Priester- und Geldmangel sowie der Bischof zwingen die Gemeinden dazu
W. St. – Gemeindefusionen im kirchlichen Bereich gab es bei beiden Konfessionen schon immer. Oft waren sie begleitet von Protesten einzelner Gemeindeglieder oder ganzer Gemeinden. Aus finanziellen Gründen mussten auf Anordnung des Bischofs von Münster 2009 etliche katholische Gemeinden gegen ihren ausdrücklichen Willen fusionieren. Von der Zusammenlegung mit St. Agatha betroffen waren die Heilig Kreuz-Gemeinde in Altendorf-Ulfkotte, St. Nikolaus auf der Hardt und St. Johannes in der Feldmark. – Im Norden der Stadt wurden fünf Gemeinden zusammengelegt: St. Matthäus (Altwulfen), Herz-Jesu (Deuten), St. Laurentius (Lembeck), St. Barbara (Barkenberg) und St. Urbanus (Rhade). Dazu der inzwischen verstorbene Regionalbischof Voss (Münster):
„Nach Überzeugung des Bistums ist die Zusammenlegung aufgrund der seit Jahren tief greifenden Veränderungen in Kirche und Gesellschaft unumgänglich. Keine Gemeinde könne sich den notwendigen Veränderungen entziehen.”
Bei Abstimmungen im Jahr 2009 in den beiden Nord-Gemeinden Herz-Jesu Deuten und St. Matthäus Wulfen lehnten die Gemeindeglieder die Fusion ab. In Deuten stimmten von 178 zur Wahl gegangenen Gemeindegliedern nur drei für die Fusion, in Wulfen waren es von 393 zehn. Enthalten haben sich jeweils zwei Personen.
Protestbriefe an das Bistum Münster
In rund 100 Protestbriefen an das Bistum wurde diese Vereinigung „Zwangsfusion“ genannt und etliche Briefschreiber kündigten an, ihre Ehrenämter in den Gemeinden niederzulegen. Das Bistum ließ 2010 von den Kanzeln verkünden, dass es bei der Fusion bleibe. Darauf regte sich erneuter Protest. Auch Dorstens Bürgermeister Lambert Lütkenhorst mischte sich ein und hielt in der örtlichen Presse „das, was derzeit in der katholischen Kirche in Dorsten läuft, für unverantwortlich“. Allerdings hält auch er Fusionen „auf Dauer“ für notwendig. Außerdem kritisierte der Bürgermeister das Bistum, weil es das Ehrenamt nicht würdige, „sonst würde es anders mit den Gemeinden umgehen“. Aufgrund der „Irritationen“ aus den Kirchengemeinden schlug im August 2010 wider Erwarten Bischof Felix Genn vor, dass die Pfarrgemeinden Hervest und Holsterhausen eine Seelsorgeeinheit bilden, die Pfarrgemeinden aber zunächst selbstständig bleiben. Der münstersche Bischof forderte aber, dass eine spätere Zusammenlegung der Pfarreien in drei bis fünf Jahren zu erfolgen hätte. Der gleiche Vorschlag richtete sich auch an die Gemeinden Lembeck, Rhade, Wulfen-Barkenberg und Wulfen mit dem Rektorat Deuten. Ihre Gründung erfolgte im Juli 2011. Die 15.000 Gläubigen wurden statt in einer Gemeindefusion vorerst zu einer verbindlichen Seelsorgeeinheit zusammengefasst, einer Kooperation von weiterhin selbstständigen Gemeinden (Gottesdienstordnung, Sakramentskatechese u. a.) in zwei Gottesdienstbezirken: Herz-Jesu mit St. Barbara und St. Matthäus sowie St. Laurentius mit St. Urbanus und dem Karmel St. Michael. 2013 können alle Gläubigen in den fünf Pfarreien einen gemeinsamen „Rat der Seelsorgeeinheit“ sowie Gemeinderäte und Kirchenvorstände vor Ort wählen.
