Klinischer Psychologe, Feldforscher, Sozialkritiker und Künstler in Berlin
Geboren 1937 in Dorsten; Psychologe und Hochschullehrer. – Liest man seine Vita auf den Universitätsseiten, auf Wikipedia und Artikel über ihn in den Zeitungen zwischen Berlin und München, dann bekommt man Ehrfurcht vor einem Mann, der als ein mit akademischen Titeln ausgestatteter Wissenschaftler ebenso erfolgreich war, wie er es als Objekt-Künstler ist. Die Rede ist von dem 1937 in Dorsten geborenen Heiner Legewie.Er besuchte in Dorsten das Gymnasium Petrinum, studierte ab 1957 Medizin und Psychologie an der Universität Tübingen, wechselte 1960 an die Universität Hamburg, an der er 1961 ein Diplom in Psychologie erwarb und 1965 das Medizinstudium mit Staatsexamen und Promotion Dr. med. abschloss.
Legewie wurde 1965 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychologie der Universität Düsseldorf und wechselte 1967 an das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Ebenfalls 1967 folgte die Bestallung als Arzt. 1968 wurde Heiner Legewie an der Universität Düsseldorf mit der Arbeit „Persönlichkeitstheorie und Psychopharmaka: kritische Untersuchungen zu Eysencks Drogenpostulat“ zum Dr. phil. promoviert, 1975 erfolgte die Habilitation und Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach Psychologie durch die Ludwig-Maximilians-Universität München.
1977 folgte Legewie einem Ruf auf die Professur für Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie an der Technischen Universität Berlin, die er bis zu seiner Emeritierung 2002 innehatte. Seit 2002 übt er Forschungs- und Lehrtätigkeiten am Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin aus. Des Weiteren war Legewie 2004 Visiting Professor der Università degli Studi di Palermo sowie von 2005 bis 2006 Dozent im interdisziplinären Masterstudiengang Community Management der Università Frederico II – Fondazione Mediterraneo a Napoli.
Heiner Legewies Forschungsgebiete und Veröffentlichungen
Heiner Legewie beschäftigte sich mit Gemeindepsychologie, mit der Gesundheitsförderung in Organisationen, Stadt, Umwelt und Technikentwicklung. Außerdem arbeitete er über Methoden der qualitativen Sozialforschung sowie zu computerunterstützte Methoden des qualitativen Wissensmanagements. Heiner Legewie veröffentlichte eine Reihe Forschungsarbeiten, darunter mit Hans-Joachim Bochnik „Multifaktorielle klinische Forschung: Statistische Methoden mit einer Faktorenanalyse bei progressiver Paralyse“ ( Stuttgart 1964), „Persönlichkeitstheorie und Psychopharmaka: Kritische Untersuchung zu Eysencks Drogenpostulat (1968), „Moderne Psychologie“ (Zürich 1972, 7 Auflagen), „Alltag und seelische Gesundheit: Gespräche mit Menschen aus dem Berliner Stephanviertel“ ( Bonn 1987), mit Wolfram Ehlers: „Knaurs moderne Psychologie“, überarbeitete Taschenbuchausgabe (München 1994), mit Alf Trojan „Nachhaltige Gesundheit und Entwicklung: Leitbilder, Politik und Praxis der Gestaltung gesundheitsförderlicher Umwelt- und Lebensbedingungen“ ( Frankfurt/Main 2001).
Zusammenarbeit mit Politikern in der Feldforschung oft behindert
Wo es in der wissenschaftlichen Arbeit prinzipielle Schwierigkeiten gab, wurden auch sie zu seinem Forschungsgegenstand wie zum Beispiel das Problem, Methoden einer systematischen Analyse von Äußerungen in der Alltagssprache zu entwickeln. Die Hindernisse der Zusammenarbeit in der kommunalen Gesundheitsförderung gaben Anlass zum Erarbeiten eines – preisgekrönten – Leitfadens mit dem Titel „Zusammenarbeit professionell gestalten“. Denn die Kooperation verschiedener Ressorts ist „extremely difficult“ – so zitierte Legewies Hamburger Kollege Alf Trojan die sonst so zurückhaltende Weltgesundheitsorganisation.
Wie verhindert man etwa den sozialen Abstieg eines Stadtteils? Nur durch gemeinsame Anstrengungen. Aber da gebe es den einseitigen Ressort-Blick, die „Zuständigkeiten“, die Konkurrenz der Fachpolitiker um Einflussbereiche, den Mangel an wirksamen Steuerungsinstrumenten für „integrierte“ Politik. Für die TU sei eine sozial orientierte, qualitativ forschende Psychologie in Zusammenarbeit mit Architektur, Stadt- und Umweltforschung besonders wichtig, meinte Legewie. Aber sein Lehrstuhl wurde mit seinem Ausscheiden gestrichen. Das war das Ende einer Ära.
Künstler danach: Skulpturen, Plastiken, Objekte, Lichtkunst
Die seiner Kunst begann. 2002 wurde Professor Legewie emeritiert. Im wahrsten Sinne des Wortes in den Unruhestand. Denn in Berlin, wo er wohnt, widmete er sich nun der Kunst. Nicht irgendeiner, sondern seiner. Seine Arbeitsgebiete sind Plastiken, Skulpturen, Objekte, Lichtkunst. Dazu besuchte er zahlreichen künstlerischen Fortbildungen und Praktika zur plastischen Gestaltung, u. a. in der Gipsformerei der Staatlichen Museen Berlin und der Maskenwerkstatt von Prof. Agostino Dessì Florenz. Seit 2010 gestaltet er Skulpturen und Masken in eigenem Atelier. Die Masken entstehen in traditioneller Pappmachétechnik nach seinen Entwürfen oder auf der Basis von Gesichtsabformungen. Der Einsatz von Seidenpapier führt zu neuartigen transluzenten Masken, die in Zusammenarbeit mit dem Lampenbauer Dieter Menzel (Lumenzel) zu Lichtobjekten oder Masken-Leuchten entwickelt werden.