Hohenkamp

Von der Burg über das Gut bis zum modernen Reiterhof an Lippe und Kanal

Herrenhaus von Gut Hohenkamp; Postkarte von 1909

Archäologen und Historiker haben nachgewiesen, dass das erste Siedlungsgebiet im Raume Dorsten in einem Fleckchen mit der alten Katasterbezeichnung „Hohes Feld“ an der heutigen Hohefeldstraße zu sehen ist. Das Areal war von der Lippe, dem Hammbach und dem Wienbach mit seinen Sumpfgebieten eingerahmt und bot Schutz gegen Angreifer. Doch das Besondere wird eine Furt oder ähnlicher Übergang über die Lippe gewesen sein. Diese Gruppensiedlung mit Namen „Durstina“ soll schon vor 2000 Jahren bestanden haben, obwohl es keine einwandfreien historischen Quellen darüber vorhanden sind. Es gibt aber Hinweise, dass der römische Feldherr Drusus mit seinen Kohorten im Jahre 12 v. Chr. hier die Lippe überquert haben soll. Das ist durchaus wahrscheinlich, denn die Marschlager der Römer in Holsterhausen sind sichtbare Zeichen. Bis zur Völkerwanderung soll das Grenzgebiet auf der rechten Rheinseite menschenleer gewesen sein. Noch im Mittelalter erwähnt man die Bauerschaft Durstina als Wüstung (verlassene Siedlung oder Flur). Die Siedlung Durstina wurde auf das Südufer der Lippe verlegt, dem heutigen Gebiet der Altstadt Dorsten. Die von den Römern errichteten Limeskastelle mit Mauern und Wachtürmen nannte man „burgi“.

Hohenkamp als Wach- und Wehranlage ausgebaut

Lage von Gut Hohenkamp

Seit dem 11. Jahrhundert wurden an den Grenzen der Herrschaftsgebiete und Adelshöfe Wach- und Wehranlagen gebaut. Aus der römischen Bezeichnung „burgi“ wurde Burg. Im 13. Jahrhundert gab es Kämpfe am Verlauf der Territorialgrenzen zwischen dem kurkölnischen Vest Recklinghausen, dem Fürstbistum Münster und dem Herzogtum Kleve ausgetragen. Südlich der Lippe bekam Dorsten im Jahr 1251 das Stadtrecht und die Stadt wurde zur Festung ausgebaut. Nördlich der Lippe sorgten Wehranlagen wie die „Burg Hagenbeck“, „Haus Hohenkamp“, „Haus Herevorst“ und „Haus Ostendorf“ für die Sicherung des Fürstbistums Münster. Diese befestigten Adelshöfe bildeten Knotenpunkte eines Netzes zur Beherrschung des Landesteiles und für den Schutz der Bevölkerung. Mit dem Wegfall der Wehrhaftigkeit für Städte, Burgen und Adelshäuser wurde aus „Burg Hagenbeck“ die Bezeichnung „Gut Hagenbeck“ und aus „Haus Hohenkamp“ das „Gut Hohenkamp“. Westlich des „Hohen Feldes“ liegt das „Haus Hohenkamp“ auf einer Anhöhe mit steilem Hang nach Süden, Westen und Norden, ideal als Aussichtspunkt und Wehranlage. Früher nur vom „Hohen Feld“ zugänglich. Das Wort „Kamp“ ist ein Lehnwort aus dem lateinischen „campus“. Es bedeutet soviel wie ein „umhegtes Stück Feld“, das man dem hofnahen Bereich angliederte.

Gut Hohenkamp wechselte mehrmals die Besitzer

Erntefest 1938: Gutsbesitzer Ostrop schiebt (r.)

Die Besitzer der Burg Hagenbeck wurden  im Jahr 1373 zum ersten Mal urkundlich benannt. Es sind der alte und der junge Johann von Hagenbeck. Durch Verkauf, Heirat und Wiederverkauf ging die Burg in den Besitz der Herren von Raesfeld über. Da das „Haus Hohenkamp“ ein Abspliss von Burg Hagenbeck war, gehörte es von 1639 dem kaiserlichen Oberst Alexander von Velen zu Raesfeld. Weitere An- und Verkäufe folgten, bis der Dorstener Peter Josef Duesberg das Gut Hohenkamp um 1775 käuflich erwarb. Der nächste Besitzwechsel folgte 1827 an Johann Albert Maria von Raesfeld. Allerdings blieb Hohenkamp nicht lange im Familienbesitz derer von Raesfeld. Der Bergbau dehnte sich vom Ruhrgebiet nach Norden aus. Die Hoesch AG kaufte den Grundbesitz. Für die Bergwerksanlagen und Bergarbeiter mit ihren Familien benötigten die Bergwerksgesellschaft große Flächen. Hinzu kam, dass für den Absatz der gewonnenen Kohle der Transport mit Schiffen auf der Lippe nicht geeignet war. Geplant wurde der Lippeseitenkanal, um eine neue Schiffsverbindung zwischen dem Rhein und dem Dortmund-Ems-Kanal zu schaffen. Mit Hilfe der Enteignung von Grundeigentum nach dem Gesetz vom 11. Juni 1874 in Verbindung mit dem Gesetz für Notstandsarbeiten durch Arbeitlose vom 11. Februar 1914 verlegte man im Raum Dorsten, Holsterhausen und Hervest die Lippe. Im Rahmen der Gesetze für Verkoppelung (heutige Bezeichnung Flurbereinigung) wurde das Kulturamt Coesfeld mit der Planung und Durchführung der Neugestaltung beauftragt.

