gefängnis gehen, sein gleichnamiger Sohn sogar zwei Monate, der das „Dortmunder Wochenblatt“ gründete. Nach seiner Rückkehr nach Dorsten gab Drecker jun. 1871 den „Westfälischen Bauern“ heraus, dem bis 1893 zuerst zweiwöchentlich dann wöchentlich die „Concordia. Blätter für Unterhaltung und Belehrung“ beigelegt wurden, dann der „Dorstener Sonntagsplauderer“. Im Jahr 1900 erweiterte das „Dorstener Wochenblatt“ sein Erscheinungsgebiet. Es wurde zugleich „Volkszeitung für Dorsten und das südliche Münsterland“ und erhöhte die Auflage.
Katholisches Kirchenblatt St. Agatha: Gegründet 1925 von Pfarrer Ludwig Heming. Während der Tage der katholischen Dorstener Volksmission 1930 erschien im „Katholischen Kirchenblatt“ der Pfarrei St. Agatha am 1. Juni 1930 ein längerer Artikel von Franziskanerpater Felix Hardt. Er führte im Dekanat Hamborn eine Werbeaktion für katholische Zeitungen unter den Katholiken durch. Denn seine Bedenken galten unter der Überschrift „Eine ernste Sorge aller Seelsorger“, dass Katholiken die falsche Zeitung läsen. Hier einige Auszüge, die eigentlich kommentiert werden sollten:
„Wir stehen heute mitten in einem Kultur-Bolschewismus, der unsere heiligsten Güter in Erziehung, Schule, Elternhaus und Familie und Ehe antastet. Ein Neuheidentum entsteht rund um unsere Kirchen. Wenn wir uns Rechenschaft geben darüber, wie es möglich war, dass innerhalb eines Jahrzehntes eine erschreckende religiöse Abwärtsbewegung vielerorts sich bemerkbar machte, so müssen wir feststellen, dass die einem unchristlichen Zeitgeist verfallene Presse überhand nahm, die religiös-sittlichen Anschauungen vergiftete und selbst das Glaubensleben vieler katholischer Familien beeinträchtigte. […] Der verheerende Einfluss der gottwidrigen Presse auf das eucharistische Leben der Gemeinde ist erschreckend. Vor mir liegt die Statistik einer Gemeinde des westfälischen Industriebezirkes, die insgesamt 1.146 Familien zählt mit 3.711 Katholiken, darunter 2.011 Kommunionpflichtige. Die Familien dieser Gemeinde halten die „Tremonia“, den „Dortmunder Generalanzeiger“, „Dortmunder Zeitung“, „Arbeiter-Zeitung“, „kommunistischer Kämpfer, „Germania“. 266 Familien halten kein Blatt.
Der Verfasser lobt die 196 Familien in der Kirchengemeinde, die die Zeitung „Tremonia“ lesen, weil deren kommunionpflichtige Kinder bis auf 25 ihrer Osterpflicht im Jahre 1927 nachgekommen seien. Er schreibt weiter:
„In der gleichen Gemeinde werden 688 Dortmunder General-Anzeiger gehalten, denen die Zahl von 1.519 Kommunionpflichtigen entspricht. Erschreckend hoch ist bei den Generalanzeiger lesenden Familien die Anzahl der Säumigen, die ihre Osterpflicht in diesem Jahr nicht erfüllten. Nur 417 Angehörige dieser Familien haben nachweislich ihre Osterpflicht erfüllt. […] Es muss endlich aus allen katholischen Häusern die sozialistische, kommunistische Zeitung, aber auch die liberale Presse, insbesondere der Generalanzeiger schwinden. Ist es nicht traurig, dass die Zeitungspaläste, Rotationsmaschinen, Redakteure, Verleger