Sie sind wichtig, amtlich, informativ und können lebensrettend sein
W. St. – Hausnummern sind ein wichtiger Bestandteil des Zurechtfindens in einem weitgefächerten Ordnungsgefüge, zu dem auch die Straßennamen gehören. Hausnummern sind also nicht zum Selbstzweck da. Sie bezeichnen ein bestimmtes Gebäude, dienen der Adressierung und der Auffindbarkeit. In Deutschland wie in Österreich, Liechtenstein in der Schweiz werden die Hausnummern im Rahmen der Gebäudeadressierung amtlich vergeben und in Liegenschaftsregistern und Grundbüchern festgehalten.
Obrigkeit wollte über die Hausnummern die Untertanen kontrollieren
Bevor die Häuser mit Nummern versehen wurden, gab es zur Unterscheidung individuelle Hauszeichen und Häusernamen. Die Häuser in den Städten waren meist anhand von bemalten Schildern zu erkennen. In den Dörfern gab es Hofnamen, die nicht mit dem Familiennamen des Hofinhabers übereinstimmen mussten. Die ältesten Hausnummern stammen aus der Frühen Neuzeit. Bereits im 15. Jahrhundert waren die 68 Häuser auf dem Pariser Pont Notre-Dame nummeriert, und seit 1519 wiesen die Häuser der Augsburger Fuggerei Nummern auf. Im Jahr 1737 folgten Kleinstädte in Preußen, die als Militärquartiere dienen sollten. Ab etwa 1750 wurde die Häusernummerierung schließlich europaweit durchgeführt. Erst 1799 schloss sich Berlin als einer der letzten Großstädte der Hausnummernvergabe an. So wie heute die Hausnummerierung amtlich vorgegeben ist, so war sie stets eine obrigkeitliche Maßnahme, die staatliche Kontrolle in den Bereich der häuslichen Privatsphäre auszuweiten. Die Untertanen wehrten sich vielerorts, kratzten die Hausnummern ab oder bewarfen sie mit Schmutz. Aber auch der Adel versuchte, die Nummerierung der Schlösser und Herrenhäuser zu verhindern. Das System setzte sich jedoch durch. Bereits am Ende des 18. Jahrhunderts waren Hausnummern in Postadressen im Gebrauch.
Konskriptionsnummerierung und dann das „Zickzackprinzip“
Die älteste Methode der flächendeckenden Hausnummerierung war das System der Konskriptionsnummerierung. Dabei wurden die Häuser einer Ortschaft zunächst komplett durchnummeriert. Anschließend erhielten alle neuen Gebäude in der Reihenfolge ihrer Errichtung eine fortlaufende Nummer. Das führte beim starken Anwachsen der Städte zur Unübersichtlichkeit. Denn hohe Hausnummern, wie beispielsweise die Ringstraße Nr. 1156 auf Helgoland, waren die Folge. Daher stellten die meisten größeren Ortschaften schon im 19. Jahrhundert ihr System auf die straßenweise Nummerierung um. Das gängigste System ist bis heute die wechselseitige Nummerierung, auch „Orientierungsnummerierung“ oder „Zickzackprinzip“ genannt. Hierbei erhält die rechte Straßenseite die geraden und die linke Straßenseite die ungeraden Nummern. Rechts und links wird dabei bei radialen Straßen vom Ortskern gesehen, bei tangentialen Straßen im Uhrzeigersinn definiert. Verläuft eine deutsche Straße vom Stadtkern in Richtung stadtauswärts. So ist die kleinste Nummer eines Hauses im Stadtkern, die größte am Ende der Straße.
