Es hilft den protestantischen Minderheitskirchen in der Welt
In Kanzelabkündigungen fordern die Pfarrer der evangelischen Gemeinden in Dorsten immer wieder dazu auf, für das „Gustav-Adolf-Werk“ zu spenden. Was ist dieses Werk und was macht es? In alten verstaubten Ordnern der Martin-Luther-Gemeinde in Holsterhausen sind Rundschreiben, Buchbestellungen und Zahlungsbestätigungen von den frühen 1950er-Jahren an abgeheftet. Beispielsweise ein Rundschreiben „Zweigvereins Recklinghausen der Gustav-Adolf-Stiftung“ mit Sitz in Erkenschwick, wo der Vorsitzende Pfarrer Fischer wohnte. Darin bedanken sich er und sein Schriftführer Zillessen für die gesammelten Spenden an den „Gustav-Adfolf-Verein“. Die Spenden der Gemeinden waren damals vor allem „Konfirmandengaben“ und dienten den in Not befindlichen evangelischen Diaspora-Heimen im katholischen Westfalen. Am 20. März 1952 heißt es: „Die Hilferufe häufen sich ständig. Zur alten Not kommt ja noch die Flüchtlingsnot in neuen Diaspora-Gebieten. Gewiss werden die Eltern ihrer Konfirmanden gerne bereit sein, aus Anlass der bevorstehenden Konfirmation ein Dankopfer für diesen Zweck zu geben.“ Die Holsterhausener Martin-Luther-Gemeinde schickte sodann gesammeltes Geld für die Konfirmandengaben (damals Bücher) an das Gustav-Adolf-Werk. Mal waren es 25,79 DM, mal 64,05 DM, ein andermal 17,35 DM und ähnliche Beträge.
Werk nach dem Schwedenkönig Gustav II. Adolf benannt
Das Gustav-Adolf-Werk e. V., gegründet 1832 in Sachsen, ist das älteste evangelische Hilfswerk in Deutschland und das Diaspora-Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Es hat seinen Sitz in Leipzig und trägt den Namen von des Schwedenkönig Gustav II. Adolf, der im Dreißigjährigen Krieg den Protestanten beigestanden hatte. Der ursprüngliche Name war Gustav-Adolf-Stiftung. Das Gustav-Adolf-Werk hilft evangelischen Minderheiten in der Welt. Partner des Gustav-Adolf-Werks sind heute protestantische Minderheitskirchen in Europa, Lateinamerika und Zentralasien. Unterstützend wirkt das Werk beim Gemeindeaufbau, bei der Renovierung, beim Kauf und beim Neubau von Kirchen und Gemeinderäumen, bei sozialdiakonischen und missionarischen Aufgaben in den Gemeinden, bei der Aus- und Weiterbildung von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
1933 innerer Zugang des Werks zu Machtübernahme Hitlers
1882 hatte der Verwein 44 Hauptvereine, 1.762 Zweig-, 89 Orts-, 381 Frauen- und 11 Studentenvereine. Seit seinem Bestehen bis 1882 hatte er 2.933 Gemeinden unterstützt. Wichtig ist auch, dass der Verein viel dazu beigetragen hat, das Gefühl der Zusammengehörigkeit in der zerrissenen evangelischen Kirche Deutschlands zu wecken. Er bildet noch gegenwärtig geradezu die einzige tatsächliche Einigung innerhalb derselben. Nur die exklusiven Lutheraner ziehen sich auch von ihm zurück.
Im Dritten Reich fand der Gustav-Adolf-Verein einen „inneren Zugang zur faschistischen Machtübernahme“. In der Evangelische Diaspora-Zeitschrift des Gustav Adolf-Werkes hieß es 1933: „Nun ist dem deutschen Volk beschieden, einen Aufbruch zu erleben, der dem größten seiner Geschichte, dem des 16 Jahrhunderts, vergleichbar ist…“ Über Adolf Hitler hieß es: „Das aber war das Wunder, in dem Gott sich geheimnisvoll offenbarte: Ein Mann trat auf und ein Volk folgte ihm…“ – Die erste Tagung des Werks nach 1945 fand in Fulda statt. Durch die Teilung Deutschlands bedingt bildete sich aus der ehemaligen Zweigstelle in Kassel 1963 ein eigenes Gustav-Adolf-Werk (West), das sich 1992 wieder mit dem Leipziger Werk vereinigte.