dieser Presse des Antichristentums […] zu einem Großteil gerade von uns Katholiken finanziert wird! […] Statt Evangelium und Katechismus wählt man Morgen- und Abendzeitung zur Lebensrichtschnur. […] Was ist der einzelne Mensch? Eine Schneeflocke. Die einzelne Schneeflocke ist nichts. Aber zusammengeballt und zusammengehalten in der Lawine durchbricht sie ganze Wälder. So wird auch die katholische Presse den Blätterwald der antichristlichen Presse durchbrechen, wenn wir Katholiken in einer geschlossenen Pressefront zusammenstehen. So wird die katholische Presse auch ihren Teil dazu beitragen, die Gottesherrschaft der Kirche aufzurichten auf allen Gebieten der menschlichen Gesellschaft.“
Bistumszeitung „Kirche und Leben“: Die Wochenzeitung des Bistums Münster „Kirche und Leben“ ist mit Abstand die größte Bistumszeitung in Deutschland. Sie bezeichnet sich selbst als im „christlichen Glauben verwurzelt, weltoffen für die Nöte der Menschen, lebensfroh in der Gemeinschaft von Christen“. Das Blatt mit einer Auflage von 95.000 Exemplaren (Stand 2011) berichtet über die ganze Bandbreite des kirchlichen Lebens: über das Geschehen im Bistum Münster, in den Regionen und Pfarrgemeinden, aber auch über das Geschehen in der Weltkirche und im Vatikan. Als sich nach Kriegsende 1945 unter den britischen Militärbehörden die Möglichkeit bot, wieder religiöse Zeitschriften herauszugeben, was im Nationalsozialismus zeitweise verboten war, ergriff Bischof von Galen die Initiative, eine Bistumszeitung, die er „Kirche und Leben – Kirchenblatt für das Bistum Münster“ nannte, für das ganze Bistum Münster herauszugeben. Die erste Ausgabe erschien am 17. März 1946. Vorgänger-Zeitung war „Unser Bistumsblatt“. Getrennt davon erschienen zudem Diözesankirchenblätter, die bis Ende 1938 erschienen sind. Zwischen 1938 und 1946 war es zeitweise verboten, das Kirchenblatt herauszugeben.
„Dorstener Volkszeitung“: 1899 erschien im bereits erwähnten Reichartz‘schen Verlag das „Dorstener Wochenblatt“ erstmals mit dem Haupttitel „Dorstener Volkszeitung“. Nach dem Tod des Verlegers Reichartz übernahm dessen Tochter Katharina die Zeitung und leitete sie 16 Jahre lang. 1903 zog die Druckerei zum Südwall um und als Beilage zur Zeitung erschien bis in die Jahre des Ersten Weltkriegs hinein der „Landwirtschaftliche Ratgeber“. 1913 kaufte der aus Bocholt stammende Redakteur Josef Weber die gesamte Reichartz’sche Druckerei. Nach 1933 erschien die „Dorstener Volkszeitung“ wie gewohnt, musste sich aber den neuen Gesetzen der Gleichschaltung und Zensur anpassen. Wenngleich der Verleger und Zentrumsmann Josef Weber sicherlich seine Probleme mit der Ideologie der nationalsozialistischen Machthaber hatte, so las man dies aus den für das Regime überschwänglich verfassten Berichten des Schriftleiters Alfons van Bevern (bis 1938) nicht heraus. Bevern wurde im Krieg als Kriegsberichterstatter eingezogen und brachte bis zu den letzten Kriegstagen 1945 die so genannte Grabenzeitung „Panzerbär“ heraus.
