Hürfeldhalde

„Landschaftsbauwerk“ wurde 1982 den Altendorfern aufgedrückt

Hürfeldhalde 2009; Foto: Hans Blossey

Hürfeldhalde 2009; Foto: Hans Blossey

1982 sickerte an die Öffentlichkeit, dass Bürgermeister Hans Lampen und Stadtdirektor Dr. Karl-Christian Zahn gegenüber dem Bergbau bereits Zustimmung für den Bau einer Bergehalde zwischen der B 225 und Altendorf-Ulfkotte signalisierten, worauf sich in Altendorf-Ulfkotte eine Bürgerinitiative gegen die Hürfeldhalde bildete, die spontan 700 Mitglieder bekam und durch Mobilisierung der Öffentlichkeit und der Ratsmitglieder sowie durch Gegengutachten die Halde zu verhindert suchte. Die Bürgerinitiative befürchtete, Stadt und Bergbau würden ihr Versprechen der zeitlichen und mengenmäßigen Schüttbegrenzungen nicht einhalten (wobei sie Recht behalten sollten) und dadurch den Ortsteil stark belasteten. Der Rat stimmte mehrheitlich für die Errichtung der Halde zu, mit deren Bau 1988 auf einer Fläche von 105 ha begonnen wurde. Bis zum Jahre 2000 sollten 50 Millionen Tonnen in einer Höhe von 108 m über NN aufgeschüttet und bepflanzt werden. 1997 wurde der Vertrag verlängert: Bis 2005 durften zusätzlich neun Tonnen geschüttet werden.

Renaturierter Teil der Halde, Foto: JF

Bis vor wenigen Jahren fanden auf der noch nicht gänzlich fertig gestalteten Halde Rockkonzerte (Dorstival) statt. Eine neu gegründete Bürgerinitiative in Altendorf-Ulfkotte fordert die Öffnung und Rückgabe der Halde „an die Bürger“.  – Die Bergehalde ist ein „Landschaftsbauwerk“ der 3. Generation (1. Gen. = Spitzkegel, 2. Gen. = Tafelberg) und wurde bis 1997 mit 140.000 Bäumen bepflanzt (Bergahorn, Feldahorn, Schwarzkiefer, Winterlinden, Ebereschen u. a.). Auf einem Plateau der Halde sollte ein Gewerbegebiet errichtet werden, dessen Planung wegen Mangel an Interessenten wieder aufgegeben wurde. Nachdem 2016 das gesamte Dorstener Stadtgebiet nördlich der Lippe sowie Östrich und der Barloer Busch zu Bestandteilen des Naturparks Hohe-Mark-Westmünsterland erklärt worden waren, soll das Naturpark-Areal auch um die Hürfeld-Halde erweitert werden, sobald die Aufschüttung durch die Zeche Prosper-Haniel 2018 beendet ist. Dies beschloss der Dorstener Umwelt- und Planungssausschuss Anfang März 2017.

Von der Bergehalde zur Müllhalde: Bis 2036/37 soll aufgeschüttet werden

Wenn Bürger gegenüber der Politik, den Behörden oder behördengleichen Institutionen – wie beispielsweise dem Bergbau – Misstrauen hegen, wenn sie etwas planen, was das Leben der Bürger beeinträchtigt, dann haben sie Bürger jedes Recht dazu. Gegen den Bau der Hürfeldhalde in den frühen 1980er-Jahren, die mit den schönsten Farben und den besten Versprechungen der Öffentlichkeit schmackhaft gemacht wurden, protestierten Altendorfer und gründeten die Bürgerinitiativen gegen die Hürfeldhalde. Denn auch die Kommunalpolitik, damals noch von vielen Bergleuten durchsetzt, schwärmten davon und die Schlagzeilen in den überregionalen Zeitungen ebenfalls. Es werde ein wunderbares parkähnliches Landschaftsbauwerk entstehen, nach kurzer Aufschüttung werde dieser Park an die Bürger übergeben werden. Volumen und Herkunft des Schüttmaterials wurden festgelegt wie auch die zeitliche Begrenzung zu Beschwichtigung. Dennoch blieb Misstrauen und die Altendorfer gründeten eine Bürgerinitiative gegen die Hürfeldhalde, um ihrem Unmut und Misstrauen Ausdruck zu verleihen. Die Halde kam. Zuerst eigentlich so, wie vom Bergbau versprochen, doch zwischendrin dann doch die eine oder andere Veränderung, die sich nicht an das vereinbarte und festgelegte Planverfahren hielten. Die Altendorfer Einwohner protestierten weiter, doch die Halde kam.

