Grundsteuer: Variantenreform für Hebesätze

Bei Beibehaltung der Hebesätze würde Dorsten auf 2,06 Mio Euro verzichten

Zwei unterschiedliche Varianten schlug die Dorstener Verwaltung im November 2024 der Politik bei der Grundsteuer vor. Einige Hausbesitzer werden in jedem Fall draufzahlen. 141 Seiten lang ist die Vorlage für den Haupt- und Finanzausschuss (HFA), in der die Verwaltung der Dorstener Politik zwei Varianten vorschlägt, wie man 2025 mit der Grundsteuerreform umgehen will –  inklusive umfangreicher Anlagen. Allein die Seitenanzahl macht deutlich, dass die Materie komplex und die Konsequenzen gut abgewogen werden sollten. Mit rechtlichen Bedenken begründet die Verwaltung, dass keine differenzierten Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke erhoben werden sollen. Auch eine Grundsteuer C für baureife Grundstücke soll nicht ab 2025 eingeführt werden. Das alles ist keine Überraschung, denn bereits im Vorfeld wurde seitens der Verwaltung in diese Richtung argumentiert.

Zwei Varianten für Hebesätze

Die Politiker im HFA und später im Rat stehen allerdings dann vor einer schwierigen Entscheidung. Belässt man die Hebesätze auf dem Stand von jetzt oder erhöht man sie auf die Werte, die vom Land mitgeteilt wurden und die der Stadt ähnliche Einnahmen wie in den Vorjahren ermöglichen sollen? Die CDU hatte im Vorfeld signalisiert, lieber auf rund 2 Millionen Euro Grundsteuer-Einnahmen zu verzichten und dafür mehr Rechtssicherheit zu bekommen. Damit nicht aufgrund einer möglichen Klage bis vors Bundesverfassungsgericht der komplette Haushalt gefährdet werde.

Variante 1: Bei Beibehaltung der Hebesätze würde Dorsten nach jetzigem Stand auf 2,06 Millionen Euro verzichten. „Da die Qualität und Rechtssicherheit der bisher mitgeteilten Messbeträge aber nicht abschließend beurteilt werden kann, ist offen, in welcher Höhe ein solcher Einnahmeverlust wirklich eintreten wird“, so Bürgermeister Tobias Stockhoff in der Vorlage für den Ausschuss. Weniger Grundsteuereinnahmen würden die Finanzkraft der Stadt reduzieren, „was höhere Schlüsselzuweisungen zur Folge haben wird. Des Weiteren werden durch die Mindereinnahmen bei der Grundsteuer B im Wesentlichen Gewerbebetriebe entlastet. Die damit verbundene Reduzierung der Betriebsausgaben kann zu höheren Betriebsgewinnen führen, wodurch dann die Gewerbesteuer steigen würde. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Gewerbesteuer lassen sich jedoch nicht wirklich abschätzen. Überdies würden Mehreinnahmen voraussichtlich erst ab 2027 realisiert werden können“, so Stockhoff.

Variante 1: 47 Prozent zahlen weniger, 53 Prozent mehr Grundsteuer

Was würde diese erste Variante für Dorstener Immobilienbesitzer bedeuten? Insgesamt würden 47 Prozent der Dorstener Steuerpflichtigen 2025 weniger Grundsteuern zahlen, rund sechs Prozent bis zu 20 Euro pro Jahr mehr. Rund 16 Prozent würden 20 bis 100 Euro pro Jahr mehr zahlen. 15 Prozent müssten zwischen 100 bis 250 Euro mehr für die Grundsteuer im Jahr aufwenden, 10 Prozent zwischen 250 und 500 Euro mehr. 4 Prozent würden 500 bis 1.000 Euro mehr pro Jahr zahlen und 2 Prozent sogar mehr als 1.000 Euro pro Jahr. Die Extreme auf beiden Seiten wären in einem Fall 126.855 Euro Entlastung pro Jahr und 121.488 Euro Belastung. Diese Variante würde das Haushaltsdefizit weiter erhöhen. Aber: Widersprüche gegen die Grundsteuerbescheide „könnten in der Regel zurückgewiesen werden, da sich die Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid des Finanzamtes richten werden“, so Stockhoff.

