Flugtage locken jedes Jahr mehrere tausend Zuschauern an
Die erste Segelfliegergruppe, die 1931 in Hervest-Dorsten in der Schankwirtschaft Grobe gegründet wurde, nannte sich Luftsportverein „Herrlichkeit Dorsten“ und hatte sich in den von den Arbeitsämtern errichteten Werkstätten für Arbeitslose in der Berufsschule gebildet. Daher war sie stark an die Amtsverwaltung gebunden, von der man sich aber bald löste. In diesem Verein entstand auch das erste motorlose Flugzeug, ein so genannter offener Gleiter, der auf den Namen „Herrlichkeit“ getauft wurde und mit dem die ersten Flugversuche auf einem Gelände in der Erler Heide hinter dem Forsthaus Freudenberg unternommen wurden. Mit dabei waren damals Heinz Brenscheidt, Alfred Butgereit, Heinrich Funke, Bernhard Gellenbeck, Karl Kaufer, Hans Spengler, Willi und Hans Scheuch, Franz Sures, Otto Thybussek, Fritz Kollecker, Rudi Beckmann und Franz Vier. Ein zweites, besseres Flugzeug mit dem Namen „Westfalen“ folgte.
Jungen zur vormilitärischen Ausbildung missbraucht
In der Gaststätte Koop wurde 1932 der Luftfahrtverein Dorsten gegründet, dessen Vorsitzender Dr. Wiethof war. 1933 förderte der Staat den Flugsport und vor allem die Jugend begeisterte sich fürs Fliegen. Ein Jahr später schlossen sich die Gruppen Hervest-Dorsten und Dorsten zusammen und flogen mit ihren inzwischen zwei Gleitern („Westfalen“ vom Typ „Berliner Flieger“) in den Borkenbergen. Doch schon bald wurde der Luftsportverein von den Nationalsozialisten „gleichgeschaltet“ und der Segelflugsport zur vormilitärischen Ausbildung missbraucht. Die Segelflieger-HJ nahm vom Luftsportverein Besitz. Als der Zweite Weltkrieg begann, hatte der Luftsportverein genügend Flugzeuge aller Klassen, um den 160 Mitgliedern das Fliegen beizubringen. Aufgrund der militärischen Vergangenheit verboten 1945 die Alliierten den Segelflugsport. Nach Aufhebung des Verbots im Jahre 1951 gründeten 62 Dorstener in der Gaststätte Schenke den Verein neu, wählten Oberingenieur Schneemilch zum Vorsitzenden und richteten in einem Schweinestall der früheren Krankenanstalten von Maria Lindenhof eine einfache Werkstatt ein. 1953 wurde der Doppelsitzer auf den Namen „Bettelstudent“ getauft, weil das Geld für den Bau zusammengebettelt worden war. Danach wurden auch Kunststoffflugzeuge gebaut. 1955 fand der erste Flugtag nach dem Krieg auf einem Acker in der Marler Heide statt, der große Begeisterung hervorrief. Im Juli 1955 stießen in den Borkenbergen in 200 Meter Höhe zwei Segelflugzeuge zusammen und stürzten ab. Dabei starb auch der Dorstener Segelflieger Winfried Sladky. Ein Jahr darauf taufte Bergwerksdirektor Dr. Wilde auf dem Marktplatz in Dorsten das neue Segelflugzeug des Luftsportverbands Dorsten auf den Namen „Kamerad Friedel“ nach dem abgestürzten Winfried Sladky.
Auch Maschinen aus dem Zweiten Weltkrieg
Geflogen wurde auf dem Flugplatz „Schwarze Heide“ in Kirchhellen, dann schloss sich der Verein der Borkenberge-Gesellschaft an. 1959 konnte im Bereich Ovelgünne mit einem Flugtag ein eigener Flugplatz mit einer 1.000 m langen Start- und Landebahn eröffnet werden, der in 50.000 Arbeitsstunden von Mitgliedern gebaut worden war. Den Platz stellte die Hoesch AG zur Verfügung. Mehrmals wurde der Flugplatz erweitert, bekam eine Tribüne und einen Hangar. Flugtage, bei denen auch große Militärmaschinen wie die Senkrechtstarter Harrier landeten, wurden zur Attraktion von Zehntausenden von Besuchern. Inzwischen ist der Dorstener Segelflugplatz auch für den Betrieb leichter Motorflugzeuge zugelassen. Etwa 75 nostalgische Doppeldecker, Maschinen aus dem Zweiten Weltkrieg, Schulflieger, Transportflugzeuge und andere waren beim zweitägigen Flugtag im September 2011 Publikumsmagneten. Zum Flugtag 2013 kamen über 6.000 Besucher. Was die Veranstalter zu bieten hatte, konnte sich auch sehen lassen: u. a. ein Oldtimer-Flugzeug aus dem Jahre 1941 („Tiger Moth“).