1942 setzte die „Dorstener Volkszeitung“ noch spärliche 2.100 Exemplare ab. Möglich, dass der Auflagenrückgang mit der Konkurrenz in Zusammenhang stand, denn in Dorsten erschien auch der westdeutsche Ableger des „Völkischen Beobachters“, für den die Volkszeitung den Anzeigenteil verwaltete und dessen amtlicher Anzeigenteil von Weber gedruckt wurde. In der Essener Straße etablierte sich bereits seit Mitte der 1930er Jahre die „National-Zeitung. Organ des Gaus Westfalen-Nord der NSDAP, Ausgabe Gladbeck, Bottrop, Dorsten“. Außerdem erschien der „General-Anzeiger für das nordwestliche Industrie-Gebiet und Münsterland“, ebenfalls eine nationalsozialistische Zeitung. Das antisemitische Hetzblatt „Der Stürmer“ hatte in Dorsten ebenfalls Leser. Trotz aller Konkurrenz blieb aber die „Dorstener Volkszeitung“ das meistgelesene Blatt. Mehrmalige Androhungen der Gestapo, Verlag und Redaktion zu schließen, blieben ohne wesentliche Folgen.
Dorstener Zeitungen in nationalsozialistischer Zeit
In den Jahren von 1933 bis 1945 gab es keine Pressefreiheit, wie es sie vorher und nachher gab. Politisch unliebsame Verleger und Redakteure wurden durch die Bildung der Reichsschrifttumskammer laut Erlass vom 22. September 1933 sowie durch das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 aus- und die Presse gleichgeschaltet. In Dorsten hielt sich der Verleger der „Dorstener Volkszeitung“, Josef Weber (Zentrum), mit zunehmendem Unbehagern an die Vorgaben und kooperierte mit den westfälischen NS-Zeitung „Generalanzeiger“ und der NSDAP-Zeitung „Völkischen Beobachter“.
„Ruhr-Nachrichten“ bzw. „Dorstener Zeitung“
Nach dem Zusammenbruch pachtete Julius Hülswitt 1945 Druckerei und Verlag von Josef Weber und fing schon 1945 an, Nachrichten auf kleine Blätter zu drucken und diese für zehn Pfennige zu verkaufen. Ab 1949 lieferten die „Ruhr-Nachrichten“ des Dortmunder Verlegers Lambert Lensing den redaktionellen Hauptteil und den überörtlichen Anzeigenteil der „Dorstener Volkszeitung – Dorstener Zeitung“, die nunmehr im Haupttitel „Ruhr-Nachrichten“ hieß. Zu den Redakteuren der ersten Stunde gehörten Dr. Hans Kühnel, dann Robert Fulde und schließlich Rudolf Plümpe. Im September 1975 übernahmen die „Ruhr-Nachrichten“ Verlag und Druckerei der früheren „Dorstener Volkszeitung“ ganz und 1997 wurde die Dorstener Ausgabe der „Ruhr Nachrichten“ im Haupttitel in „Dorstener Zeitung“ umbenannt. Mit Einführung des regionalen Newsdesks wurde im Jahre 2007 das Online-Geschäft erweitert. Seit 2008 wird in den Dorstener Redaktionsräumen auch die „Halterner Zeitung“ in einem gemeinschaftlichen Verlag unter dem Dach des Dortmunder Verlags produziert.
Vielfalt der Blätter im Kreis Recklinghausen suggeriert Meinungsvielfalt
Ab 1957 erschien in Dorsten die „Westfälische Rundschau“, die von dem Redakteur Rudolf Boden geleitet wurde. Sie stellte 1964 ihr Erscheinen ein, als in diesem Jahr vom damals noch in Recklinghausen ansässigen Bauer-Verlag (heute Marl) in Dorsten der „Dorstener Anzeiger“ herausgeben wurde. Am 1. Oktober 1969 stellte der Bauer-Verlag in Absprache mit dem Verlag Lensing-Wolff (Ruhr Nachrichten) den „Dorstener Anzeiger“ wieder ein. Denn ein Jahr zuvor hatte sich die starke „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) in Dorsten niedergelassen und kontinuierlich Auflagenhöhe erreicht. Durch den Rückzug der WAZ aus dem Kreis (Datteln, Haltern, Herten. Oer-Erkenschwick, Marl, Waltrop) wurden die Ausgaben des Medienhauses Bauer in Marl gestärkt. Dazu gehören die „Recklinghäuser Zeitung“, die „Marler Zeitung“, die „Dattelner Morgenpost“, die „Stimmberg Zeitung“ und die „Hertener Allgemeine“. Somit war das Medienhaus Bauer mit 63.000 verkauften Exemplaren regionaler Marktführer. 1975 beteiligte sich der Verlag Lensing-Wolff am Zeitungshaus Bauer, um die Verbreitung der WAZ einzudämmen.
