Dorstener CDU wollte 2017 den Marktplatz in „Helmut-Kohl-Platz“ benennen
Altbundeskanzler Helmut Kohl, der sich als amtierender Regierungschef um die Wiedervereinigung Deutschlands und die Förderung Europa ohne Zweifel verdienst gemacht hatte, starb am 16. Juni 2017. Er war noch nicht unter der Erde, das starteten die CDU-Verbände und -Fraktionen ein regelrechtes Wettrennen, wem es wohl als ersten gelingen würde, in ihrer Stadt einen Platz oder eine Straße nach ihren einstigen Parteichef zu benennen. Daran beteiligte sich auch als eine der ersten der Dorstener CDU-Stadtverband, die CDU-Fraktion sowie der heimische Bundestagsabgeordnete Sven Volmering, die den historischen Marktplatz, der traditionell seit Jahrhunderten keinen Fremdnamen hat, in „Helmut-Kohl-Platz“ umzubenennen. Nach Konrad Adenauer ist ein Platz und nach Willy Brandt eine Straße bereits benannt worden. Die Begründung des CDU-Parteivorsitzenden: „Helmut Kohl war ein großer Staatsmann, der mit seinem politischen Geschick und seiner legendären Standfestigkeit die Menschen in Deutschland über viele Jahre durch eine stabile und sichere Zeit geführt hat“, so der Parteivorsitzende Ludger Föcker in einer Pressemitteilung. Die Christdemokraten wollten sich zudem „zusammen mit den Dorstener Bürgerinnen und Bürgern“ mit dem Thema befassen und über die Fraktion einen Vorschlag in den Rat der Stadt einbringen.
Benennung sollte erst fünf Jahre nach dem Tod des Prominenten erfolgen
Nachdem die „Dorstener Zeitung“ diesen Vorschlag veröffentlicht hatte und zu einer Meinungsumfrage unter ihren Lesern aufrief, hagelte es sowohl in der Zeitung wie auch in Facebook-Plattformen, z. B. des Stadtspiegels, überwiegend Kritik an diesem Vorschlag, sachlich die wenigsten, spöttisch die meisten („Nach ihm ist doch schon eine Suppe benannt!“). In Kommentaren wurde auch daran erinnert, dass er in der CDU-Spendenaffäre sein persönliches Ehrenwort über das Recht stellte und somit anhaltenden Rechtsbruch beging, was schließlich zu seiner Demission führte. Dass es eine ungeschriebene Regel gibt, berühmten Verstorbenen erst fünf Jahre nach ihrem Tod per Straßennamen zuwürdigen, bedachte die Dorstener CDU genauso wenig wie sie mit massivem Meinungswiderstand offensichtlich nicht gerechnet hatte. Zudem hatten sich die Dorstener Kaufmannschaft und ein CDU-Ortsverein gegen die Benennung des Marktplatzes als „Helmut-Kohl-Platz“ ausgesprochen. Daher titelte die „Dorstener Zeitung“ am 24. Juni: „Marktplatz wird kein Kohl-Platz“.
Benennungs-Euphorie der ersten Tage dürfte sich gelegt haben
Auch in Marl rief das Vorhabend der dortigen CDU, den alten Friedhof am Rathaus oder den Marktplatz in Hüls in „Helmut Kohl-Park“ umzubenennen, Reaktionen der Ablehnung, aber auch der Zustimmung hervor. In Recklinghausen stieß die Eile der CDU, per Ratsantrag einen Platz nach Helmut Kohl zu benennen, auf erheblichen Widerstand, wie in Gladbeck, Dresden, Kassel und 150 anderen Städten auch. In allen Fällen scheint sich die Kohl-Straßen- bzw. Kohl-Platz-Euphorie der ersten Tage gelegt zu haben. Es bleibt abzuwarten, ob, wo und wann eine Straße oder ein Platz nach Helmut Kohl benannt wird (Stand: Juli 2017).
Quellen: DZ vom 21., 24. und 28. Juni, 4. Juli 2017.