Frankfurter Buchmesse 2024

Nur noch etwa die Hälfte Austeller als im Vorjahr, doch Lesen ist wieder cool

Die Halle drei ist so etwas wie das Epizentrum der Frankfurter Buchmesse. Wer hier mit Quadratmetern nicht geizen muss, gehört zu den Großen in der deutschen Verlagsszene. Früher, also in Vor-Corona-Zeiten, konnte in dieser Halle das Lauftempo nicht auf Selbstbestimmung hoffen: Zu viele Menschen in zu engen Gängen haben das Vorankommen konsequent ausgebremst. Bei der 76. Ausgabe der Buchmesse sind die Gänge dagegen so großzügig bemessen, dass fast Tanzsaal-Atmosphäre aufkommen könnte. Das lässt sich sogar mit Zahlen belegen: Haben 2018 noch 7500 Aussteller den Weg aus dem In- und Ausland nach Frankfurt angetreten, sind es in diesem Jahr gerade mal 4000. Etliche Verlage stellten auch Bücher von Autoren aus Dorsten oder dem Umfeld aus.

Konstruktive Diskussion

Und dennoch ist das Branchentreffen in der Main-Metropole das größte und wichtigste seiner Zunft – und es wird dieser Rolle gerecht, in dem es eben nicht darum geht, die Neuerscheinung möglich pompös in Szene zu setzen. Karin Schmidt-Friderichs (Foto), Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, betonte deshalb in ihrer Eröffnungsrede, dass die Buchmesse ein Ort sei, „an dem unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, ohne aufeinanderzuprallen“.
Wer sich in der Welt umschaut, wird ihr zustimmen, dass ein konstruktiver Meinungsaustausch „angesichts zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft von großer Bedeutung“ ist. Einer Bedeutung, der die Reihe „Frankfurt Calling – Perspectives on Culture and Politics“ Rechnung trägt, die die Frankfurter Buchmesse mit Organisationen wie UN, Amnesty International, der Bildungsstätte Anne Frank, der SZ und der FAZ gemeinsam aufgestellt hat.
Das ikonische weiße Zelt auf dem zentralen Vorplatz wurde als würdiger Ort auserkoren, an dem Experten wie Prominente, unter anderem Anne Applebaum, Eva Menasse oder Mai Thi Nguyen-Kim, zusammenkommen, um über nichts weniger zu diskutieren als Demokratie, Menschenrechte, Künstliche Intelligenz, Klimawandel oder Bildung. Nicht nur bei dieser Veranstaltungsreihe nimmt das Thema KI eine wichtige Rolle ein. Es wabert durch viele Diskussionen und Vorträge. Wie künstlerisch begabt ist die Künstliche Intelligenz? Wo kann sie eingesetzt werden? Und welche Regeln müssen wir aufstellen?

Größter Datenklau der Geschichte

Vor allem auf letztere Frage braucht es dringend Antworten. Denn: „Die Fähigkeit dieser Systeme basieren auf dem größten Datenklau der Geschichte. Urheberrechtliche geschützte Texte und Bilder wurden und werden millionenfach ohne Einverständnis der Urheber und Urheberinnen und ohne Honorarzahlung als Trainingsmaterial für KIs eingesetzt“, weist Karin Schmidt-Friderichs auf die Problematik hin. Mit ihrer Lupenfunktion ist die Messe aber nicht nur eine Bühne für gesellschaftsrelevante Themen, sondern bringt auch Trends ans Licht. Und einer ist absolut positiv: Lesen ist wieder cool. „New Adult“ lässt auch jüngere Menschen vermehrt zum Buch greifen. Die Bücher mit den auffälligen Covern und Farbschnitten haben eine eigene, 8000 Quadratmeter große Halle bezogen. Am Wochenende 19. und 20. Oktober kamen viele junge Leser und informierten sich in der Halle mit den Comic- und Manga-Ständen. Für die Fans ging es nicht nur darum, die Bücher in den Händen zu halten, sondern die Autoren zu treffen und eine Unterschrift auf der ersten Seite zu ergattern. Und vielleicht ist das viel wichtiger als enge Gänge voller Bücher.

Siehe auch:


Quelle: Alexandra von Braunschweig in RN (DZ) vom 17. Oktober 2024

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