1952 erstmals in Dorsten das Fernsehprogramm empfangen
Nach Einstellung der WAZ 2013 gibt es derzeit neben der „Dorstener Zeitung“ noch die wöchentlich kostenlos verteilte Anzeigen-Zeitung „Stadtspiegel“ und seit 2007 das am Wochenende kostenlos verteilte „Sonntagsblatt im Vest“, das aber immer seltener im Briefkasten vorzufinden ist. Dorsten ist Sendegebiet des regionalen privaten Rundfunksenders „HiT“ (gegründet 1991 als Radio FiV, Funk im Vest) mit Sitz in Recklinghausen, des regionalen Internet-Fernsehens „TV Emscher-Lippe“, des öffentlich-rechtlichen WDR-Hörfunks mit Sitz in Essen, des WDR-Regionalfernsehens Landesstudio Dortmund und das WDR-Regionalfernsehens Landesstudio Münster. – Übrigens konnten die Dorstener 1952 erstmals das Fernsehprogramm empfangen. Die Firma Uphues stellte einen Fernseher ins Schaufenster ihres Geschäfts an der Borkener Straße, was dann zur völligen Verstopfung der Straße in Holsterhausen durch Zuschauer führte.
Marktanteile der Zeitungen in Dorsten und im Kreis (Stand 2004)
Im Zeitungsverbreitungsgebiet Dorsten hat im Kerngebiet die „Dorstener Zeitung“ einen Marktanteil von 69,2 Prozent, die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) kam auf 30,4 Prozent (die Zeitung wurde 2013 eingestellt). In Schermbeck ist die „Dorstener Zeitung“ mit 52,6 Prozent Markführer, danach kommen die WAZ/NRZ mit 36,9 Prozent und die „Rheinische Post“ mit 10,5 Prozent. In Raesfeld ist die „Borkener Zeitung“ mit 66,3 Prozent Marktführer, im Raesfelder Ortsteil Erle allerdings hat die „Dorstener Zeitung“ wieder die höchste Auflage aller erscheinenden Tageszeitungen. Im Kreis Recklinghausen wird die Zeitungslandschaft vom Medienhaus Bauer beherrscht. In Dorsten, Castrop-Rauxel und in Haltern erscheinen die Titel aus dem Verlag Lensing-Wolff („Ruhr Nachrichten“) und erzielen einen kreisweiten Marktanteil von 20,6 Prozent. Bauer und Lensing kommen zusammen auf 65,4 Prozent.
Kostenlose Wochenzeitung „Stadtspiegel“: In der Mitte einer jeden Woche steckt seit 1979 in fast 40.000 Briefkästen der Stadt die kostenlos erscheinende Anzeigen-Zeitung mit redaktionellem Inhalt „Der Stadtspiegel“. Im Internet unterhält die Werbezeitung die Plattform „lokalkompass“, in der „Stadtspiegel“-Artikel veröffentlicht werden, aber auch Artikel von Jedermann, von so genannten Bürger-Reportern.
