Dorsten Zwischenstation nach dem Arbeitsleben und vor dem Altersheim
Das Dorstener Franziskanerkloster, das aufgrund eines Friedensregelung nach einer Fehde zwischen einem Ritter und der Stadt Dorsten 1488 durch Vermittlung eines Franziskaners gegründet wurde, sieht ruhigen Zeiten entgegen. Die unruhigen, aber auch die geistigen Hoch-Zeiten sind vorbei. Dazu gehörten die Gründung des Gymnasium Petrinum, die Nutzung des Klosters als Waffenarsenal und Besetzung durch die Protestanten, dann die zeitweise Vertreibung unter Bismarck ins holländische Exil, des Unterhalts einer renommierten philosophischen Hochschule des Ordens und eines Ostasien-Museums in Dorsten, die Totalzerstörung im letzten Krieg sowie die Anfeindung aus der Bürgerschaft wegen des Abrisses der Klosterkirche zugunsten des Kaufhauses Woolworth vor wenigen Jahrzehnten. Die Zeiten sind ruhiger geworden und auch das Leben der Franziskanerbrüder im Dorstener Kloster, das mittlerweile von der Ordensprovinz als Alterssitz für die Brüder auserkoren wurde, die ihre Lebensarbeitsleitung vollbracht haben, aber noch keiner Pflege bedürfen. Bedürfen sie diese, dann werden sie in ein Altersheim des Ordens verlegt.
Drei neue Ordensbrüder bereichern den Konvent
Ende 2016 kamen mit dem neuen Guardian, der Pater Urban Hachmeier ablöste, noch zwei weitere Brüder nach Dorsten, Thomas Maria Folger (77) und Lutwin Krämer (80). Somit gehören dem Konvent neun Brüder an. Demnächst werden es nur noch acht Brüder sein. Abgesehen von dem noch jüngeren Guardian des Klosters, sind die Brüder in Dorsten zwischen 77 und 90 Jahre alt.
Lutwin Krämer war früher Bergmann und Boxer im Saarland
Unter den braunen Franziskanerkutten verbergen sich oft Menschen, die ein reiches und voll erfülltes Leben hinter sich haben. Zu ihnen gehört der heute 80-jährige Lutwin Krämer, der schon mit 14 Jahren im saarländischen Bergbau tätig war, mit 16 bereits unter Tage Kohle förderte und nur 1,41 Meter groß war. Doch er war drahtig und boxte sich nicht nur durch, sondern betrieb das Boxen als Sport. Als Junge war er Saarlandmeister in der so genannten Papierklasse (Fliegengewicht) und hatte damals auch einen spaßigen Fight gegen Max Schmeling. Bei den Franziskanern in Neuss machte er das Abitur, wo er die Schriften Franziskus’ durch die gerade erstmals erschienene „Kritische Edition“ kennenlernte. Eigentlich wollte er Arzt werden, doch er fand bei den Franziskanern Identität. 1966 wurde er in Mönchengladbach zum Priester geweiht. Dort ließ er sich von einem Künstler einen Messkelch anfertigen, in den er unsichtbar ein Stück Kohle aus seiner Heimat mit einbauen ließ. Seine Stationen waren Klöster u. a. in Neuss, Essen, Euskirchen, Neviges, Saarbrücken, Hermeskeil (Hunsrück). Er arbeitete als Pfarrer, Beichtseelsorger, Lebensberater und war auch mal Guardian. Bruder Lutwin freut sich nun auf Wanderungen mit dem ortsansässigen Sauerländischen Gebirgsverein.
Thomas Maria Folger aus Oberschlesien schreibt geistliche Lieder
Mit ihm nach Dorsten kam auch Thomas Maria Folger (77), ein Oberschlesier, der mit seiner Familie nach dem Krieg als Flüchtling nach Hildesheim kam; dort besuchte er eine Franziskanerschule. Dem Abitur schloss sich 1959 das Noviziat an, das Studium an der Franziskaner-Hochschule in München, die Priesterweihe in München und ein Studium der Germanistik in Bonn. Bis heute schreibt Thomas Maria Folger geistliche Lieder für sich und seine Freunde und Brüder; marianische Lieder waren es 2016. In Berlin versah er die Funktion eines Provinzsekretärs, war die rechte Hand des Provinzials. Seine Stationen waren danach die Klöster Bonn, Paderborn, Werl, Halberstadt und jetzt – im Ruhestand – Dorsten. Er war u. a. in der Krankenhaus-, Zivildienst- und Pilgerseelsorge tätig. Im Dorstener Kloster schätzt Bruder Thomas Maria die brüderliche Atmosphäre. Besuche des Jüdischen Museums und Spaziergänge am Kanal bereichern den Alltag.
Tobias Ewald aus Gelsenkirchen ist der neue Guardian des Klosters
Bruder Tobias Ewald, der neue Guardian des Klosters, freut sich, dass er mit Dorsten in ein heimatnahes Kloster geschickt wurde. Denn er ist Bueraner. Sein Vater arbeitete als Bergmann „auf Hugo“, machte nach Haupt- und Höhere Handelsschule bei den Bonner Redemptoristen 1981 das Abitur, suchte dann einen Orden „nicht nur zum Beten, auch zum Arbeiten“ und fand in Düsseldorf die ersten Kontakte zu den Franziskanern. In Hermeskeil trat er 1994 als Novize dem Orden bei, studierte in Bonn, wurde in Neviges geweiht und absolvierte sein Diakonat in Saarbrücken, studierte Pädagogik in Benediktbeuren, wurde Schul- und Internatsseelsorger in Vossenack, danach war er jahrelang Pfarrer in Euskirchen, Guardian in Düsseldorf, dann Pfarrer in München , kam nach Dortmund und ist seit September 2016 Guardian in Dorsten. Und wie sieht der Alltag heute in der traditionellen Klosterstadt Dorsten aus? Es ist eben ein klassischer Klosteralltag mit Morgengebet, Mittagsgebet, abends die Vesper und zwei Rekreationen. Wenn die verbliebenen Ordensbrüder auch aus ihrem aktiven Arbeitsleben ausgeschieden sind, so verbleiben ihnen – je nach Befinden – trotz ihres Alters noch einige Verpflichtungen: Messen im Krankenhaus, im Ursulinenkloster, im Seniorenheim St. Anna, in der Michaeliskapelle in Lembeck und anfallende Hausdienste. Täglich erhalten Bedürftige und Nichtsesshafte Speisen an der Klosterpforte. Dabei werden sie unterstützt von Spenden, da die Dorstener Ordensleute nach Ausscheiden aus dem Arbeitsleben keine Einkünfte mehr haben. Der Orden ist ihre Altersversorgung. Der Orden befindet sich selbst in einer Notsituation, wie andere Orden auch. Denn es gibt europaweit keinen Nachwuchs mehr. Der Ruf, dass das Dorstener Kloster ein gutes Gesprächskloster ist, ist ungebrochen.
Mit Stand vom Februar 2017 gehören zum Konvent die Brüder bzw. Patres Tobias Ewald (Guardian), Arnold Hoheisel (Vikar), Dietmar Birkwald, Franz Josef Mohn, Dominikus Wershofen, Paulus Lammers, Thomas Maria Folger, Lutwin Krämer und Antonius Grafe.
Siehe auch:
Franziskanerkloster
Geheimgang
Paters Garten
Janknecht, P. Gregor
Hesse, P. Gerold
Griesenbrock, P. Heribert
Dreiling, Raymundus
Braun, P. Odilo
Gnadenbild in Hardenberg