Auch Unmut in den Gemeinden Hervest und Holsterhausen
Anfang 2011 machte sich Unmut in der katholischen Pfarrgemeinde St. Paulus in Hervest breit. In einer Versammlung kritisierte die Mehrheit der Gemeindeglieder die für 2015 geplante Fusion von fünf Kirchengemeinden in Hervest und Holsterhausen u. a. deshalb, weil große Flächengemeinden die Anonymität in der Gemeinde fördere. Das Ergebnis der Versammlung, bei der es keine Abstimmung gab, wurde vom Kirchenvorstand an das Bistum geschickt. Im Juni rief das Pfarrgemeinderatsmitglied Karsten Fromm (St. Paulus) öffentlich zu einem Protest gegen die Bistumspläne auf. Obwohl die Pfarrgemeinderäte der katholischen Gemeinden im Dorstener Norden sowie in Hervest und Holsterhausen demokratisch und nach den Kirchengesetzen bis 2013 ordentlich gewählt wurden und erst dann aufgrund der 2015 zu erfolgenden Fusion durch ein überpfarrliches Gremium ersetzt werden sollten, will der Bischof entgegen der früheren Absicht, die bis 2013 gewählten Gemeinderäte schon während der Wahlperiode durch ein Einheitsgremium ersetzen. Für die Belange der Gemeinden St. Matthäus (Wulfen), St. Laurentius (Lembeck), St. Urbaus (Rhade), St. Barbara (Barkenberg) und Herz Jesu (Deuten) mit 16.000 Katholiken soll dann nur noch ein Gremium entscheiden. Und das vor dem zugesagten Termin, wie aus dem „Kirchlichen Amtsblatt für die Diözese Münster“ hervorgeht.
Bischof entschied 2016 die Fusion der Holsterhausener Gemeinden
Bischof Dr. Felix Glenn entschied Mitte Dezember 2016, dass die beiden Kirchengemeinden St. Antonius und St. Bonifatius im Oktober 2017 fusionieren und die neue Einheit den Doppelnamen „St. Antonius und Bonifatius“ erhalten wird. Pfarrkirche dieser fusionierten Einheit wird St. Antonius sein. Als Begründung führte der Bischof an, dass St. Antonius der ältere kirchliche Standort sei. In St. Bonifatius verbleibe der Wohnsitz des Pfarrers. Außerdem werde dort auch das infrastrukturelle Zentrum der Pfarrei sein.
Im November 2017 wird Pfarrer Peter Boßmann als Nachfolger von Pfarrer Dr. Roeger die neu zusammengelegten Gemeinden St. Antonius/St. Bonifatius übernehmen. Der 1950 in Kalkar geborene Peter Boßmann wurde 1991 im St. Paulus-Dom zu Münster zum Priester geweiht. Zuvor hatte er eine Lehre als Koch absolviert und anschließend das Abitur gemacht. Nach dem Studium und der Priesterweihe folgten Stationen als Kaplan in Moers und Gescher. Seine erste Pfarrstelle trat er 1995 in Hamminkeln an. 2003 wechselte er nach Kleve und arbeitete in mehreren Gemeinden. Seit 2010 war er als Vicarius Cooperator mit dem Titel Pfarrer in Moers (St. Josef) tätig. Zudem war er bis 2015 Gefangenenseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Moers-Kapellen. Bis Pfarrer Boßmann seinen Dienst in Holsterhausen antreten wird, übernimmt Pfarrer Thomas Frings als Pfarrverwalter die Gemeinde. Frings ist ein Großneffe des legendären Kölner Kardinals Josef Frings (1887-1978).
Bischof Glenn legte den Namen der Fusionsgemeinde Hervest 2018 fest
Im März 2018 werden die drei Hervester Kirchengemeinden St. Paulus, St. Marien und St. Josef fusioniert und die große Gemeinde erhält dann den Namen St. Paulus. Das hat der Münstersche Bischof Dr. Felix Glenn im November 2017 entschieden. In einem Brief an die Gemeinden begründete er seine Entscheidung: „Ich habe mich für St. Paulus entschieden, weil es wichtig ist, dass Pfarreien im Bistum das Patronat des Bistumspatrons, eben des Hl. Paulus tragen. Das bot sich hier wie von selbst an, zumal es im Bistum kaum eine Pfarrei mit diesem Namen gibt.“
Das Gemeindegefüge ist stark im Umbruch
Im Juni 2011 besuchte Weihbischof Dieter Geerlings die fünf Gemeinden in Hervest und Holsterhausen. Rund 130 Mitglieder empfingen ihn mit Protestplakaten und Fahnen. Der Bischof machte Zugeständnisse, die von anderen von der Fusion betroffenen Gemeinde sicherlich mit großem Interesse verfolgt worden sein dürften Die Pfarrgemeinderäte Hervest und Holsterhausen sollen nun nicht – wie vorgesehen – aufgelöst werden, eine Fusion zur Großgemeinde, der bis 2015 die Bildung einer Seelsorgegemeinde folgen soll, war bei dem Besuch nicht mehr im Gespräch. Für 2012 kündigte der Weihbischof den nächsten Besuch an. Allerdings dürften diese Gespräche zwischen dem Weihbischof und den Gemeinden keine Rechtskraft haben. I(m Mai 2014 einigten sich die drei Hervester Gemeinden St. Marien, St. Josef und St. Paulus an dem Fusionsprojekt doich mitzuwirken. Daher kann die Gemeindefusion schon Ende 2015 – und nicht, wie geplant, erst 2018 erfolgen. Im Juli kam Pfarrer August Hülsing (56) als Nachfolger von Pfarrer Lars Hoffmann in die zusammengelegten Gemeinden nach Hervest.