Höchste Hausnummer in Dorsten: Halterner Straße 650
Das Haus mit der höchsten Nummer, die in Dorsten vergeben ist, liegt an der Halterner Straße 650 in Hervest. Unter dieser Nummer ist das Gehöft Kleine-Vossbeck zu erreichen. Es liegt an der Halterner Straße in Sichtweite der Stadtgrenze zu Haltern. So hat das nächste Haus an dieser Straße die Hausnummer 980, die jetzt aber Dorstener Straße heißt, von Haltern stadtauswärts Richtung Dorsten führt und an der Stadtgrenze in Dorsten eben Halterner Straße heißt. In der kürzesten Straße in Dorsten, in der Sieboldstraße in Holsterhausen, gibt es nur ein Doppelhaus mit zwei Eingängen, die Nr. 1 und 3. Ein Haus mit der Nummer 2 gibt es wegen des „Zickzackprinzips“ des Nummerierungssystems nicht. Die Straße ist nur 42 Meter lang, weil damals die Straße nicht weitergebaut werden konnte, da sie direkt an die Ortsgrenze zum Emmelkamp in Altschermbeck stieß. Heute gehört der Emmelkamp zu Holsterhausen.
Hausnummerierung nach Straßen in Dorsten erst seit 1902
Im damaligen Königreich Preußen, zu dem ab 1816 auch Dorsten gehörte, wurde die „Hufeisennummerierung“ (fortlaufende Nummerierung) verwendet. Falls keine wesentliche Veranlassung für eine Umnummerierung vorhanden war, besitzt diese Art immer noch Bestand. Die Nummerierung beginnt beim ersten Haus auf der rechten Straßenseite und wird zum letzten Haus auf der linken Seite fortlaufend weitergeführt, gleich der Form eines Hufeisens. Diese Nummernvergabe wurde sowohl bei Radialstraßen als auch bei Tangentialstraßen verwendet.
In Dorsten gab es bis 1902 offiziell keine Straßen, obgleich sich natürlich Straßennamen durchgesetzt hatten, die „auf der Hand lagen“ wie Wiesenstraße oder Straßen, die in andere Städte führten, wie Recklinghäuser Straße, Borkener Straße, Kirchhellener Straße. Die Häuser hatten lediglich Nummern. So hießen die Adressen beispielsweise „Dorsten Hs.-Nr. 211“. Um das Jahr 1910 gab es etliche Neubenennungen von Straßen, meist in den Gemeinden Hervest und Holsterhausen, wo wegen der Industrialisierung und der Zechen viel gebaut wurde. Das Adressbuch „Gross-Dorsten und die Herrlichkeit“ von 1951 enthält als Adressen in allen Landgemeinden generell noch die Bezeichnung Dorf. Beispielweise Rhade 11 oder Wulfen 32. Das betrifft die Dörfer Rhade, Lembeck, Wulfen und die Bauerschaften Dimke, Deuten, Sölten, Endeln, Wessendorf, Beck, Strock und Emmelkamp.
Die „Goldene Hausnummer“ in der DDR als Auszeichnung verliehen
Grundlage der Zwangsnummerierung von Häusern ist der § 126 Abs, 3 Baugesetzbuch. Darin steht: „Der Eigentümer hat sein Grundstück mit der von der Gemeinde festgesetzten Nummer zu versehen.“ Im Übrigen gelten landesrechtliche Vorschriften. In Nordrhein-Westfalen beruht die Zuordnung eines Grundstücks zu einer bestimmten Straße sowie seine Nummerierung auf § 14 OBG NRW. In Berlin gilt die Nummerierungsverordnung (NrVO), die beleuchtete Schilder vorschreibt. Ebenso in Hamburg. Eine „besondere“ Form der Hausnummer gab es in der DDR. Dort wurden „Goldene Hausnummern“ als Auszeichnung verliehen. Sie bekamen Hausgemeinschaften in der DDR für vorbildliche Pflege und Gestaltung ihres Hauses. Seit 1996 verleiht das Saarland eine Grüne Hausnummer für umweltbewusstes Bauen und Wohnen; Kommunen wie Erfurt und Mainz schlossen sich dem an. Die wohl berühmteste Hausnummer ist in der Kölner Glockengasse zu finden. Es erhielt während der französischen Besatzung von einem Quartiermeister zu Pferd 1794 die
Konskriptionsnummer „Köln Nr. 4711“. In dem Haus wurden Duftwässerchen hergestellt, das zuerst als „Kölnisch Wasser“ vertrieben wurde und heute noch als „4711“ ältere Damen (und andere) erfreut. Eine historische Hausnummer, die als Parfüm weltbekannt wurde.