Im Juni 2015 stellte der Lions-Club Dorsten-Hanse, die Geschichts-AG des Gymnasium Petrinum und der Verein für Orts- und Heimatkunde Dorsten am Segelflugplatz die 40. Geschichtsstation (Tafel) auf, die über den Flugplatz informiert. Aus der Jahresbilanz 2015 einige Zahlen: 1350-mal startete ein Flieger, am Flugtag waren 4000 Gäste anwesend, langjährige Mitglieder wurden geehrt (Heinz Kleine-Voßbeck für 60 Jahre, Ulrich Holz für 50 Jahre) und Andreas Peters flog mit 3524 die meisten Kilometer.
Segelflugzeug abgestürzt: 18-jähriger Pilot bleibt in Baum stecken
Am Flugplatz Dorsten stürzte Mitte Mai 2017 ein Segelflugzeug ab. Ein 18-jähriger Flugschüler hatte bei einem Übungsflug die Kontrolle über die Maschine verloren und war dann in der Nähe des Flugplatzes in einen Baum gekracht. Dort blieb es in zwei Metern Höhe stecken. Die Feuerwehr konnte den Piloten leicht verletzt aus dem Cockpit befreien. Er kam vorsorglich zur Untersuchung ins Krankenhaus. Um das Segelflugzeug zu bergen, wurde dann ein Kran eingesetzt. Spurensicherer der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung stellten die Ermittlungen ein, nachdem sie festgestellt hatten, dass es sich lediglich um einen Fehler des Flugschülers und nicht um Störung des Luftverkehr handelte, teilte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Braunschweig mit.
Flugschüler aus Dorsten starb bei Absturz am Flugplatz „Schwarze Heide“
Beim Absturz eines Leichtflugzeugs am Flugplatz „Schwarze Heide“ bei Marl war ein Flugschüler aus Dorsten ums Leben gekommen. Die Ursache des Unglücks war noch völlig unklar. Wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft Duisburg am 18. November 2023 in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten, war das Flugzeug am 17. November gegen 18.05 Uhr in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes „Schwarze Heide“ abgestürzt. An Bord der Maschine waren der Flugschüler (58) aus Dorsten und sein Fluglehrer (73) aus Erkrath. Das Leichtflugzeug der Marke Reims-Cessna stürzte offenbar beim Landeanflug in einem Waldstück neben dem Flugplatz ab und zerbrach in mehrere Teile. Durch den Aufprall verstarb der Dorstener nach Behördenangaben noch an der Absturzstelle. Der 73-jährige Fluglehrer kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein überörtliches Krankenhaus. Die Feuerwehr Bottrop war nach eigenen Angaben mit ca. 60 Einsatzkräften der Feuer- und Rettungswachen 1 und 2 sowie den Freiwilligen Feuerwehren Kirchhellen, Grafenwald und Fuhlenbrock bis zum späten Abend im Einsatz. Zudem unterstützte der Rettungsdienst der Stadt Dinslaken an der Einsatzstelle, weil die Absturzstelle zunächst unklar war. Um auszuschließen, dass noch weitere Personen bei dem Absturz verletzt wurden, wurde später das Waldstück weitläufig abgesucht. Was genau zu dem Absturz geführt hat, ermitteln jetzt die Kriminalpolizei unter Leitung der Staatsanwaltschaft Duisburg und die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft berichtet am 21. November auf Nachfrage der Dorstener Zeitung über den Ermittlungsstand: Der 73-jährige Fluglehrer schwebe nicht mehr in Lebensgefahr. Die Staatsanwaltschaft erhofft sich durch seine Aussage weitere Hinweise, warum das Leichtflugzeug beim Landeanflug abgestürzt und in mehrere Teile zerschellt ist. Da plötzlich Nebel aufgetreten war, könnte die Sicht des Flugschülers und des Fluglehrers behindert gewesen sein. Die Ergebnisse der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) lag im Februar 2024 vor.
Bundestelle untersuchte den Flugzeugabsturz des Dorsteners
Die These der ermittelnden Staatsanwaltschaft Duisburg: Plötzlich auftretender Nebel habe die Sicht der beiden Insassen behindert und so zum Absturz geführt. Konkreteres sollten die Untersuchungen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) zeigen. Mittlerweile liegt ein öffentlich einsehbarer Zwischenbericht vor. Indes ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung gegen den Fluglehrer, der sich bei dem Absturz schwer verletzte.
Anlass des Fluges: Laut Zwischenbericht haben sich der Flugschüler aus Dorsten und der Fluglehrer aus Erkrath am Verkehrslandeplatz in Dinslaken getroffen. Es sollte die erste praktische Flugstunde durchgeführt werden, damit der Dorstener seine Nachtflugberechtigung (NFQ) erlangen konnte. Der 73-jährige Fluglehrer habe im Vorfeld des Fluges im Vereinsheim eine Flugvorbereitung durchgeführt und die Wetterdaten abgerufen. Laut des Flugleiters habe sich die Besatzung der Cessna F 172M bei ihm über Funk wegen des Ausbildungsfluges gemeldet.