Drei Hervester Kirchengemeinden ab März 2018 fusioniert
Aus dreien ist eine geworden: Die Gemeindefusion von St. Marien, St. Josef und St. Paulus in Hervest ist nach „zähen Verhandlungen“ (DZ) im März 2018 offiziell geworden. Die drei eigenständigen Hervester Gemeinden St. Josef, St. Marien und St. Paulus sind Geschichte. In einem feierlichen Gottesdienst hat Weihbischof Dieter Geerlings aus den drei Hervester Kirchengemeinden eine große Pfarrgemeinde gemacht – und damit dem langen Prozess der Fusion ein Ende gesetzt. Die Änderungen im Überblick: Die neue Pfarrgemeinde heißt St. Paulus. Sie übernimmt also den Namen der Gemeinde, die in dem Dreierbund die älteste war. Die Kirchen selbst behalten ihre Namen St. Marien, St. Paulus und St. Josef. Wegen der zentralen Lage und guten Anbindung ist die Josefskirche die Pfarrkirche. Pfarrer der neuen Gemeinde ist Priester August Hüsing. Im Seelsorgeteam sind außerdem Pastor Manuel Poonat und Pastor Franz-Josef Wiebringhaus sowie Pastoralreferent Kai Kaczikowski und Pastoralassistent Fabian Christoph. Außerdem im Team sind Pater Kurian und Peter Bossmann von der Gemeinde in Holsterhausen sowie die dortige Pastoralreferentin Annegret Lewin (Stand März 2018). Noch gibt es drei Pfarrgemeinderäte – für jede Teilgemeinde einen. Die Wahl eines neuen Pfarrgemeinderates, der dann für die drei fusionierten Gemeinden insgesamt zuständig ist, steht im Juni 2018 an. Weiterhin wird es drei Pfarrbüros geben.
Gemeindefusion Dorsten-Nord
Zur Gründung der Seelsorgeeinheit der Dorsten-Nord-Gemeinden überreichte Weihbischof Dieter Geerlings während eines feierlichen Pontifikalamts im Schlosspark von Lembeck, an dem weit über 1.000 Gläubige teilnahmen, Pfarrer Alfred Voss die Gründungsurkunde. Das gemeinsame Motto der Seelsorgeeinheit lautet: „Mit einer Hoffnung gemeinsam auf dem Weg.“ Generalvikar Norbert Kleyboldt, Domkapitular Hans-Bernd Köppen (Personalchef) sowie Wilfried Renk vom Bischöflichen Generalvikariat hatten Mitte November 2012 den Seelsorgern sowie den Mitgliedern des Seelsorgerates einen Vorschlag unterbreitet, der zehn Jahre gelten soll. Die geplante Fusion der fünf katholischen Gemeinden im Dorstener Norden ist womöglich vom Tisch. Das Bistum hat einen Alternativ-Vorschlag erarbeitet: St. Matthäus, St. Barbara und Herz-Jesu werden eine Pfarrei, St. Laurentius und St. Urbanus eine weitere. Die Seelsorgeeinheit Dorsten-Nord soll über 2015 hinaus erhalten bleiben. Zudem soll ein zweiter deutscher Pfarrer für Wulfen, Barkenberg und Deuten angestellt werden. Nach der Fusion hat die Pfarrgemeinde St. Mätthäus 8100 Gemeindeglieder.
Keine weiteren Einheiten über die bisherigen Planungen hinaus
Im Bistum Münster geht die Zahl der Priester seit Jahren zurück. Zugleich steigen die Anforderungen an Pfarrer und Mitarbeiter in fusionierten Großgemeinden. Daher rief Bischof Felix Glenn Ende 2016 in einem Schreiben an Priester, Diakone und Pastoralreferenten dazu auf, das Thema der Organisation von Leitungsaufgaben mehr in den Blick zu nehmen. Die Leitung solle beim Pfarrer bleiben, so schreibt katholisches Kirchenrecht vor. Gleichwohl müsse auch Zeit für die Seelsorge bleiben. Neue „Modelle von Leitung in Pfarreien“ müssten entwickelt werden, schrieb der Bischof und verkündete, dass die Zeit der Gemeindefusionen, die beim Kirchenvolk häufig auf Widerstand stießen, nun vorbei sei und in der Diözese Münster keine größeren Einheiten über die bisherigen Planungen gebildete würden.
Quellen:
Berthold Fehmer in DZ vom 11. März 2010. – Stefan Diebäcker „Bis 2013 gewählt: Bischof will Pfarrgemeinderäte schon jetzt abschaffen“ in DZ vom 8. Juni 2011.