Immobilien AG in der Kritik: Vernachlässigung der Häuser und Verkauf
Von Wolf Stegemann – Die „Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen GmbH“ (LEG) hat 1997 große Wohnungsbestände in Wulfen-Barkenberg von der 1920 gegründete „Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten im rheinisch-westfälischen Industriegebiet“ (THS) mit damaligem Sitz in Essen übernommen. Die LEG war somit die weitaus bedeutendste Vermieterin in Barkenberg. Das Land NRW war zu über 90 Prozent Anteilseigner und somit Eigentümerin des Unternehmens und der Wohnungen in Barkenberg. Die Landesregierung (CDU, FDP) verkaufte das Wohnungsunternehmen im Juni 2008 an den Whitehall-Fond der Bank Goldman Sachs, der das Unternehmen an die Börse brachte und benannte das nunmehr private Unternehmen um in „LEG Immobilien AG“. 2019 wurde der gesamte LEG-Wohnungsbestand an die Velero-Gruppe verkauft (siehe unten).
Später Widerstand von Mietern und Parteien in Wulfen-Barkenberg
Der Verkauf löste nicht nur bundesweit Schlagzeilen aus, sondern auch den späten Widerstand der Mieter und der Oppositionsparteien SPD und Grüne. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte am 5. Dezember 2008 mit „Angst in der Siedlung“. Die machte sich nicht erst 2008 breit. Denn die beiden Oppositionsparteien hatten zu Zeiten der rot-grünen Landtagsregierung selbst schon mit dem Verkauf der LEG geliebäugelt. Damals konnte die Lobby von Mietern, Sozialverbänden und Gewerkschaften das verhindern. 2008 war das anders. Es regte sich in LEG-Siedlungen in Dortmund, Bochum, Lünen und in Dorsten-Wulfen organisierter Widerstand, doch um ein späteres Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, wären erst einmal 66.000 Unterschriften nötig gewesen. Dazu kam es nicht, denn die Mieter wurden mutlos. Wohnungen wurden von der neuen LEG bereits an andere Unternehmen verkauft, darunter das Wohnungsunternehmen Gagfah, hinter dem der amerikanischer Investor Fortress steckte. Mit Stand von 2012 umfasst der Wohnungsbestand der LEG in Barkenberg knapp 1100 Wohnungen mit 3000 Mietern. Die Häuser waren zwischen 1967 und 1974 gebaut worden.
Weitere Aufkäufer der LEG-Wohnungen hießen Terra, Morgan Stanley, Deutsche Annington oder auch Cerberus wie der dreiköpfige Höllenhund aus der griechischen Mythologie. Meist kamen sie aus Großbritannien oder den USA. Für die Finanzinvestoren barg der Kauf kaum Risiken. Das Gros finanzierten sie durch Bankkredite, die sie aus den laufenden Mieteinnahmen bedienten.
Wohnungsgesellschaften zahlen über Jahre hinweg keine Steuern
Mit den Krediten belasteten die Investoren die aufgekauften Wohnungsgesellschaften und verrechnen deren Mieteinnahmen mit den Kreditkosten. Auf diese Weise müssen sie über Jahre auf ihr Engagement keine Steuern zahlen. Nach dem Muster kauften Investoren allein in Deutschland zwischen 2002 und 2008 über 650.000 Wohnungen, wobei ihnen klamme Landeskassen und Stadtkassen den Kauf leicht machten. Der Protest des Aktionsbündnisses gegen den Verkauf der LEG scheint damals nicht bis nach Dorsten und Wulfen-Barkenberg durchgedrungen zu sein. In Barkenberger LEG-Wohnungen, schreib die „Süddeutsche Zeitung“, zahle man für eine 50 Quadratmeter große Wohnung 240 Euro und zitiert einem Mieter: „Nein, von einer Privatisierung habe ich noch nichts gehört. So günstig können Sie in der ganzen Umgebung nicht wohnen.“ Und weiter schreibt die Zeitung:
„Auf den ersten Blick wirkt die parkähnliche Anlage mit hohen Bäumen, weitläufigen Grasflächen zwischen den Häusern und spielenden Kindern idyllisch. Doch die ungenutzten Fußgängerbrücken über leeren, viel zu großen Straßen lassen aufmerken. Die Erklärung: Die Neue Stadt Wulfen planten Bund und Land 1958 als städtebauliches Modellvorhaben für 46.000 Einwohner. Nicht einmal ein Viertel davon ist verwirklicht, weil zwischenzeitlich das Sterben von Zechen und Stahlindustrie insbesondere die nördliche Ruhrregion traf. Vor allem unattraktive Wohnungen wie die in dem achtgeschossigen Block an der Dimker Allee blieben häufig leer. Jetzt wird der Block ebenso wie weitere Gebäude abgerissen. Dafür zahlt das Land 4,3 Millionen Euro.“
SPD-Landtagsabgeordneter: Mieterhöhung über Tricksereien
Parallel investiert die LEG 20 Millionen Euro in die Modernisierung benachbarter Gebäude. Damit verhindert die Gesellschaft gemeinsam mit dem Land eine Abwärtsspirale von Leerstand, Kriminalität und Ghettobildung, an deren Ende der Wert einer Siedlung Etliche Mieter der LEG-Wohnungen bekamen eine Ankündigung der Mieterhöhung zum 1. März 2011. Dazu der SPD-Landtagsabgeordnete Michael Hübner in einer Presseerklärung: „Dieses Vorgehen ist eine bewusste Täuschung der Mieterinnen und Mieter.“ Er kritisierte den Verkauf der ehemals landeseigenen Wohnungsgesellschaft LEG durch die NRW-Landesregierung im Jahr 2008 als einen sich „heute deutlich“ sich zeigenden Fehler. „Der Finanzinvestor will durch Trickserei über ungerechtfertigte Mieterhöhungen die Rendite steigern.“ Das Land NRW habe keinerlei Einflussmöglichkeiten mehr auf die Geschäfte der LEG. Im November 2011 glättete das LEG-Unternehmen die Wogen und teilte über die Presse mit, dass in Barkenberg weiter investiere und noch einmal rund 1,1 Millionen Euro für Modernisierung der Gebäude Surick 1-19 und der Gebäude Barkenberger Allee 15-19 ausgebe. Die Gebäude erhielten einen neuen Anstrich und teilweise neue Fenster. Darüber hinaus installierte die LEG neue Dächer, sanierte die Balkone und wertete die Eingangsbereiche optisch auf, um den Wohnwert für die Mieter zu steigern. 2012 wurden die Mehrfamilienhäuser am Himmelsberg 19 – 31 frisch renoviert. Auch wurden Wohnhäuser an der Straße Surick und an der Barkenberger Allee von der LEG verschönert. Insgesamt wurden über 2,5 Millionen Euro ausgegeben.
Bröckelnder Beton, lose Verkleidungen, Feuchtigkeit in den Wänden
Ungeachtet dieser notwendigen Renovierungen kaputter Fenster und reparaturbedürftiger Dächer blieb ein großer Bedarf an weiteren Reparaturen, die unterblieben: Diese Missstände wurden lange Zeit politisch und medial nicht beachtet, da die LEG die Häuser wunderschön anmalen hat lassen, Farbe in die Wohnwelt ihrer Mieter brachte und hin und wieder auch medienwirksam für einen Spielplatz spendete. Noch 2014 bescheinigte die Lokalzeitung der LEG in einem Kommentar, das sie, zusammen mit der Stadt Dorsten und der Dorstener Wohnungsgesellschaft (DWG) ein „existentielles Interesse daran habe, das öffentliche und private Umfeld in Barkenberg aufzuwerten, um damit das soziale Gefüge im Stadtteil zu stabilisieren“. So hatte es auch den Anschein. Doch hinter den bunten Fassaden bröckelte es. Die Dachentwässerung (Surick) erfolgte nicht mehr über unterirdisch geführte Rohre in die Kanalisation, sondern die Rohre wurden über Grundstücke und Zäune und auf Gehwegen gelegt und das Regenwasser auf die Gehwege gespült. Von Balkonen bröckelte der Beton, was Passanten und andere Mieter gefährdete wie herab fallende Verkleidungsplatten ebenfalls, Feuchtigkeit setzte sich in den Wänden der Wohnungen fest. Die „Dorstener Zeitung“ titelte am 17. Juni 2016 „Abenteuerliche Zustände – Mieter prangern Verwahrlosung und Vernachlässigung von LEG-Häusern an“.
