Deutlicher Leistungsabbau erhitzt in Nordrhein-Westfalen die Gemüter
Einige Auswertungen der Landespläne zeigen, wie stark sich die medizinische Landschaft verändern wird. „Konkrete Klinikschließungen sind bislang zwar nicht erkennbar, für viele Krankenhäuser bedeutet die Reform aber eine Herausforderung: Sie müssen möglicherweise ihr bisheriges Angebot stark einschränken“, heißt es im Report, den das Kölner Science Media Center (SMC) vorlegte. Während die Grundversorgung meist erhalten bleibt, ändert sich bei spezialisierten Leistungen viel: 59 von 553 Klinikstandorten in NRW bekommen mehr als die Hälfte ihrer beantragten Leistungsgruppen nicht genehmigt. Zum Beispiel dürfen sie in vielen Fällen Darm- und Hüft-OPs nicht mehr anbieten. Jede zehnte Klinik muss also kräftig abbauen.
Von 235 Klinik-Anträgen erhielten nur 126 eine Genehmigung (54 Prozent)
Im Juni hatte das NRW-Gesundheitsministerium alle Kliniken darüber informiert, welche Leistungsgruppen sie künftig jeweils noch anbieten dürfen. Nun haben die Experten für vier Krankheiten genau hingeschaut. Die Leistungsgruppe „Endoprothetik Hüfte“ umfasst den erstmaligen Einsatz künstlicher Hüftgelenke. Das ist für viele Kliniken lukrativ, manche bieten diese Leistung an, obwohl sie kaum Erfahrung haben. Das soll sich nun radikal ändern: „Zahlreiche Kliniken erfüllen nach Einschätzung des Landes nicht die geforderten Mindestkriterien oder ihre Anträge waren nicht plausibel. Von 235 Kliniken, die die Leistungsgruppe besetzen möchten, erhielten nur 126 eine Genehmigung (54 Prozent)“, so der Report. Einige hätten schlicht den Bedarf überschätzt.
Probleme bei Notfällen
Ähnlich sieht es bei Darm-OPs aus. „Ein besonders hohes Maß an Expertise erfordern Eingriffe am Enddarm. Es handelt sich hier oft um schwere Krebserkrankungen. Bei der Leistungsgruppe „Tiefe Rektumeingriffe“ strebt das Land eine deutlich stärkere Konzentrierung an“, fassen die Autoren zusammen und haben nachgezählt: Von 178 Kliniken, die dies anbieten möchten, erhielten nur 80 den Zuschlag (45 Prozent). Das Land habe nur die leistungsstärksten Kliniken berücksichtigt – das sind die, „die derlei Eingriffe im Durchschnitt mindestens alle zwei Wochen oder öfter durchführen“. Anders als bei Hüften handelt es sich um einen Notfall, sodass Fahrtzeiten eine wichtige Rolle spielen. Das SMC fürchtet, dass es in einzelnen Regionen Probleme geben könnte, weil Kliniken ihre Spezialeinheiten (Stroke Units) schließen müssen. „Im Norden Nordrhein-Westfalens hat das Antonius-Hospital Gronau die Leistungsgruppe Stroke Unit mit 150 Fällen beantragt. Es gab keine Genehmigung. Die Region erscheint damit auf den ersten Blick leicht unterversorgt.“ Die Behandlung akuter Schlaganfälle könnte künftig über Landesgrenzen hinweg erfolgen. Auch im Hochsauerlandkreis sollen nun zwei Kliniken die Behandlung von akuten Schlaganfällen nicht mehr anbieten. „Inwieweit sich die Fahrtzeiten in dieser Region unnötig verlängern könnten, ist zu prüfen“, heißt es. Anders sieht es bei der Allgemeinen Inneren Medizin aus. Hier geht es um die Grundversorgung etwa bei Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – und die meisten dürfen weitermachen. Nur in einzelnen Fällen lehnte das Land NRW den Antrag ab, so die SMC-Experten.
Private Krankenversicherung will nicht für Reform bezahlen
Die private Krankenversicherung (PKV) hat klargestellt, sich unter keinen Umständen an den Kosten der Krankenhausreform des Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) zu beteiligen. Verbandsdirektor Florian Reuther sagte, die Finanzierung auf Kosten der Beitragszahler der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung „halten wir für verfassungswidrig“. Bisher war vorgesehen, dass der Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro je zur Hälfte von Ländern und gesetzlichen Krankenkassen gespeist wird. Die Gesundheitsexperten der Ampelkoalition einigten sich am Dienstag darauf, auch die PKV zu beteiligen.
Siehe auch: Krankenhaus – Franziskanerinnen
Siehe auch: St. Elisabeth-Kranakenhaus
Quellen: Antje Höning in RN (DZ) vom 13. September 2024. – tms in DZ vom 10. Oktober 2024.