Kitas – NRW-Bertelsmann-Studie 2024

Weniger Fachkräfte in Betreuungsteams – schlecht qualifiziertes Personal

Die Strategie, mit der das Land NRW auf den Personalmangel in Kitas reagiert, sei „sehr bedenklich“, warnt eine Expertin. Durch schlecht ausgebildetes Personal bleibt demnach nicht nur die Förderung der Kinder auf der Strecke. – In immer mehr nordrhein-westfälischen Kitas geht der Anteil der Fachkräfte in den Betreuungsteams zurück. Statt Menschen, die mindestens eine Erzieherausbildung mitbringen, gibt es in den Gruppen immer häufiger schlechter qualifiziertes Personal. Das beleuchtet eine aktuelle Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung, das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“. Kathrin Bock-Famulla, Expertin der Stiftung, warnte vor Konsequenzen: „Mit einem steigenden Anteil von niedriger qualifizierten Personen sinkt die Bildungsqualität, das wissen wir aus verschiedenen Studien“, erklärte sie. Das gilt ihrer Einschätzung nach auch für den Einsatz von geschulten Kinderpflegerinnen, der in NRW sehr verbreitet ist. Es habe Folgen, „wenn wir in dieser Größenordnung unter das Niveau von Erzieherinnen gehen“, bekräftigte sie. „Für einen bestimmten Zeitraum einer Notsituation kann man damit leben. Aber man darf auf keinen Fall, so wie es auch in Nordrhein-Westfalen passiert, die gesetzlichen Regelungen so aufweichen, dass das zur Dauerlösung wird.“

Seit Jahren schlechte Fachkräfte-Entwicklung setzt sich fort

Laut des Ländermonitorings kam im Frühjahr 2023 fast jede dritte NRW-Kita bei ihrem pädagogischen Personal auf eine Fachkraft-Quote von nur noch 50 bis unter 70 Prozent. Ein paar Jahre zuvor, 2017, traf dies lediglich auf jede fünfte Kita zu. Der Anteil der Einrichtungen mit einer wirklich guten Fachkraftquote von über 82 Prozent sank im gleichen Zeitraum von 45 auf 31 Prozent. Neuere Zahlen aus dem Familienministerium von Josefine Paul (Grüne) weisen darauf hin, dass sich die Entwicklung fortsetzt. Im März dieses Jahres seien fast 93.000 Erzieherinnen und Erzieher in den NRW-Kitas tätig gewesen, das seien 1500 und somit 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr, rechnete ein Sprecher vor. Insgesamt wuchs der Bestand an pädagogischem Kita-Personal aber um 2,8 Prozent. Der Fachkräfteanteil sinke also, „weil der Personalzuwachs insgesamt stärker steigt“, so der Sprecher. Es gehört zum erklärten Konzept der Landesregierung, der Personalnot in den Kindergärten mit mehr Ergänzungskräften und Quereinsteigern beizukommen. Familienministerin Paul hat die Personalverordnung für Kitas 2023 eigens gelockert.

Studie der Zusätzliche Belastung für verbleibende Fachkräfte

„Sehr bedenklich“ sei diese Strategie, befand Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung. Die geringer qualifizierten Kollegen seien für die verbleibenden Fachkräfte in den Teams vielfach eine zusätzliche Belastung: „Sie können bestimmte Arbeiten nicht übernehmen, sie müssen begleitet werden.“ Für die Kinder wiederum bleibe gegebenenfalls nicht nur die Förderung auf der Strecke. „Wir haben leider zunehmend Hinweise darauf, dass es durch überlastete Fachkräfte auch häufiger zu kindeswohlgefährdenden Situationen kommt.“ Etwa, wenn Erzieherinnen die Nerven verlieren und Kinder anschreien. Bei all dem wächst die Gefahr, dass die frustrierten verbleibenden Erzieher den Job auch noch an den Nagel hängen. Die Bertelsmann-Stiftung hat eine Studie mit der Uni Gießen durchgeführt. Demnach schätzen viele Kita-Beschäftigte die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Berufsfeld kurz- bis mittelfristig verlassen werden, derzeit als sehr hoch ein. „Die Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt deutlich, dass wir noch mehr Fachkräfte und Qualität in unseren Kitas verlieren werden, wenn Schwarz-Grün so weitermacht wie bisher“, sagte der Oppositionsführer im NRW-Landtag, SPD-Fraktionschef Jochen Ott. Die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Eileen Woestmann, verteidigte das Konzept. „Multiprofessionelle Teams sind eine gute Lösung gegen den akuten Fachkräftemangel und bedeuten nicht automatisch ein Absenken von Qualität“, sagte sie.


Quelle: Sina Zehrfeld in RN (DZ) vom 5. Dezember 2024

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