Kriminalität, organisierte

Mängel im BKA-Gesetz – Polizei braucht im Kampf dagegen wirksame Mittel

Das Bundesverfassungsgericht schränkte die Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) beim Sammeln und Speichern von Daten ein. Einzelne Teile des 2017 reformierten BKA-Gesetzes seien verfassungswidrig, urteilte das höchste deutsche Gericht im September 2024. Es knüpft die heimliche Überwachung von Kontaktpersonen von Verdächtigen an strenge Bedingungen und verlangt genaue Regelungen beim Speichern von Daten Verdächtiger. Betroffene würden durch die bisherigen Regelungen teils in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, entschied der Erste Senat in Karlsruhe. Spätestens bis zum 31. Juli 2025 muss der Gesetzgeber daher nachbessern. Damit hatte eine Verfassungsbeschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) teilweise Erfolg.
Unter anderem bemängelte das Gericht die heimliche Überwachung von Kontaktpersonen von Verdächtigen. Solche Schritte seien ein besonders schwerer Eingriff, sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth. Wenn sich solche Maßnahmen lediglich gegen Kontaktpersonen richteten, müsse daher eine „spezifische individuelle Nähe der Betroffenen zu der aufklärenden Gefahr“ vorliegen. Diesen Anforderungen genüge die entsprechende Regelung im BKA-Gesetz nicht.

Gesetzliche Regelung

Auch ab wann die Daten eines Verdächtigen gespeichert werden dürfen, hält das Gericht nicht für ausreichend geregelt. Es gebe hier keine hinreichende Speicherschwelle. Die Eigenschaft als Beschuldigter allein lasse keinen belastbaren Schluss auf eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer relevanten Beziehung zu zukünftigen Straftaten zu, sagte Harbarth. Es bedürfe zudem einer gesetzlichen Regelung zu einer angemessenen Speicherdauer.  Das Gericht betonte: Prognosen für zu erwartende Straftaten müssten sich auf zureichende tatsächliche Anhaltspunkte stützen. „Als taugliche Prognosekriterien können insbesondere die Art, Schwere und Begehungsweise der vormaligen Tat sowie die Persönlichkeit des Betroffenen und sein bisheriges strafrechtliches Erscheinungsbild infrage kommen.“

Urteil ein „Erfolg für die Freiheitsrechte“

Von Bedeutung sei auch, ob die Person wiederholt und in welchem Ausmaß straffällig wurde. Auch könne man sich an Delikten ausrichten wie beispielsweise Terrorismus, Organisierte Kriminalität, Menschenhandel, Waffen- und Sprengstoffkriminalität, Wirtschafts- und Umweltkriminalität oder politisch motivierter Kriminalität. „Die Polizeibehörden müssen eigentlich ab jetzt jedes Mal, wenn sie eine lediglich beschuldigte Person in die Verbunddatenbank einfügen möchten, prüfen, ob diese Person wirklich gefährlich ist in der Zukunft“, meinte GFF-Rechtsanwalt Bijan Moini. Die GFF, die das Verfahren angestoßen hatte, feierte das Urteil als „Erfolg für die Freiheitsrechte“. Die Entscheidung stärke das Recht, über die eigenen Daten zu bestimmen, und sei zudem eine Aufforderung an die Gesetzgeber, neue Überwachungsbefugnisse ausreichend bestimmt und präzise zu formulieren.
Unter den Beschwerdeführern waren Rechtsanwältinnen, ein politischer Aktivist und zwei Fußballfans, die in Polizeidatenbanken gelandet waren. Der Deutsche Journalisten-Verband sprach zudem von einem Sieg für die Pressefreiheit. Insbesondere Journalistinnen und Journalisten, die Recherchen in kriminellen Milieus durchführten, würden von dem Richterspruch profitieren. „Die bisherige Praxis läuft nach dem Motto ‚mitgehangen, mitgefangen‘. Karlsruhe hat unübersehbar das Stoppschild aufgestellt“, meinte DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster.

Siehe auch: Kriminalität (Artikelübersicht)


Quelle: Jacqueline Melcher und Susanne Kupke in RN (SZ) vom 2. Oktober 2024

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on Google+Email this to someone