Variante 2: „Aufkommensneutrale“ Hebesätze

In der Summe würden Wohngrundstücke so nicht zusätzlich belastet. „Man könnte einen Verzicht auf Einnahmen allerdings auch negativ auslegen, weil die Stadt nicht alle Optionen genutzt hat, um weitere Belastungen für den Haushalt zu vermeiden“, so Stockhoff. Geld zu verschenken hat die Stadt in ihrer derzeitigen Lage eigentlich nicht. Variante 2 würde bedeuten, dass Dorsten „aufkommensneutrale“ Hebesätze verwenden würde. Das Problem: Die Datengrundlage lässt eine präzise Bestimmung eines solchen Hebesatzes noch gar nicht zu. Würde die Stadt die zuerst vom Land genannten Werte (Grundsteuer B: 971 Prozent) ansetzen, wäre laut Vorlage nach derzeitigem Stand sogar eine nicht beabsichtigte Einnahmeverbesserung von fast 320.000 Euro möglich.

Berechnungsdaten der Verwaltung aktuell

Nach eigenen Berechnungen der Verwaltung wäre ein Hebesatz bei der Grundsteuer B von 951 Prozent ausreichend, um so viel Steuern wie 2024 einzunehmen. Der Grund für das unterschiedliche Ergebnis: Die Dorstener Verwaltung stützt sich auf Daten, die rund einen Monat aktueller sind. Stockhoff: „Allein schon in diesem kurzen Zeitraum ergeben sich nicht unerhebliche Abweichungen im Datenbestand. Dies allein zeigt schon, welche Unwägbarkeiten bei einer Einschätzung der finanziellen Auswirkungen der Grundsteuerreform bestehen. Hinzu kommen die Unsicherheiten wegen der Anfechtungen der Grundsteuerwertbescheide beim Finanzamt und der dort aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfragen zum Bewertungsgesetz.“

Extremfälle: 102.717 Euro Entlastung und 135.592 Euro Belastung

Bei einem Hebesatz von 971 Prozent sei zu erwarten, dass man nicht weniger Steuern einnehme als 2024. „Steuermehreinnahmen können aber auch nicht ausgeschlossen werden“, so Stockhoff. Etwa 33 Prozent der Steuerpflichtigen würden dann weniger Grundsteuern zahlen als 2024, 10 Prozent bis zu 20 Euro jährlich mehr. Etwa 24 Prozent würden 2025 zwischen 20 und 100 Euro mehr zahlen. Bei 15 Prozent würden es 100 bis 250 Euro mehr pro Jahr werden, 11 Prozent würden zwischen 250 und 500 Euro mehr zahlen, 5 Prozent zwischen 500 und 1000 Euro mehr pro Jahr und 2 Prozent mehr als 1000 Euro mehr. Die Extremfälle wären 102.717 Euro Entlastung und 135.592 Euro Belastung.

Zahlreiche Widersprüche gegen die Hebesatzsatzung würden erwartet

Rechtlich zulässig wäre diese Variante. „Die Stadt übernimmt die vom Land ermittelten Hebesätze. Damit ist der Verdacht einer verdeckten Steuererhöhung ausgeschlossen.“ Aber Stockhoff nennt es „fraglich“, ob der Hebesatz tatsächlich aufkommensneutral wäre. Und geht davon aus, dass es „insbesondere von Wohnhauseigentümern zahlreiche Widersprüche gegen die Hebesatzsatzung“ geben könne. Gewerbegrundstücke würden in Summe trotz Hebesatz-Erhöhung in der Summe entlastet, Wohngrundstücke in Summe deutlich höher belastet. Die Entscheidung, welche Variante gewählt wird, liegt nun bei der Politik.


Quelle: DZ vom 18. November 2024.– Pressestelle der Stadt Dorsten 2024

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