Eine weitere Hausnummer ist weltweit bekannt. Die Londoner „Downing Street No. 10“, Sitz der Premierminister. Prominente Besucher posieren vor der Tür mit der Hausnummer gerne vor den Kameras. Ebenso Polizisten, die dort Wache schieben. Im nördlich von München gelegenen Unterschleißheim müssen die Hausnummern beispielsweise mit weißer Schrift auf ein kobaltblaues Metallschild gedruckt sein, das 20 mal 25 Zentimeter groß und in maximal in 2,50 Metern Höhe neben dem Hauseingang angebracht sein muss. Eine Besonderheit gibt es noch in der belgisch-niederländische Grenzstadt Baarle. Aufgrund des dortigen einzigartigen Grenzverlaufs muss jedes Hausnummernschild auch mit einer niederländischen oder belgischen Nationalitätsbezeichnung versehen sein.
Hausnummerierungen in Barkenberg waren katastrophal
Die Hausnummerierung in der „Neuen Stadt“ Barkenberg begann bereits mit dem Bezug der ersten Häuser 1967. Allerdings diente das Durcheinander der Hausnummerierung mehr der Desorientierung. Wer ein Haus nach dessen Nummer suchte, fand es nur schwerlich und gar nicht. Das hatte zur Folge, dass 1994 ein Mann verstarb, weil der Rettungswagen über eine halbe Stunde lang das Haus suchen musste. Daher brachte das Vermessungsamt der Stadt 2010 einen neuen Stadtplan heraus, der in Barkenberger Haushalten kostenlos verteilt wurde. In Zusammenarbeit mit dem Stadtteilbüro und dem Grafiker Peter Damm wurden alle zu einer „Straße“ gehörigen Gebiete in je einer Farbe markiert, was die Suche nach Häusern erleichtert.
Dorstens „ordnungsbehördliche Verordnung“ über Hausnummern
Um Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung in die Stadt zu bringen, verabschiedete der Rat im Mai 1984 nach vielen Anläufen und langem politischen Hickhack die „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Dorsten“. Es war ein „nicht durchdachtes“ Paragrafengemisch mit den Themen Mittagsruhe, Hundekot, Betteln, Hausnummerierung und anderem, meinten die dieses Werk ablehnenden „Nordlichter“ der SPD und die FDP-Fraktion. 2013 erließ der Stadtrat eine Neufassung der „Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Dorsten“, die sich auf mehrere Landesgesetze und auf die frühere Dorstener Fassung der Verordnung von 2008 beruft. In § 10 ist die Hausnummernregelung niedergelegt. Sie lautet:
1) Jedes Haus ist vom Eigentümer oder Nutzungsberechtigten auf eigene Kosten mit der dem Grundstück zugeteilten Hausnummer zu versehen; die Hausnummer muss von der Straße erkennbar sein und lesbar erhalten werden.
2) Die Hausnummer ist unmittelbar neben dem Haupteingang deutlich sichtbar anzubringen. Liegt der Haupteingang nicht an der Straßenseite, so ist sie an der zur Straße gelegenen Hauswand oder Einfriedung des Grundstückes, und zwar an der dem Haupteingang zunächst liegenden Hauswand anzubringen. Ist ein Vorgarten vorhanden, der das Wohngebäude zur Straße hin verdeckt oder die Hausnummer nicht erkennen lässt, so ist sie an der Einfriedung neben dem Eingangstor bzw. der Eingangstür zu befestigen, ggf. separat anzubringen.
Quellen:
Christian Grubers Wulfen-Wiki. – Dorsten-Lexikon. – Homepage der Firma 4711. – Homepage der Stadt Dorsten. – Wikipedia (Aufruf 2017).