Eine Verbindung des Guts zur Borkener Straße wurde hergestellt

Pensionspferde auf Hohenkamp

Erhebliche Auseinandersetzungen zwischen den Gemeinden Holsterhausen und Hervest wegen der Verlegung der Gemeindegrenzen mussten ausgeräumt werden. Das neue Flussbett der Lippe trennte den alten historischen Weg von Holsterhausen nach Dorsten. Betroffen war das Gut Hohenkamp, das als Entschädigung die Anbindung an die Borkener Straße erhielt. Geldmangel hatte dazu geführt, dass eine zusätzliche Brücke über die Lippe nicht gebaut wurde. Den Betroffenen (auch Schülern) mutete man einen Umweg von rund einem Kilometer zu. Erst die heutige Hohenkampbrücke verbesserte die Lage für Fußgänger und Radfahrer. Die landwirtschaftlichen Flächen und das Gehöft wurden an Landwirte verpachtet, zuerst an die Familie Ostrop und danach an die Familie Lochthowe. Durch den Rückgang des Kohleabsatzes kam es zur Einheitsgesellschaft – der RAG. Der oberirdische Grundbesitz blieb bei den Altgesellschaften. Hoesch und Krupp fusionierten und das Gut Hohenkamp wurde zum Verkauf angeboten.

Pension für 90 Pferde: Erster Platz als „Pferdeparadies Deutschlands“

Sabine Haag-Molkenteller 2009

In den darauffolgenden Jahrzehnten hat sich die Hofanlage von Gut Hohenkamp grundlegend verändert. 2005 erwarb die neu gegründete Reitsport-Gesellschaft mit der Hauptgeschäftsführerin Sabine Haag-Molkenteller das Gut. Die gesamte Hofanlage wurde restauriert, renoviert, modernisiert und neue Hallen für die Unterkunft der Pferde gebaut. Obwohl keine Auflagen des Denkmalschutzes bestanden haben, wurde schützenswertes erhalten und in die Neuplanungen einbezogen. Bei der Renovierung des alten Pferdestalls von 1839 waren die Statiker überrascht, wie gut Balken und Stützen die 170 Jahre überstanden haben. Pferdeställe wurden früher aus Eichenholz gebaut, weil Pferde Eichenholz nicht anknabbern. Vor dem Pferdestall wurde eine alte Zisterne entdeckt und instand gesetzt. Das Wasser ist glasklar und nicht kalt – ideal für Trinkwasser der Pferde. 2008 kam es zum ersten Spatenstich und nach einem Jahr eröffneten die Betreiber die Pferdepension für 90 Pferde. Gut Hohenkamp ist das „Pferdeparadies Deutschlands“. Nach einem bundesweit durchgeführten Wettbewerb belegte das Gut den 1. Platz, das auch an das Reitwegenetz „Schermbeck – Hohe Mark“ angeschlossen ist.

Zum Jubiläum eine besondere Überraschung

Zum zehnten Mal lädt das Dorstener Gut Hohenkamp Mitte September 2021zu seinen Dressurtagen ein. Zu diesem Jubiläum erwartet Teilnehmer und Zuschauer eine besondere Überraschung. Denn zum ersten Mal findet sich in der gewohnt hochklassigen Prüfungsliste auch ein Grand Prix Cup für Amateure. Die Teilnehmer können sich für das große Finale des Grand Prix Cups, eine Grand Prix Kür, qualifizieren.

Die Betriebschefin erklärt in ihrem Buch das „Führen mit weicher Hand“

Sabine Haag Molkenteller hat 2021 ihr erstes Buch geschrieben. Der Titel „Führen mit weicher Hand“ verrät zweierlei. Zum einen liebt Sabine Haag Molkenteller Frankreich und die französische Sprache. Zum anderen hat sie als Hauptgeschäftsführerin seit über zehn Jahren das Sagen auf Gut Hohenkamp, dem einzigen Fünf-Sterne-Reitbetrieb im Kreis Recklinghausen. Es geht in den Buch aber nicht nur um das Führen von Pferden – auch von Menschen, von Mitarbeitern. In einem Interview mit der Dorstener Zeitung meint sie: „Wir bieten auf Gut Hohenkamp regelmäßig Manager-Seminare an. Die Teilnehmer lernen von Pferden das ,Führen’ und diese Erfahrung auf den Management-Alltag zu integrieren. Ziel ist es, die Führungskompetenz der Teilnehmer persönlich und professionell mithilfe von Pferden als Co-Trainer weiterzuentwickeln sowie den respektvollen Umgang im beruflichen und sozialen Umfeld mit unserem Etikette-Workshop und Trainings Gourmetdinner im Restaurant Goldener Anker von Björn Freitag zu perfektionieren.“


Quelle: Teilweise nach Ulrich Brenscheidt in „Holsterhausener Geschichten“ 7/2011

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