Stadtsprecher „gezielte Nebelkerze“ Bürgermeister Stockhoff: „Salamitaktik“
Mit Unverständnis reagiert die RAG auf Kritik aus Dorsten, nachdem Pläne bekannt wurden, die Hürfeldhalde zu einer Deponie der Klassen I und III zu machen. Unternehmenssprecher Christof Beike: „Die Bergehalde Hürfeld war Reservehalde für das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop für den Fall, dass die Haldenkapazitäten der Halde Haniel nicht ausgereicht hätten. Nach Ende der letzten Förderung und der Schließung der Bergwerks Prosper-Haniel konnte auch nach 2018 die Halde nicht endgeschüttet werden. Dies sind die Gründe dafür, dass sie bis heute nicht aus der Bergaufsicht entlassen ist.“
Gutachten liegt der Stadt Dorsten seit Mitte 2023 vor
Entgegen der geäußerten Annahme gebe es für die Stadt Dorsten kein Vorkaufsrecht an der Halde, sondern lediglich eine Andienungspflicht der RAG, so Beike. Diese sei an Bedingungen geknüpft, wie unter anderem die Endschüttung der Halde gemäß dem Rahmenbetriebsplan sowie der Beendigung der Bergaufsicht seitens RAG sowie Aufstellung eines Bebauungsplans seitens Stadt Dorsten. Die Voraussetzungen, „die von RAG zu schaffen waren“, waren laut Beike „bis zum Abschluss des Steinkohlenbergbaus am 31. Dezember nicht erfüllt und konnten danach nicht mehr erfüllt werden“. Die Voraussetzung, die die Stadt zu erbringen habe, „nämlich die Aufstellung eines Bebauungsplans, ist gegenwärtig ebenfalls nicht erfüllt. Ein entsprechendes juristisches Gutachten bestätigt dies und liegt der Stadt Dorsten seit Mitte 2023 vor. Aus diesem Grund besteht keine Andienungspflicht der RAG“.
In diesem Punkt, so Stadtsprecher Ludger Böhne scheine die Mitteilung der RAG „eine gezielte Nebelkerze“ zu sein. „Die Frage, ob sich aus der Andienungspflicht ein Vorkaufsrecht ableiten lässt, ist keine ‚Annahme‘, sondern strittig, war ein zentrales Thema im letzten Haupt- und Finanzausschuss und muss gerichtlich geklärt werden. Das erwähnte juristische Gutachten darf bis dahin ebenfalls als ‚Annahme‘ bezeichnet werden.“ Einen Bebauungsplan habe die Stadt nicht aufstellen können, weil die Halde noch dem Bergrecht unterliegt. „Hier liegt das Heft des Handelns bei der RAG, die dazu einen Antrag bei der Bezirksregierung Arnsberg stellen müsste.“
„Bürgermeister über Eigentumsverhältnisse umfassend informiert“
RAG-Sprecher Christof Beike: „Bürgermeister Stockhoff ist über die Eigentumsverhältnisse der Halde Hürfeld umfassend informiert. Ein Eigentumswechsel ist bisher nicht erfolgt.“ Im Mai 2024 sei ein Kaufvertrag mit aufschiebenden Bedingungen beurkundet worden, so Beike. Eine Voraussetzung sei das Vorliegen eines bestands-/rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses zur Errichtung/Betreibung der Deponie. „Auch der Besitzübergang wird erst nach Beendigung der Bergaufsicht vollzogen. Diesbezüglich befinden sich RAG und RMI und die Bezirksregierung Arnsberg (Dezernat 63) derzeit im Austausch.“ RMI ist die Abkürzung für die RAG Montan Immobilien GmbH.
Dass Bürgermeister und die Stadt über die Eigentumsverhältnisse umfassend informiert seien, sei richtig, bestätigt Ludger Böhne. Aber: „Diese Information hat die Stadt auf Nachfrage von der AGR enthalten. Sofern hier der Eindruck erweckt werden soll, die RAG habe die Stadt aktiv und transparent informiert, so ist dieser Eindruck falsch.“
RAG und Bürgermeister katten sich „konstruktiv ausgetauscht“
Beike hingegen betont, dass die RAG sich „regelmäßig und konstruktiv mit Vertretern der Stadt Dorsten, der AGR und Bürgermeister Tobias Stockhoff ausgetauscht“ habe. „Allein in 2023 in vier Gesprächsrunden, zuletzt in einer Sitzung des Ältestenrates im Oktober 2023.“ Nicht nachvollziehbar sei für die RAG die Darstellung der Sitzungsatmosphäre, die nun von Dorstener Politikern geschildert wurde: Einen „sehr irritierenden Eindruck“ hatte Thomas Grund (CDU). Heribert Leineweber (AfD) nannte das Auftreten der RAG-Führung sogar „überheblich“ und „flegelhaft“. Leinewebers im Ausschuss verwendeter Ausdruck „Graf Rotz von der Gasanstalt“ empfinde er als beleidigend, sagt Beike.
Im Anschluss an das Gespräch habe sich Bürgermeister Stockhoff ausdrücklich per E-Mail bei RAG und AGR persönlich sowie im Namen der Ratsfraktionen für die Teilnahme bedankt und laut Beike betont, „wie richtig und wichtig die Sitzung gewesen sei.“ Etwas anders schildert dies Böhne: Stockhoff habe im Anschluss Michael Kalthoff (RAG-Vorstand) und dem Vertreter der AGR dafür gedankt, „dass Sie persönlich anwesend waren“ und deren Anwesenheit als „wichtig und richtig“ bezeichnet.
Bürgermeister brachte Sorge der Politik zum Ausdruck: „Salamitaktik“
Die wesentliche Kritik der Ratsfraktionen nach dem Gespräch im Oktober 2023 habe sich laut Böhne „maßgeblich gegen RAG-Vorstand Michael Kalthoff“ gerichtet, „der zum Beispiel mit Blick auf das Thema ‚Vorkaufsrecht‘ betonte, dass er die Verträge gar nicht im Detail kennen würde“. Böhne: „Zum damaligen Zeitpunkt ging es in den Gesprächen noch um eine mögliche DK I-Deponie. In seiner Mail hatte Bürgermeister Stockhoff damals bereits die Sorge der Politik zum Ausdruck gebracht, dass eine Vereinbarung zur Hürfeldhalde ‚in Salamitaktik‘ der Einstieg in eine DK II- bzw. DK III-Deponie sein könnte.“
Siehe auch: Hürfeldhalde
Siehe auch: Bürgerinitiative Hürfeldhalde
Siehe auch: Wahlplakat „Halde“
Siehe auch: Interkommunaler Industriepark
Siehe auch: Bergbauschäden
Siehe auch: Bürgerinitiative Bergbauschäden
Quelle: DZ vom 15. Oktober 2024