Die schon begrünte Fläche (bis zur gestrichelten Linie) könnte schon vor Ende 2020 aus dem Bergrecht entlassen werden. Die Kraterfläche im Osten ist als Deponie-Standort im Gespräch; Foti: DZ entnommen

„Das ist den Altendorfern nicht zuzumuten“

Anfang 2018 wurde bekannt, dass der im Schwinden begriffene Bergbau die Hürfeldhalde nach Beendigung der eigentlich verbindlichen Volumen und Zeitgrenzen weiter aufschütten und die Schüttzeiten nicht einhalten will. Und zwar mit Bergematerial aus der 2018 stillgelegten Zeche Prosper-Haniel in Bottrop. Es gibt aber noch keine Planverfahren und somit auch keine Entscheidung, allerdings ein Haldenkonzept für das gesamte Ruhrgebiet mit Dorsten als wichtigem Standort. Die Ruhrkohle AG (RAG) wird nach Ende des Bergbaus als Privateigentümerin die Halden nicht weiter betreiben und öffentlich zugänglich machen, weshalb nun die RAG plant, ihre 23 restlichen Halden an einen anderen Träger abzugeben, und zwar dem Ruhrkohle h, und zwar den RVR, abzugeben. Der besitzt bereits 35 Halden im Revier. Bis zur endgültigen Errichtung einer Deponie aber noch ein paar Jährchen ins Land gehen werden. Allein das Planfeststellungsverfahren dürfte bis zu zwei Jahre dauern und der Bau der Deponieabdichtung noch einmal zwölf Monate. Die Laufzeit der Deponie soll dann zehn bis 15 Jahre betragen, also wäre die Halde womöglich bis 2036/37 in Betrieb. Die Dorstener Halde ist gut 100 Hektar groß. Um der den Dorstener Politikern die Pläne schmackhaft zu machen, könnte die bereits aufgeschüttete und begrünte 40 Hektar große westliche Teilfläche schon vor Ende 2020 aus dem Bergrecht entlassen und für die Bürger hergerichtet werden. Der Krater im Ostteil werde dann weiter für die Deponie genutzt. Er hat ein Fassungsvermögen von rund neun Millionen Kubikmeter. Gut ein Drittel (oder umgerechnet fünf Millionen Tonnen Material) ist als Deponie-Volumen vorgesehen. Typische für eine Deponie der Klasse I vorgesehene Abfälle sind zum Beispiel Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik, Boden, Steine, Baggergut, aufbereitete Schlacken. Grundsätzlich nicht zugelassen sind flüssige Abfälle, explosionsgefährliche, ätzende, entzündliche und infektiöse Abfälle, Altreifen und Abfälle, die zu erheblichen Geruchsbelästigungen führen. Freiwillig verzichtet werden sollte auf Abfälle, die Asbest und künstliche Materialien enthalten sowie so genannte freigemessene Abfälle aus dem Rückbau von Kernkraftwerken, so die RVR. Zu diesen Plänen war aus Altendorf zu hören: „Das ist den Altendorfern nicht zuzumuten.“

Stadtrat geschlossen gegen geplante Nutzung als Deponie

In einem gemeinsamen Antrag haben alle Ratsfraktionen Im Juni 2018 die geplante Nutzung der Hürfeldhalde als Deponie abgelehnt. Damit ist die Position der Stadtverwaltung in den künftigen Gesprächen u. a. mit der Bezirksregierung festgelegt. Gleichwohl hat die Stadt keinen oder kaum Einfluss auf die Entscheidung.
37 Bergehalden hat der Regionalverband Ruhr (RVR) bereits im Besitz, 23 weitere würde er gerne von der RAG kaufen, um sie in die grüne Infrastruktur der Metropole Ruhr einzubetten und für die Menschen im Ruhrgebiet und Touristen zu öffnen. Die Hürfeldhalde ist ein Sonderfall. Sie verfügt noch über Schüttkapazitäten und kommt als möglicher Deponiestandort infrage. Dafür stehen noch zwei weitere Halden zur Verfügung: Lohmannsheide in Duisburg und Brinkfortsheide in Marl. Es bleibt abzuwarten, wie in der Verhandlung mit der Stadt Dorsten entschieden wird (Stand 2019).

