2023 bekamen 2183 schutzsuchende Frauen einen Platz in einer Einrichtung
Die Landesregierung hat Zahlen dazu vorgelegt, in wie vielen Fällen sich Frauen in Nordrhein-Westfalen vergeblich um einen Platz in einem Frauenhaus bemüht haben. Die Einrichtungen bieten Frauen und ihren Kindern, die von Gewalt betroffen sind, eine geschützte Unterkunft, Beratung und Begleitung. Wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD hervorgeht, bekamen im Jahr 2023 genau 2183 schutzsuchende Frauen einen Platz in einer Einrichtung. Die Zahl der Frauen, die keinen Platz bekamen, bezifferte das NRW-Familienministerium von Josefine Paul auf 7234. Anja Butschkau, Sprecherin für Gleichstellung und Frauen der SPD-Landtagsfraktion, reagierte entsetzt: „Die hohe Zahl der Abweisungen schockiert. Dass drei von vier Anfragen nach einem Frauenhausplatz ins Leere laufen, darf uns nicht kalt lassen.“ Jeder fehlende Platz bedeute, dass Frauen, die von ihren Lebensgefährten geschlagen würden, weiter Gewalt ausgesetzt seien.
Das Familienministerium erklärte allerdings, dass bei der Erhebung von Ablehnungen statistisch nicht erfasst werde, ob für die abgelehnte Person eine Aufnahme in einem anderen Frauenhaus erfolgt sei. Das Aufnahmegesuch einer Person könne daher in der Summe zu mehreren erfassten Ablehnungen führen. SPD-Politikerin Butschkau verlangte, dass Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Landesgleichstellungsministerin Paul unverzüglich die Rahmenbedingungen für mehr Schutzplätze schaffen müssten. „Wir brauchen auf Bundesebene endlich den im Koalitionsvertrag vereinbarten Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für jedes Opfer häuslicher Gewalt. Das Gewaltschutzgesetz muss endlich kommen. Aber auch das Land muss seine Aktivitäten zum Ausbau der Frauenhäuser deutlich intensivieren“, betonte sie. Bei einer Anhörung im Landtag im September 2024 hatte Gabriele van Stephaudt vom Dachverband der autonomen Frauenberatungsstellen erklärt, dass sich das Problem fehlender Plätze in den vergangenen zwei Jahren verschärft habe: „Wir sind mindestens einmal in der Woche einen halben bis ganzen Arbeitstag damit beschäftigt, eine gefährdete Frau unterzubringen.“ Die prekäre finanzielle Lage bringe die Frauenhäuser in die Situation, letztendlich abwägen zu müssen, wen sie in ein Familienzimmer aufnähmen.
Voll ausgelastete Häuser – denn Probleme der häuslichen Gewalt wachsen
Marion Steffens von der Landesarbeitsgemeinschaft autonomer Frauenhäuser hatte bei derselben Anhörung geschildert, es komme laufend vor, dass keine Plätze vorhanden seien: „Wir haben an mehreren Tagen im Jahr im gesamten Bundesgebiet keinen einzigen Frauenhausplatz gefunden.“ Das eigene Frauenhaus sei in den ersten fünf Monaten zu 99,5 Prozent ausgelastet gewesen. „Häufig lag die Auslastung bei über 100 Prozent, da wir noch irgendeine Schlafmöglichkeit geboten haben, damit Frauen überhaupt noch Unterkunft bekommen konnten. Wir können dadurch der Notfunktion, die Frauenhäuser eigentlich innehaben müssen, in keiner Weise nachkommen.“ Zugleich kritisierte sie, dass Frauenhäuser im Moment zum Teil in ruinösen Immobilien untergebracht seien: „Der Bund hatte Infrastrukturmittel angeboten, die aber so schlecht dargestellt wurden, dass viele Vereine sie nicht abrufen konnten.“
In den vergangenen Jahren hatten die Ermittlungsbehörden festgestellt, dass das Problem der häuslichen Gewalt wächst. Ausgehend vom Jahr 2018, stieg die Zahl der erfassten Fälle in NRW binnen vier Jahren um 16 Prozent auf 58.603. Das Bundeslagebild zu häuslicher Gewalt für 2023 zeigt, dass die Fallzahlen erneut um 6,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2022 gestiegen sind. Demnach wurden bundesweit 256.276 Personen Opfer von häuslicher Gewalt; 70,5 Prozent der Opfer waren weiblich, 75,6 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich.
Siehe auch: Frauenhaus Dorsten
Quelle: Maximilian Plück in RN (DZ) vom 25. September 2024