Mieter dokumentierten die Vernachlässigung der Häuser durch die LEG
Die LEG-Mieter hatten zur Eigeninitiative gegriffen und die Verwahrlosung der Häuser mit der Kamera dokumentiert. Bei einer Diskussionsveranstaltung des LEG-Mieterbeirats (20 Zuhörer) im Juni 2016 verschlug es dem wohnungspolitische Sprecher des Mietervereins Dortmund, Dr. Tobias Scholz, schlichtweg den Atem ob solcher Zustände. Wie die DZ schrieb, sammelte das städtische Bauordnungsamt die Bilddokumente der Mieter ein, um „sich damit näher befassen zu können“ und gegebenenfalls sich mit der „LEG in Verbindung zu setzen“. Gegenüber der „Dorstener Zeitung“ legte Dagmar Stobbe vom Bauordnungsamt die weiteren Schritte ihres Amtes fest. Drei Sachverhalte würden weiterverfolgt: schadhafte Gebäudefassade an der Talaue, Regenwasserableitungen im Bereich Surick und Barkenberger Allee und schadhafte Balkone an der Kampstraße. Maßnahmen dagegen sind nach dem „Wohnungsaufsichtsgesetz“ möglich und unter Umständen zwingend gegeben.
Wohnungen Rendite-Spekulationsobjekt der Investoren
Welche Folgen die eingangs geschilderte Privatisierung öffentlichen Wohnraumes haben kann, belegt der Deal vom November 2014, als ein ganzes Wohnviertel in Barkenberg von einem Investor an einen anderen verkauft wurde. Ein privater Investor aus München veräußerte seine 43 Häuser mit 201 Wohneinheiten am Himmelsberg 1-17 und an der Dimker Allee 1-29 an die „Deutsche Grundbesitz AG“ in Hannover. Mit dem neuen Eigentümer fingen für die Mieter Probleme an. Der Investor beauftragte das Unternehmen „Immobilien Management Altro Mondo“ mit der Verwaltung der Häuser, was vor dem Verkauf der „Dorstener Wohnungsgesellschaft“ (DWG) oblag. Die war jetzt außen vor. Beschwerden der Mieter an „Altro Mondo“ über ausbleibende Reparaturen blieben ungehört. Claudia Engel kommentierte in der „Dorstener Zeitung“ vom 5. Dezember 2014: „Das soziale Gefüge im Stadtteil zu stabilisieren, darum schert sich die weit entfernte Investorengesellschaft in Hannover nicht. Sie mochte auch nicht dafür zahlen, dass die DWG wie bewährt die Häuser pflegt Das lässt nicht Gutes ahnen. Barkenberg hat das nicht verdient.“
Wohnungsverwaltung Altro Mondo im Visier der NRW-Landesregierung
Die NRW-Landesregierung hat gemeinsam mit zehn Städten im September 2019 eine landesweite Kontrolle zur Aufdeckung von Missständen in Wohnungen von Degag/Altro Mondo durchgeführt. Kontrolliert wurden auch Wohnungen in Dorsten. Rund 250 Mieter in Dorsten leben in Wohnungen, die von Altro Mondo verwaltet oder vermietet werden. In der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme. In zwei Mietshäusern am Himmelsberg (Wulfen) wurde beispielsweise das Wasser abgestellt, nachdem Altro Mondo die Wasserrechnung nicht bezahlt hatte.
An der gemeindeübergreifenden Kontrollaktion beteiligten sich neben Dorsten die Städte Castrop-Rauxel, Dortmund, Duisburg, Hagen, Herne, Kamen, Lemgo, Oerlinghausen und Wuppertal. Die Kommunen hatten sich auf Initiative des NRW-Bauministeriums vernetzt, nachdem vergleichbare Probleme mit Altro Mondo aufgetreten waren. Der auch für Dorsten zuständige Landtagsabgeordnete Michael Hübner (SPD) hatte von einem strukturellen Problem gesprochen und in der „Dorstener Zeitung“ (DZ) kritisiert, dass „die unzureichende Erfüllung der Pflichten von Vermietern offenbar zum Geschäftsmodell des Unternehmens gehört.“ Nach allen Darlegungen aus den Kommunen hat sich gezeigt, dass Zahlungsrückstände oder Maßnahmen zur Instandhaltung oftmals erst auf wiederholtes Tätigwerden von Behörden ausgeglichen oder betrieben würden.