Stadt ist dagegen, kann aber für das Dafür die Augen nicht verschließen

Die Deponie-Betreiber haben für ihre Planungen der Halde, die bis Ende 2018 für den Abraum des Bergwerks Prosper-Haniel Bottrop genutzt worden war, bei der für die Genehmigung zuständigen Bezirksregierung Münster inzwischen einen ersten Fuß in die Tür gesetzt. Denn das Unternehmen DAH1, das zu gleichen Teilen Eigentum der RAG Montan Immobilien und der Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet (AGR) ist, hat der Landesbehörde die Unterlagen für das „Scoping-Verfahren“ zur Verfügung gestellt.
In dem Scoping-Prozess geht es vor dem eigentlichen Antrags- und Planfeststellungsverfahren unter anderem um die Festlegung des Untersuchungsrahmens der Umweltverträglichkeitsprüfung und um die Unterrichtung und Beteiligung der Fachbehörden. Die Stadt wünsche sich keinen Deponie-Standort vor der Haustür, könne aber vor den Argumenten nicht die Augen verschließen, betont Stadtbaurat Holger Lohse gegenüber der „Dorstener Zeitung“. Zusätzliche Deponiekapazitäten in NRW seien laut Landesregierung dringend erforderlich, die Hürfeld-Halde habe noch erheblichen Platz. Eine Deponie auf einer bestehenden Halde sei einer neuen Deponie auf grüner Wiese vorzuziehen. Eine Einschätzung, die auch Holger Lohse nicht von der Hand weisen kann. Zumal in Dorsten eine bestehende und praktikable Verkehrsanbindung über die A 52 gegeben ist. Große Hoffnungen, eine Deponie zu verhindern, habe die Stadt angesichts dieser Voraussetzungen nicht. Allerdings könne die Stadt in den Gesprächen mit der RAG einen Trumpf ausspielen – und habe damit die Möglichkeit strategischer Optionen. Und zwar wegen des in den 1980er-Jahren unter dem Druck einer Bürgerinitiative zwischen Stadt und RAG abgeschlossenen Haldenvertrags, der unter anderem Schütt-Obergrenzen beinhaltet. Der biete so viel rechtliche Sicherheit, dass „die Stadt bei einer Klage genug in der Hand hat“, so Lohse.

Stadt will Einfluss nehmen auf die Schüttmenge und Schüttdauer

Dass die RAG womöglich ein langwieriges Gerichtsverfahren mit für sie ungewissem Ausgang scheuen würde, könnte die Verhandlungsposition der Stadt stärken. Die Stadt will nämlich feste Grenzen setzen. Bei der Schüttmenge und -dauer möchte sie beispielsweise nicht über die derzeit von „DAH1“ angestrebten fünf bis sechs Millionen Tonnen und die Verfülldauer von rund 15 Jahren hinausgehen. Hinzu kämen für die Stadt bestimmte Stäube und Schlämme als Verfüllmaterialien ebenso wenig in Frage wie asbesthaltiger Bauschutt. Bei der späteren Nachfolgenutzung fordert die Stadt, dass die Halde als extensiver Freizeitbereich mit hoher Aufenthaltsqualität hergestellt wird, mit Spazierwegen, eventuellen Mountainbike-Trials oder Platz für andere Sportarten.

Freigabe für Haldenbereiche: Bergbau nennt ersten Termin 2022/23

Noch stehen zu Fuße der schon begrünten Hänge der Hürfeldhalde an der B 225 (Marler Straße) Verbotsschilder und Absperrungen: Betreten der Bergwerksanlage verboten! Doch 1922/23 werden die Wege zu den bereits bepflanzten Bereichen des Schütt-Bauwerks für die Öffentlichkeit freigegeben. Für diesen gut 30 Hektar großen Bereich wurde der so genannte „Abschlussbetriebsplan“ in Arbeit genommen, der nötig ist, damit die Bezirksregierung Arnsberg diesen Bereich aus der „Bergaufsicht“ entlassen kann. Die Zuwege werden teilweise überarbeitet, das Entwässerungssystem wird ganz neu geplant. Das Oberflächenwasser wird über zwei Entwässerungsgräben en zwei Becken abgeführt und per Druckrohrleitung in den Rapphoffs Mühlenbach eingespeist. Da der Bachlauf aber umgeleitet wird, fällt diese Einleitungsstelle künftig weg. Weitere Auflagen sind die Natur und Artenschutzmaßnahmen, die nach den gesetzlichen Bestimmungen beachtet werden müssen

Siehe auch: Bürgerinitiative Hürfeldhalde
Siehe auch: Bürgerinitiative Bergbauschäden


Quelle der letztes beiden Kapitel: Michael Klein in DZ vom 22. Jan. 2018 und 15. Juli 2020.

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