Kirmessen

Stadt bezahlte, wenn Ratsherren tranken und aßen

In Dorsten gab es früher die St. Nikolauskirmes, die St. Katharinenkirmes, die St. Johanneskirmes und die St. Agathakirmes. Ob mit Letzterer ein Markt verbunden war, ist nicht bekannt. Dann gab es noch „unsere Kirmes“, die mit der Pfarrkirche verbunden war. Als weitere Kirmes fand im Mai die Maikirmes bzw. „Neue Kirmes“ statt, die auch in den darauf folgenden Jahrhunderten stets diese Bezeichnung hatte. Im September wurde für das Franziskanerkloster noch die Klosterkirmes gefeiert. An dieser wie an den anderen nahmen Bürgermeister und Schöffen teil und hatten dafür auch festgelegte Ausgaben zu bestreiten wie Geld, Kerzen, Schinken, Bier, Wein, Brot, Käse, Heringe usw. Die Größe der städtischen Geschenke war von der Beteiligung der Ratsherren abhängig. 1777 verbot der Kurfürst diese Ausgaben.

Familie Wiemeier

Familie Wiemeier war jahrelang mit ihrer Bude auf der Kirmes im Lippetal; Foto: Sadowski

2005 wurde der traditionelle Kirmesbetrieb in Dorsten eingestellt

Einzig die Nikolaus- und die Katharinenkirmes hielten sich, während die anderen bereits vor Jahrhunderten abgeschafft worden waren. Zuletzt hatten sich auf den Adenauerplatz im Bereich Maria Lindenhof Schausteller aus ganz Deutschland getroffen. Bis zu 45 Fahrgeschäfte boten ihre Vergnügungen an. Als dann das Atlantis-Erlebnis-Bad gebaut wurde, musste die Kirmes im Jahr 2000 auf den in der Nachbarschaft liegenden weitaus kleineren Platz „Lippetal“ ausweichen. Wohnbebauung rundum und ein unbefestigter Untergrund schränkten die Möglichkeiten ein, attraktive Schausteller für die Kirmes nach Dorsten so holen. 2003 führte dies zum vorzeitigen Abbau eines großen Fahrgeschäfts und etliche Stammunternehmen kamen wegen der schlechten Ertragslage nicht mehr nach Dorsten. Wegen mangelnder Attraktivität gingen die Besucherzahlen drastisch nach unten. Zur Rettung der Kirmes wollte die Stadt die Standgelder senken, die sie 1997 drastisch erhöht hatte. Im Jahr 2005 wurde der Kirmesbetrieb in Dorsten ganz eingestellt und somit eine lange Tradition der Dorstener Stadtgeschichte (wieder einmal) aufgegeben. Einziger bis zum Schluss ausharrender Schausteller aus Dorsten war Roland Wiemeler, der mit seiner Schwester Regina Berkel-Wiemeler einen Ausschank, Fadenziehen und einen Schießstand betrieb. Mit dem Geschäft war bereits deren Vater seit 1848 auf der Dorstener Kirmes vertreten.

Maikirmes – ein Volksfest, das bis in die 1950er-Jahre veranstaltet wurde

Früher war die „Maikirmes“ ein großes Volksfest in Dorsten. Sie verschwand wohl Mitte der 1950er-Jahre und geriet mittlerweile in Vergessenheit. Sie ist wohl als Vorläufer des heutiges Altstadtfestes zu verstehen.  Durch die Maikirmes-Akte stieß der Stadtarchivar Martin Köcher im Archiv der Stadt Dorsten durch Zufall auf ein historisches Foto einer Maikirmesaus dem Jahr 1939. In den Unterlagen befindet sich auch ein Ausschnitt der damaligen Dorstener Lokalausgabe der „National-Zeitung“, die über die Maikirmes 1939 berichtet hatte. Wie schon ein Jahr davor war sie ein „großes Volksfest“, bei der auch die Feuerwehrkapelle zum Tanz aufspielte.
Text und Fotos waren von Willi Dittgen, dem damaligen Lokalredakteur des NSDAP-Organs. In der Maikirmes-Akte findet sich auch ein großes Original-Plakat jener Veranstaltung am 21. Mai 1939. „Damals lebte damit ein alter Brauch wieder auf“, so Martin Köcher in der Dorstener Zeitung. Denn schon im 16. Jahrhundert ist eine solche Maikirmes verbürgt. Schon der Gymnasial-Lehrer Gerhard Strotkötter hatte 1897 in einem heimatkundlichen Aufsatz „Ein Jahrhundert öffentlichen und privaten Lebens“ geschrieben, dass als damals sechste Dorstener Kirmes schon 1589 am 4. Mai die sogenannte „Neue Kirmes“ stattfand, die auch in den folgenden Jahrhunderten stets „neue Kirmes“ genannt wurde. 1658 sei sie mit einem Markt verbunden worden, wie Strotkötter in damaligen Geschäftsbüchern von Peter und Georg de Weldige genannt Kremer herausgefunden hatte. Warum die „neue Kirmes“ in Dorsten überhaupt in Leben gerufen wurde, ist nicht bekannt. Normalerweise war eine Kirmes damals ein Fest, das mit einem Jahrmarkt verbunden war und kirchliche Namenspatrone geehrt wurden (Quelle: Michael Klein in DZ vom 21. Mai 2022).

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