Fast ein Don Camillo: Der Guardian verprügelte den Kutten-Dieb
1902 in Horstmar bis 1985 in Warendorf; Guardian. – Älteren Dorstenern dürfte er noch gut in Erinnerung sein, denn er gehörte zu denen, die tatkräftig mithalfen, die zerstörte Franziskanerkirche nach dem Krieg wieder aufzubauen. Pater Gerold wurde als Franz-Josef Hesse mit seinem Zwillingsbruder Ernst am 26. Juni 1902 im berühmten Burgmannshof, genannt Münster-Hof, in Horstmar geboren. In Warendorf trat er ins Kloster ein, absolvierte ein theologisches Studium und wurde in Paderborn zum Priester geweiht. 1935 kam Pater Gerold Hesse ins Franziskanerkloster nach Dorsten. Obwohl er ein Mann der praktischen Seelsorge war, fühlte er sich in Dorsten unter den gelehrten Mitbrüdern an der Philosophisch-theologischen Hochschule der Franziskaner wohl. – Schon bald hatte er den Ruf eines gewaltigen Redners, der auch gegen den Nationalsozialismus anpredigte. Dabei nahm er kein Blatt vor den Mund. Das hatte Folgen. 1938 wurde er von der Gestapo verhört und verwarnt. Als Pater Gerold einmal in der Nähe von Haltern in seiner Predigt den Erlass von Rudolf Hess über uneheliche Kinder kritisch beleuchtete, wurde er von der Gestapo gesucht, die ihn am Dorstener Bahnhof erwartete, aber aufgrund einer falschen Personenbeschreibung nicht erkannte. Oft saß die Gestapo mit in der Kirche und schrieb auf, was Pater Gerold sagte. Auch suchte der unerschrockene Priester auf offener Straße das Gespräch mit verfolgten jüdischen Bürgern. 1944 wurde er von der Gestapo mehrmals verhört und erhielt weitere Verwarnungen.
Bei Familienstreitigkeiten auch mal kräftig zugelangt
1952 wurde Pater Gerold Hesse Guardian in Dorsten. Bis 1961 übte er diese Funktion aus – für franziskanische Verhältnisse war dies eine lange Zeit. Er hatte aber nicht immer die braune Kutte der Mönche an, sondern auch den „Blaumann“, denn der Pater packte an, wo man ihn brauchte, arbeitete mit bloßen Händen im Schutt und Geröll, nachdem Bomben die Kirche zerstört hatten. Dabei wollte ihm ein schlitzohriger Dorstener das Habit stehlen. Doch der Gottesmann fand das gar nicht gut. Pater Gerold erinnerte sich 1984, ein Jahr vor seinem Tod: „Der hat tüchtig Schläge bezogen! Man kann mir doch nicht einfach das Habit klauen!“ Überliefert ist auch, dass der stämmige Priester oft zu Familienstreitigkeiten gerufen wurde und dabei auch kräftig zulangte, wenn es sein musste. Da werden Erinnerungen an Guareschis „Don Camillo“ wach. Nur ungern ließen die Dorstener „ihren Pater Gerold“ 1961 ziehen. Seine Schwester „Fräulein Hesse“ war Lehrerin an der Antoniusschule in Holsterhausen. Die Ordensoberen schickten den Pater zuerst nach Münster, später nach Beckum und Wiedenbrück. Seinen Lebensabend verbrachte er im Warendorfer Franziskanerkloster, wo er 1985 im Alter von 83 Jahren starb.
Quelle:
Wolf Stegemann in RN Pfingstausgabe 1984.