Stadt an der Konrolle des Landes beteiligt
An der landesweiten Kontrollaktion, hat sich auch die Stadt Dorsten beteiligt. Ein Team um Stadtbaurat Holger Lohse nahm 22 Immobilien in der Siedlung Tönsholt in Augenschein. Ein Mitarbeiter vom Ordnungsamt schaute sich Häuser in Wulfen-Barkenberg an. Die Stadt Dorsten überprüfte den baulichen Zustand der Wohn- und Nebengebäude, die Versorgungstechnik sowie die Außenanlagen. Zu den Ergebnissen der Kontrolle machte die Stadt allerdings keine Angaben, weil man diese Altro Mondo zukommen lassen wolle. Rechtsanwalt Ruben Engel äußerte gegenüber der DZ im Namen von Altro Mondo Unverständnis für die landesweite Kontrollaktion: „An den kontrollierten Standorten wurden in den vergangenen fünf Jahren über 60 Millionen Euro in die Objekte investiert. Trotzdem lassen sich Mängel nie ganz ausschließen“. Er meinte, dass die landesweite Kontrolle „offenkundig rein politisch motiviert“ war (Quelle: Robert Wojtasik in DZ vom 18. und 19. Sept. 2019).
LEG- bzw. Velero-Häuser in Barkenberg
LEG: 2016 Steigerung der Mieteinnahmen um 23 Millionen Euro
Die LEG verwaltet in Wulfen-Barkenberg 1045 Wohnungen. Im LEG-Geschäftsbericht für 2016 wurde eine deutliche Anhebung der Dividende angekündigt. Auf der Aktionärs-Versammlung im Mai wird eine Dividende von 2,76 Euro pro Aktie ausgeschüttet. Das Bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 22 Prozent. Dies begründet der LEG-Vorstand mit Mehreinnahmen durch Mieten, die um 3,4 Prozent im frei finanzierten Wohnungsbestand erhöht wurden. So stiegen die Miteinnahmen 2016 um 23 Millionen Euro. Investiert wurde in Barkenberg 1,5 Millionen Euro. Der Mieterbeirat kritisiert, dass seit Jahren gemeldete Mängel nicht behoben wurden. – Anfang 2017 hat die Stadt Dorsten ihre Siedlungsvereinbarung für Wulfen-Barkenberg mit den Kooperationspartnern LEG Wohnen NRW GmbH und Dorstener Wohnungsgesellschaft mbH verlängert. Mit Hilfe dieser Vereinbarung als formale Grundlage und Leitlinie für die weitere Zusammenarbeit sollen die städtebaulichen Kernziele der „Neuen Stadt Wulfen“, die Förderziele des Stadtumbaus West sowie die Entwicklungsziele der Stadt Dorsten weiter im Fokus stehen.
Die Velero-Gruppe Berlin hat die 1197 LEG-Wohnungen aufgekauft
Die Velero-Gruppe Berlin hat im Juni 2019 von der LEG rechtswirksam insgesamt 2700 Wohneinheiten in verschiedenen Städten aufgekauft. Zu den Aufkäufen zählen allein 1197 Wohnungen in Wulfen-Barkenberg. Damit verwaltet die 2015 gegründete Velero-Gruppe in Deutschland einen Wohnungsbestand von mehr als 10.400 Wohnungen. Velero in Berlin hat ein Ankaufs- und Bewirtschaftungsmandat von „Immobilienfonds“. Nähere Einzelheiten, um welche Fonds es sich handelt, ob es Kapitalgeber für Wohnungskäufe aus dem Osten oder den Cayman-Inseln seien, wollte der Geschäftsführer Thomas Lange auf Anfrage der „Dorstener Zeitung“ nicht nennen. Die LEG hatte im Vorfeld der Vertragsbesiegelung betont, dass „es sich um ein reputables Unternehmen handelt“, das sich für die Wohnungen in Barkenberg interessiere. In den LEG-Wohnungen in Barkenberg sieht die Velero offenkundig Entwicklungsmöglichkeiten und will zunächst „den nicht unwesentlichen Leerstand beseitigen“, indem die Wohnungen vermietungsfähig hergerichtet werden. Das betrifft 200 Wohnungen. Perspektivisch will die Velero erreichen, dass „in Barkenberg künftig viele Mieter hinzukommen, aber auch, dass die Bestandsmieter dort wohnen bleiben“. Der Mieterbeirat bleibt allerdings skeptisch. Seit 1. Oktober ist die Velero Verwaltungsgesellschaft mbH Bochum für 1200 Mietwohnungen in Barkenberg zuständig. Zuvor war die LEG die Eigentümerin. Sie hat an die Merlion Wohnen GmbH verkauft. Deren Verwalterin ist die Velero GmbH.