Besondere Bedeutung der Lokalzeitung heute
Beim Dorstener städtischen Wirtschaftsgespräch 2011 vor geladenen Gästen war Bodo Hombach der Gastredner. Der frühere Politiker und jetzige Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe skizzierte in seiner Rede die besondere Bedeutung der lokalen Presse. Was vor der Haustür geschehe, ziehe 85 Prozent der Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. Wenn sie sich einmischen wie in Stuttgart, seien sie „eher Mut- als Wutbürger“, die dem Sachverstand der Gegenseite absolut gewachsen waren. Im Dialog zwischen Institutionen und Bürgern komme den lokalen Journalisten eine überragende Bedeutung zu. Hombach:
„Der lokale Journalist muss realitätssüchtig sein. Er muss auch dort Transparenz schaffen, wo sie nicht erwünscht ist. Er muss nicht die Antworten haben, aber die richtigen Fragen stellen.“ Dann analysierte Hombach die Rolle der Medien und die Aufgaben der Lokaljournalisten: „Transparenz schaffen, wo Mächtige lieber Dunkelheit wollen.“
Bei der anschließenden von Martin Ahlers (Redaktionsleiter Dorstener WAZ) moderierten Diskussion stellte ein Redner die Frage: „Wenn das Lokale so große Bedeutung hat, warum werden Lokalredaktionen dann so personell ausgedünnt, dass sie kaum noch investigativ arbeiten können?“ Hombachs Antwort: „Quantität ist nicht Qualität. Und auf einem lokal begrenzten Markt wird es kaum noch Zweit-Zeitungen geben.“ Die kleinere Zeitung, „die ohne Todesanzeigen, hat auf dem Markt kaum Chancen.“ – Zwei Jahre nach diesem Gespräch wurde die Dorstener Ausgabe der WAZ ersatzlos eingestellt.
Lokale Informationen Online
Die „Dorstener Zeitung“ ist online zu lesen, ebenso die Zeitung der Umgebung. – Seit Anfang 2012 geben Dr. Helmut Frenzel und Wolf Stegemann „Dorsten-transparent“ heraus, ein professionell aufgemachtes Online-Magazin, das, wie es im Titel heißt, „unabhängig“ ist und „unbequem“ sein will. Unbequem vor allem für Politiker und Verwaltung der Stadt sowie für Behörden. Denn das Online-Magazin fordert vor allem in ihren finanzpolitischen Darstellungen und notwendigen Sparmaßnahmen mehr Transparenz. Das Interesse daran ist hoch. Kritik und Zustimmung aus der Leserschaft halten sich die Waage. Seit 2006 gibt Christian Gruber für Wulfen aktuelle Informationsseiten (Text und Fotos) unter dem Titel „Wulfen-Wiki“ heraus. Er berichtet darin über gegenwärtige Ereignisse, aber auch über Geschichtliches. Mittlerweile kamen über 500 Seiten zusammen und das Wulfen-Wiki wurde inzwischen über zwei Millionen Mal aufgerufen.
Siehe auch: Medien / Dorstener Volkszeitung (Essay)
Siehe auch: Medien / aktuelle Lage (Essay)
Siehe auch: Medien / Stadtspiegel
Siehe auch: Medien / Hobbymeinungsmacher
Siehe auch: Josef Weber
Siehe auch: Alfons van Bevern
Siehe auch: Argus / Zuschauer
Siehe auch: Carl-August Schürholz
Siehe auch: Medien-Menschen
Quellen/Literatur:
„Katholisches Kirchenblatt St. Agatha“ vom 1. Juni 1930. – Franz Kroos „Die Zeitungen im Vest Recklinghausen. Von den Anfängen bis 1870“ (Inaugural-Dissertation, Münster 1935. – Wolf Stegemann in „Dorsten unterm Hakenkreuz“, Bd. 3, Dorsten 1985. – Ders. in „Dorsten nach der Stunde Null“, Dorsten 1986. – Maja Lendzian in „Dorsten unterm Hakenkreuz“, Bd. 3, Dorsten 1985. – Wolf Stegemann/Maria Frenzel „Lebensbilder aus sechs Jahrhunderten Dorstener Stadtgeschichte“, Dorsten 1997. – DZ vom 31. Juli. 2004. – Auskunft Pressestelle „Kirche und Leben“ in Münster, 2011.