Beide Frauen hatten mit Glauben, Liebe, Literatur und Kunst zu tun
In ihrer Bühnen-Produktion „Mascha und Tisa: Glaube, Liebe, Kunst“ lassen die aus Dorsten stammende Josefine Voss und ihre in Buer aufgewachsene Schauspiel-Kollegin zwei Frauen-Biografien aufeinandertreffen, die auf den ersten Blick nur wenig miteinander zu tun haben: Zum einen die international bekannte jüdische Lyrikerin Mascha Kaléko und zum andern die bildende Künstlerin und Dorstener Ursulinen-Nonne Tisa von der Schulenburg. Das Jüdische Museum Westfalen und die Tisa von der Schulenburg-Stiftung unterbreiteten diese Personen-Kooperationsidee Josefine Voss, die nach ihrer viele Überschneidungen in den Lebensläufen der beiden Frauen feststellte. Sowohl Mascha Kaléko als auch Tisa von der Schulenburg erlebten die Berliner Künstler-Boheme-Szene während der Weimarer Republik und hatten ähnliche Freundeskreise. Spannend für Josefine Voss und Samira Julia Calder, die beide in Berlin-Charlottenburg leben, war dies auch der eigene persönliche Brückenschlag zu ihren Protagonistinnen.
Auf Spurensuche im alten Tisa-Atelier des Ursulinenklosters in Dorsten
Josefine Voss, die sich schon in der Abschlussarbeit ihres Schauspielstudiums mit dem Leben und Wirken von Mascha Kaléko beschäftigt hatte, und Samira Julia Calder durften bei den Vorbereitungen auch im Atelier der verstorbenen Tisa von der Schulenburg bei den Ursulinen auf Spurensuche gehen. Josefine Voss hatte in der Schultheater-AG des St. Ursula-Gymnasium ihre ersten Schauspiel-Erfahrungen und 2009 das Abitur gemacht.
In ihrem Bühnen-Programm verweben die beiden Künstlerinnen Gedichte, Briefe, Begebenheiten aus den Lebensläufen von Mascha und Tisa, mal lesen sie vor, dann gibt es schauspielerische und gesangliche Einlagen. Begleitet werden sie vom Musiker Tobias Sicken, ebenfalls Dorstener St. Ursula-Absolvent, jetzt in Bochum lebend, wo er mit „Snowfall in June“ seine eigene Indie-Folk-Band hat. Mit improvisierenden Gitarren-, Cello- und E-Bass-Klängen sorgt er für mehr als nur atmosphärische Klänge. Brüche in Glaubensfragen, ausschweifende und komplizierte Liebeserfahrungen, das Leben in der Emigration – es gibt viele Parallelen bei Mascha und Tisa, die sich als Frauen erst in der Kulturwelt behaupten mussten. – Die Premiere „Mascha und Tisa: Glaube, Liebe, Kunst“ fand im November 2021 im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten statt, eine weitere Aufführungen im Tisa-Archiv in Hervest.
Mascha Kaléko, Jüdin, (gebürtig Golda Malka Aufen, * 1907 in Chrzanów, Galizien, Österreich-Ungarn; † 1975 in Zürich) war eine deutschsprachige, der Neuen Sachlichkeit zugerechnete Dichterin. 1938 wurde ihre Ehe mit Saul Kaléko geschieden. Sechs Tage später heiratete sie Chemjo Vinaver. Sie behielt den Namen Kaléko als Künstlernamen bei. Bald wurden ihre Bücher als „schädliche und unerwünschte Schriften“ von den Nationalsozialisten verboten. Die Familie emigrierte im September 1938 in die USA.
Tisa Gräfin von der Schulenburg, Protestantin, Katholikin, * 1903 in Tressow; † 2001 in Dorsten, war eine deutsche bildende Künstlerin, die in Berlin und Paris studierte. 1928 hatte sie den Juden Fritz Hess geheiratet, mit dem sie ins britische Exil ging und 1938 wieder nach Deutschland zurückkehrte, sich scheiden ließ, erneut heiratete, sich wieder scheiden ließ und nach ihrem Übertritt zum Katholizismus 1950 als Sr. Paula in das Ursulinenkloster in Dorsten eintrat.
Siehe auch: Tisa von der Schulenburg (Artikelübersicht)
Siehe auch: Josefine Voss
Quelle: Michael Klein in DZ vom 16. Nov. 2021