Velero hat Mieten erhöht: Bei den Mietern wächst der Widerstand
Mitte des Jahres 2022 stiegen die Spritpreise, die Energie- und Lebensmittelkosten und auch die Mieten im Wohnungsbestand der Velero. Die hat ihren Mietern im Dorstener Stadtteil Wulfen-Barkenberg „Mietanpassungen“ ins Haus geschickt und begründet die Erhöhungen um 50 bis 70 Euro pro Wohnung damit, „dass es sich um eine Erhöhung nach Paragraf 558 BGB handelt, die durch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gerechtfertigt ist“. Indes meint der Vorsitzende des Mietvereines Witten und Umgebung, der einen Mieter einer Wohnung am Himmelsberger/Kampstraße in Barkenberg vertritt, dass die Mieterhöhung unberechtigt sei. . Er kritisierte zum einen formale Fehler der „Valero“, aber auch ein „ungerechtfertigtes Verlangen“ der Wohnungsgesellschaft, „weil sich aus dem Mietspiegel der Stadt für die Wohnung lediglich eine geringere ortsübliche Vergleichsmiete ergibt“. Dem schloss sich Rita Zachraj, selbst Bewohnerin einer Velero-Wohnung an der Kampstraße, vertritt als Mieterbeirätin die Interessen ihrer Nachbarn. „Bei uns wächst der Widerstand“, sagte sie der „Dorstener Zeitung“. Die Mietforderungen der Velero seien intransparent und entsprächen nicht den „ausgewiesenen Preisen im Dorstener Mietspiegel“.
„Soziale Kompetenz“ vermissen die Mieter bei der saftigen Mieterhöhung
Dem widerspricht die Velero entschieden. Auf Anfrage der Dorstener Zeitung sagte eine Sprecherin des Unternehmens: „Velero hat in Dorsten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die Mieten erhöht, um ein homogenes Mietniveau zu halten nach den Vergleichsmietenanpassungen laut Paragraf 558 BGB.“ Und sie sagt zudem, dass Velero „ihre soziale Kompetenz, da wo es möglich war, ausgeschöpft hat“. Soziale Kompetenz vermissen die Mieter des Dorstener Wohnungsbestandes aber im Hinblick auf die aus ihrer Sicht saftigen Preiserhöhungen. Einige haben neben dem Mieterverein aufgrund bestehenden Rechtsschutzes einen Fachanwalt für Mietrecht bemüht.
Redakteurin Claudia Engel kommentiert in der DZ am 10. Januar 2022 (Auszug): „Vielen dürfte es wie Hohn vorkommen, wenn Velero „soziale Kompetenz“ im Zusammenhang mit Mietererhöhungen von 50 bis 70 Euro pro Monat bemüht. Viele Mieter können sich das nicht leisten, da sie nur kleine Einkommen oder Renten haben. Stillschweigend hinnehmen sollte das kein Mieter. Dann wird nämlich aufgrund der stetig steigenden Zahl von Vergleichsmieten immer weiter an der Mietpreisschraube gedreht.“
Politiker besuchten 2023 „aufgehübschte“ Häuser der Velero-Siedlung
Immer wieder kritisierten Mieter und Mitglieder einer Mieterinitiative gegenüber der Wohnungsverwaltung Velero Kritik über Intransparenz bei der Nebenkostenabrechnung, über Mieterhöhungen bis hin zu Schimmel. Die Mieterinitiative hatte diese Punkte unter anderem in einem offenen Brief öffentlich angeprangert. Erreicht hat dieser Brief im Juni 2023 auch die Dorstener Lokalpolitik. Um sich selbst ein Bild von der Situation in der Barkenberger Velero-Siedlung zu machen, waren fast alle Vorsitzenden der Dorstener Ratsfraktionen Anfang Juni 2023 vor Ort: Bernd-Josef Schwane (CDU), Friedhelm Fragemann (SPD), Thorsten Huxel (Grüne), Manuel Seth (Die FRAKTION feat. Die Linke) und Bürgermeister Tobias Stockhoff (CDU). Die Politiker haben sich von Valero-Mitarbeitern durch die Wohnkomplexe in Barkenberg führen lassen und begutachteten den Zustand von Wohnungen, Treppenhäusern sowie Außenanlagen. Sie nahmen die Gelegenheit wahr, sich in einigen Häusern auch mit Schutzsuchenden aus der Ukraine und weiteren Bewohnerinnen und Bewohnern auszutauschen, um deren Erfahrungen aus erster Hand zu erfahren.