Dorstens Bürgermeister Stockhoff und Kämmerer Meyer sehen Ärger voraus
Potenzial für viel Ärger bei Dorstener Hausbesitzern sehen Bürgermeister und Kämmerer aufgrund der Grundsteuerreform voraus. 1,3 Millionen Einsprüche hat es allein in NRW gegen die Finanzamts-Bescheide zur Grundsteuer gegeben. Bernd Schwane (CDU) fragte deshalb im Dorstener Stadtrat nach der Neuberechnung der Grundbesitzabgaben. Die Zahl der Einsprüche sei bemerkenswert: „So etwas hat es in dieser Republik, glaube ich, noch nie gegeben. Ich bin gespannt, wie man damit umgeht.“ Schwane hakte auch zum Thema „Kostenneutralität“ nach. Der Städte- und Gemeindetag habe darauf hingewiesen, dass es wahrscheinlich darauf hinauslaufe, dass normale Hauseigentümer mehr zahlen müssten und dies zugunsten der Gewerbegrundstücke. „Da würde mich interessieren, ob das so der Fall ist.“ Bürgermeister Tobias Stockhoff: „Das kann man nicht so pauschal sagen.“ In der Tendenz sei es aber so, „dass aktuell größere Grundsteuerzahler eher entlastet werden und kleinere Grundsteuerzahler – die Wohnimmobilien im Regelfall – eher mehr bezahlen müssen“. Die Kostenneutralität sei nicht für jeden Einzelfall, sondern bei der Gesamtsumme für die Kommunen beabsichtigt. „Da ist genau das Problem“, so Stockhoff und gab ein Beispiel: „Es gibt Leute, die geschätzt wurden, weil sie nichts abgegeben haben.“ Diese könnten deutlich höher eingestuft worden sein und es könne sein, dass sie durch Widersprüche noch deutlich niedriger eingestuft werden. „Wir müssen damit rechnen, dass es Abweichungen gibt zu den bisherigen Gesamteinnahmen.“
Geteiltes Verfahren – Stadt: Verwaltungsgericht, Finanzamt: Finanzgericht
Das Verfahren sei zweigeteilt, so Kämmerer Karsten Meyer: Die neuen Einheitswerte würden vom Finanzamt festgestellt, denen widersprochen werden könne. Die Daten der Finanzämter, die den Kommunen mitgeteilt würden, „multiplizieren wir mit dem örtlichen Hebesatz und verschicken die Grundbesitzabgabenbescheide“. Wenn diese dann angegriffen würden, mit dem Hinweis, dass der Einheitswert nicht richtig sei, dann sei der Widerspruch zwar formell zulässig, „aber wir können dem nicht abhelfen“, da Dorsten nicht die Einheitswerte festlege. Der Bescheid sei trotzdem rechtskräftig. Meyer sieht das Problem, dass „uns 2025 möglicherweise eine hohe Anzahl von Widersprüchen erreicht, mit denen wir aber nicht viel anfangen können“. Es wäre dann beispielsweise auch ein anderes Gericht zuständig: „Wir gehen zum Verwaltungsgericht, das Finanzamt zum Finanzgericht.“
Stadtkämmerer im Kreis suchen Dialog mit dem Finanzamt
Die Kämmerer im Kreis versuchten deshalb derzeit, einen Dialog mit dem Finanzamt aufzubauen: „Wie gehen wir um mit diesen Situationen? Leiten wir die hier eingehenden Widersprüche einfach an das Finanzamt weiter? Welche Formen und Fristen gelten da? Oder weisen wir die Widersprüche als unzulässig zurück?“ Solche Fragen würden noch ungeklärt im Raum stehen, so Meyer. Er wies auch darauf hin, dass es Erklärungen geben könne, die technisch falsch eingegeben wurden, was dazu führe, dass beispielsweise jemand statt 800 Euro nur noch 80 Euro zahle: „Warum soll sich der bei uns melden?“ Die Folge sei: „Wir müssen schauen, wie wir auf unterschiedliche Weise schauen, wie wir Dateninkonsistenzen herausfiltern.“
Meyer: „Das Finanzamt sagt ganz rigoros: Wir wissen, dass wir eine hohe Anzahl Datensätze bei uns im System haben, die in sich nicht plausibel sind. Wir haben aber gar nicht die Manpower, daran irgendwas zu tun.“ Die Verwaltung rechne deshalb damit, „dass wir eine nicht unerhebliche Anzahl schwieriger Bescheide erlassen müssen. Es sei denn, wir kriegen das Problem vorher in den Griff“. Mit den Kreiskämmerern und dem Finanzamt versuche man deshalb, „einen Weg zu finden, dass wir mit möglichst wenig Verärgerung der Bürgerschaft zu einem vernünftigen Ergebnis kommen“.
Der Bürgermeister kündigte eine Informationskampagne an
Karsten Meyer offenbarte aber auch, dass die Grundbesitzabgaben eine nicht unerhebliche Einnahmequelle seien. Wenn er eine Flut von Widersprüchen erhalte, denen er aufgrund von inkonsistenten Daten auch noch abhelfen müsse, „da wird es schwierig, wie wir mit dieser Einnahmequelle umgehen“. „Wir wissen noch nicht, welchen Hebesatz wir festlegen müssen.“ Wenn die Einheitswerte möglicherweise nichtzutreffend seien, „dann haben wir das Potenzial, im Millionenbereich Mindereinnahmen zu generieren“. Den schwarzen Peter für die Gesamtsituation will sich die Stadt aber nicht zuschieben lassen. Stockhoff: „Es war jetzt nicht so, dass die kommunalen Spitzenverbände nicht genau auf diese angespannte Situation, ich will nicht sagen Desaster, hingewiesen haben. Es zeigt leider wieder einmal, dass so manches Bundes- und Landesgesetz mit etwas mehr frühzeitiger Beteiligung der Kommunen und Fachleuten zu weniger Problemen geführt hätte.“ Stockhoff: „Wir werden in unserem Grundbesitzabgabenbescheid sehr klar benennen, wer für die Grundsteuerreform die Verantwortung trägt. Das ist zunächst einmal das Bundesverfassungsgericht.“ Das Urteil habe natürlich Gründe gehabt, das müsse man auch sagen. Stockhoff kündigte eine Informationskampagne an, „weil wir einen gewissen Spannungsaufschlag bei den Kommunen sehen“.
„Der böse Bürgermeister und der böse Rat der Stadt Dorsten“
Wenn beispielsweise für „das alte Zechenhäuschen, das bisher sehr niedrig bewertet wurde, das dann aber saniert wurde und nun deutlich höher bewertet wird, dann vielleicht dreimal, viermal oder fünfmal so viel Grundsteuern bezahlen muss, dann wird man erstmal sagen: die böse Stadt Dorsten, der böse Bürgermeister und der böse Rat der Stadt Dorsten – die haben ja erhöht“. Wichtig sei ihm, so Stockhoff, dass sehr gut kommuniziert werde, dass nicht verdeckt eine Grundsteuererhöhung betrieben worden sei.
Siehe auch: Grundsteuer B
Siehe auch: Abgaben (Essay)
Siehe auch: Kommunalsteuern
Quelle: Entnommen DZ vom 30. Jan. 2024