Nutzung: Stadtämter, Asylbewerber-Unterkunft, Gastronomie, Büros
Das mit 55 Kindern und ihrem Lehrer Schumacher 1890 bezogene Gebäude gehört zu den Schulen, deren Umnutzung nach Beendigung des Schulbetriebes einer Würdigung bedarf. Durch die Zuzüge von Zechenarbeiterfamilien wuchs die Schülerzahl rasch an: 1906 waren es bereits 124 Kinder, die im Schichtbetrieb in dem einzig vorhandenen Schulraum Unterricht erhielten. Vielfältige Konflikte waren zwischen katholischen und evangelischen Schülern und Eltern, zwischen angestammten zentrumstreuen Bauern und Kaufleuten sowie zugezogenen sozialistischen Bergleuten zu schlichten. 1907 ermordete der Arbeiter Anton Muckel die 13-jährige Marien-Schülerin Wilhelmine Bleckmann. Der Täter wurde hingerichtet. Die beengenden Verhältnisse in der Schule wurden durch den Anbau eines Südflügels (1907) und eines Nordflügels (1911) verbessert. Ein Neubau der Augustaschule in Hervest-Dorsten, wohin 71 Kinder wechselten, trug ebenfalls zur Entspannung bei. 281 Kinder blieben an der Marienschule. Die Zahl stieg nach dem Ersten Weltkrieg in 16 Klassen auf über 700 an. 1920/21 sollte die katholische Marienschule eine weltliche werden. Dagegen sträubten sich Eltern und Gemeindevertreter. Durch Änderung der Schulgrenzen reduzierte sich die Klassenzahl im Jahre 1927 auf fünf.
Literarischer Arbeitskreis dort gegründet
1939 wurde aus der Marienschule die „Horst-Wessel-Schule“ – für Katholiken und Evangelische gleichsam. 300 Kinder waren es 1944. Bomben richteten im Zweiten Weltkrieg großen Schaden an. Dann quartierten sich zuerst deutsche, danach alliierte Besatzungssoldaten ein. Doch schon im Herbst 1945 konnte der Unterricht in zwei evangelischen und vier katholischen Klassen wieder aufgenommen werden. Allerdings zogen schon zwei Monate später die evangelischen Schüler in die Josefschule um, was von Eltern und Kindern der Pfarrgemeinde St. Marien als „ein hoher Festtag“ gefeiert wurde. 1967 endete der Schulbetrieb. Die neu erbaute von-Ketteler-Schule wurde nun Schule der Kinder des Marienviertels. In das Gebäude zog vorübergehend die Musikschule; Mitte der 1970er-Jahre bis 1989 richteten Schulen der Umgebung dort Klassen ein. Als die Schülerzahlen wieder sanken, wurde die Schule anderweitig genutzt: vom Literarischen Arbeitskreis Dorsten (LAD), vom Schulverwaltungsamt und vom Steueramt, dann zehn Jahre lang von Asylbewerbern. Nach umfangreicher Renovierung zogen 1999 eine gehobene Gastronomie, eine Bäckerei, eine Galerie sowie Büroräume in das Gebäude, was sich zwischendurch immer wieder ändert (siehe Schulwesen; siehe Mordfall Muckel).
Quelle:
Edelgard Moers: „Die Marienschule im Wandel der Zeit“ in HK 2001.