“ In der gemeinsamen Erklärung schilderten Stadt und Velero: „Die besichtigten und zur Vermietung freigegebenen Wohnungen wurden einhellig als gepflegt bewertet und es wurde das Bemühen anerkannt, den Bestand zu erhalten und zu pflegen. Dass fast alle Fraktionen des Stadtrats von Dorsten an dem offenen Austausch teilgenommen haben, zeigt auch, wie wichtig der Politik das Thema Wohnen ist. Die Ratsfraktionen begrüßten den eingeschlagenen Weg und machten deutlich, dass dieser Weg wie in den vergangenen Jahren nun konsequent weitergegangen werden müsse.“
Wohnungsverwaltung Valero: Fassadensanierungen in Wulfen verschoben
Ab September 2023 sollten mehrere Mehrfamilienhäuser in Wulfen-Barkenberg modernisiert werden. Getan hat sich allerdings wenig. Die Wohnungsverwaltung erklärte der Dorstener Zeitung gegenüber die Gründe:
Die Bewohner von sieben Mehrfamilienhäusern hatten im Mai 2023 einen Brief von ihrer Wohnungsverwaltung bekommen: Ab dem 1. September sollten die Häuser in Dorsten umfangreich modernisiert werden. Unter anderem war der Einbau neuer Fenster oder das Anbringen eines Wärmeverbundsystems vorgesehen. Im September haben die Mieter die Information erhalten, dass diese Maßnahmen erstmal abgesagt wurden. Betroffen waren die Mehrfamilienhäuser an der Barkenberger Allee 53, 55, 57, 59 und 61 sowie die Häuser am Surick 64 und 66. Der Eigentümer hatte entschieden, „die geplante Fassadensanierung zunächst zu verschieben.“, bestätigt die Wohnungsverwaltung Velero auf Nachfrage der Lokalzeitung. Sie nannte die Gründe. Die Entscheidung, die Sanierungen zu verschieben, sei auf die „aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt“ sowie auf die „nach wie vor bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der gesetzlichen Auflagen zu den energetischen Sanierungen“ zurückzuführen. Die Velero-Sprecherin konkretisierte, dass gestiegene Zinsen, höhere Bau- und Materialkosten sowie keine oder sehr teure Finanzierungsmöglichkeiten „zahlreiche Immobilienprojekte in ganz Deutschland zum Stillstand gebracht“ haben. Außerdem müsse erst Klarheit bei den EU-Taxonomie-Anforderungen herrschen, „bevor entsprechende Maßnahmen durchführt werden.“ Die EU-Taxonomie ist eine zentrale Verordnung. Sie soll dazu beitragen, dass mehr Investitionen in den klimafreundlichen Umbau in sämtlichen Wirtschaftssektoren getätigt werden. So soll die Reduzierung von umweltschädlichen Treibhausgasen vorangetrieben werden. Für die betroffenen Mieter in Wulfen-Barkenberg bedeutet dies, dass sie vorerst auf die energetische Sanierung warten mussten. Denn es gab noch keinen neuen konkreten Zeitplan.
- Das Düsseldorfer Belvona-Wohnungsunternehmen übernahm Anfang Januar 2021 von Altro Mondo 260 Wohnungseinheiten in Wulfen-Barkenberg und Tönsholt.
Siehe auch: Belvona-Wohnungsunternehmen
Siehe auch: Valero: Sanierungsstopp 2023
Quellen: „Süddeutsche Zeitung“ vom 5. Dezember 2008. – Claudia Engel „Ganzes Viertel an Investor verkauft“ in DZ vom 5. Dezember 2014. – Dieselbe „Abenteuerliche Zustände“ in DZ vom 17. Juni 2016. – Wulfen-Wiki (Aufruf August 2016). – Claudia Engel in der DZ vom 25. Juni 2019. – Claudia Engel in DZ vom 10. Juni 2022. – DZ vom 15. Sept. 2023.