Haus „Berta“

Gestapo schloss das jüdische Jugendheim am Freudenberg 1936

Prominenz bei der Einweihung

Prominenz bei der Einweihung des jüdischen Heimes 1934

Haus Berta war eine schlichte Holzbaracke auf einem 12 ha großen Grundstück am Freudenberg, das dem Schermbecker Kaufmann Julius Goldschmidt gehörte. Die Baracke diente 1932 zunächst als Lokomotivschuppen für einen Kiesbaggerbetrieb, bevor der Kyffhäuserbund und dann der Freiwillige Arbeitsdienst (FAD) einzogen. Kurze Zeit darauf vermietete Goldschmidt die Baracke 1934 an den „Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten“, der dort ein Erholungsheim für Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Reichsgebiet einrichtete und dem Haus, das unter Aufsicht des Recklinghäuser Bezirksrabbiners Dr. Selig Auerbach stand, den Namen gab.

Wiedergutmachungsverfahren dauerte von 1948 bis 1960

Baracke Haus Berta

Baracke Haus Bertha

Das Haus wurde streng religiös geführt, in ihm Religionsunterricht gegeben sowie täglich Gottesdienste und Bar Mitzwa-Feiern abgehalten, die im Deutschen Reich verboten waren. Der Gestapo blieb dies nicht lange verborgen und das Heim wurde 1936 geschlossen. Dazu heißt es im Lagebericht der Stapo-Leitstelle für den Regierungsbezirk Münster: „Die polizeiliche Schließung […] hat […] in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“ Haus, Grundstück und Inventar gingen in das Eigentum des deutschen Reichsfiskus über. Im November 1938, als reichsweit Synagogen brannten, brannte auch die leer stehende  Baracke ab. Den Rechtsanspruch im Wiedergutmachungsverfahren, das sich über zwölf Jahre lang hinzog, erlebte der in die USA ausgewanderte Eigentümer Goldschmidt nicht mehr. Seine Erben erhielten 1960 eine Abfindung über 20.000 DM für ein Grundstück, das zu Beginn des Verfahrens 1948 mit einem Wert von 140.000 DM angegeben war (siehe Markfort, Josef).

Veteranen und Hinterbliebene: Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten (RJF)

Spenden-Baustein für Haus Berta

Spenden-Baustein für Haus Berta

Patriotismus und nationale Gesinnung waren in jüdischen Kreisen sehr verbreitet. Der am 8. Februar 1919 ins Leben gerufene Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten diente der Pflege dieser Haltung, küm­merte sich um die Kriegsopfer und betrieb Öffentlichkeitsarbeit, indem er den Anteil der deutschen Juden an den Kriegsanstren­gungen im Ersten Weltkrieg hervorhob, z. B. in der Schrift „Die jüdi­schen Gefallenen des deutschen Heeres“ (1932) und in dem seit 1921 erscheinenden Wochenblatt „Der Schild“. Der RJF erreichte 1933 noch mit Unterstützung Reichpräsident Paul von Hindenburgs für seine Mitglieder die Aus­nahme von antijüdischen Maßnahmen des NS-Regimes wie dem Arierparagraphen, wurde dann aber auch von der Judenverfolgung erfasst und 1938 aufgelöst. – Einen ausführlichen Text über die Geschichte von Haus Berta in der Online-Dokumentation www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de


Quellen:
Wolf Stegemann/Sr. Johanna Eichmann OSU „Juden in Dorsten und in der Herrlichkeit Lembeck“, Dorsten 1989. – Wolf Stegemann „Holsterhausen unterm Hakenkreuz“, Bd. 1, 2007.

Literatur:
Dr. Jutta Hetkamp „Die Jüdische Jugendbewegung in Deutschland von 1913-1933“, Bd. 1, „Ausgewählte Interviews von Ehemaligen der jüdischen Jugendbewegung in Deutschland von 1913-1933“, Bd. 2, Essen 1994. – StA Münster, Politische Polizei III. Reich, Nr. 439, S. 33.

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