Fluglehrer: Die Sicht habe sich „schlagartig“ verschlechtert
„Als sich die Besatzung im Endanflug meldete, habe er die Cessna nicht in Sicht gehabt. Kurze Zeit später vernahm er das Geräusch einer Leistungserhöhung eines Triebwerkes.“ Anhand von geborgenen Datenträgern konnte die BFU den Flugweg rekonstruieren. Die Auswertung der Daten habe ergeben, dass die Cessna kurz vor dem Aufsetzen durchgestartet sei – etwa zwölf Meter über dem Boden. Fünf Sekunden später habe der Flugleiter „einen dumpfen Knall“ vernommen. Denn: Während des Steigflugs sei das Flugzeug nach rechts abgekommen und mit Bäumen kollidiert.
Flugschüler hatte seine Ausbildung zum Privatpiloten 2021 begonnen
Da sich die zweiköpfige Besatzung der Cessna nach dem Knall nicht mehr über Funk gemeldet habe, sei der Alarmplan abgearbeitet worden. Etwa 100 Meter nördlich der Piste sei daraufhin das Flugzeugwrack gefunden worden. Der Zwischenbericht führt aus, dass der Fluglehrer seit dem 8. November 1994 unter anderem die Lizenz als Privatpilot der Europäischen Union bis zum 30. November 2025 innehatte. Der Fluglehrer verfügte ebenfalls über ein gültiges flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis – ausgestellt am 10. Juli 2023 und gültig bis zum 16. August 2024. Er hatte allerdings die Auflage, eine Brille zu tragen. Zudem kommt der Fluglehrer auf eine Flugerfahrung von 3179 Stunden, davon 135 Stunden bei Nacht. Das verrät das persönliche Flugbuch.
Der Flugschüler aus Dorsten hatte am 1. Mai 2021 seine Ausbildung zum Privatpiloten begonnen. Die Lizenz erhielt er am 15. Mai 2023. Gültig war diese bis zum 30. April 2025. Das flugmedizinische Tauglichkeitszeugnis war ausgestellt bis zum 12. Juli 2024, ebenfalls mit der Auflage, eine Brille zu tragen. Die gesamte Flugerfahrung des Dorsteners betrug 217 Stunden.
Bei der Cessna F 172M handelte es sich um ein einmotoriges Flugzeug – Baujahr 1974. Es befand sich im Besitz einer Flugschule und war in Deutschland zum Verkehr zugelassen. Die letzte Wartung war am 17. Oktober 2023 durchgeführt worden. Der Flugleiter gab an, dass es zum Startzeitpunkt dunkel gewesen sei. Dazu habe ein schwacher Wind bei Temperaturen um 5 Grad Celsius geweht. Die Sicht gab er beim Start mit 5 bis 7 Kilometer an. Danach habe sich die Sicht beim Endanflug so verschlechtert, dass der Windsack in etwa 80 Metern Entfernung nicht mehr zu erkennen gewesen sei. Ein anderer Pilot, der gegen 17.10 Uhr den Flugplatz Schwarze Heide anflog, habe sein Landevorhaben abgebrochen und sei zum Dortmunder Flughafen ausgewichen. In einer Höhe von rund 500 Meter habe der Pilot im Dunst die Sicht auf etwa einen Kilometer geschätzt.
Weitere Abstürze am Flugfeld „Schwarze Heide“ 2021 und 2022
Im September 2022 war ein Ultraleichtflugzeug auf den Parkplatz vor dem Zirkus Flic Flac in Duisburg abgestürzt. Beide Insassen starben, Autos von Besuchern gehen in Flammen auf. Die beiden Männer aus Bottrop und Dortmund waren vom Flugplatz „Schwarze Heide“ zu einem Rundflug aufgebrochen. Im März 2021 waren auf dem Flugplatz „Schwarze Heide“ zwei Männer mit einem Leicht-Helikopter abgestürzt. Das Fluggerät knallte auf einer Rasenfläche nördlich der Asphaltbahnen auf die Erde, überschlug sich. Ernsthaft verletzt wurde aber niemand.
Über 6000 Zuschauer beim Flugtag 2017
Zum Flugtag im Juli 2017 kamen etwa 6000 Zuschauer. Über 60 Piloten und ihre Flugzeuge, nostalgische Maschinen bis zu hochmodernen Kunstfliegern, waren dem Ruf des Veranstalters auf das Gelände gefolgt. Der weiteste Anflug erfolgte aus Belgien, der älteste Teilnehmer war 85 Jahre alt. Auf dem Parkplatz zeigten diverse Teilnehmer ihre Oldtimer mit einem anschließenden Korso durch Dorsten.
Quellen:
Festschrift: „50 Jahre Luftsportverein Dorsten. 1931-1981“. – Wolf Stegemann „Seit 1931 begeistern sich Dorstener am Luftsport“ in RN vom 28. Juni 1986. – Stefan Diebäcker in DZ vom 20. Nov. 2023. – DZ vom 1. März 2024.